The Elder Races 05 - Das Versprechen des Blutes
Melodie, die am Anbeginn deines Lebens in Bewegung gesetzt wurde. Du hast vergessen, dass der Tod selbst ein Teil des Ganzen, ein Teil von dir ist. Du hast deine Arbeit getan, und du kannst jetzt loslassen. Lass los. Das, wonach du dich gesehnt hast, ist nun da: dein Ende. Du kannst jetzt in die Stille gehen.
Auch andere, wie zum Beispiel Gaeleval, mochten eine Begabung für das Einflüstern von Illusionen haben, aber niemand war darin so gut wie der Drache, der den Tod mit so zarter Reinheit einflüstern konnte, dass er tief in die Seele dessen vordrang, für den er bestimmt war und dort ein Zeichen hinterließ.
Trotzdem hätte sich seine Beute gegen ihn zur Wehr setzen können, und vielleicht, wenn sein Überlebensinstinkt groß genug gewesen wäre, hätte er sogar eine Chance gegen die Illusion gehabt. Aber Dragos setzte ausgerechnet das gegen Gaeleval ein, was dieser am meisten wollte.
Der einzelne Strang magischer Energie löste sich auf. Fast glaubte Dragos, ein erleichtertes Seufzen zu hören, als er verschwand.
Als der heulende Sturm erstarb, dröhnten seine Ohren.
Strauchelnd kam Gaelevals Armee zum Stillstand.
Wyr riefen einander etwas zu, riefen nach Dragos, während Ferion und einige andere, die auf der Felsklippe zurückgeblieben waren, ihnen entgegenrannten.
Einige Minuten später stieß ein Suchtrupp auf Dragos, der über dem toten Amras Gaeleval stand. Der Elf saß im Lotussitz, die leeren Hände lagen offen in seinem Schoß. Wie Calondir auf dem Gemälde sah auch Gaeleval aus, als hielte er etwas unermesslich Wertvolles darin.
Für einen langen Augenblick starrte Dragos Gaeleval schweigend an, dann wandte er sich ab.
Sobald Pia und Eva in die Nähe des Hohen Lords kamen, erkannte Pia, dass Calondir bereits von ihnen gegangen war.
Trotzdem wusste sie, als sie sich mit der engen Lederrüstung und ihren steifen, wunden Gliedern ringend neben ihn kniete, dass sie es versuchen musste. Während sich Eva über sie beugte, um sie mit ihrem Körper abzuschirmen, schlitzte sich Pia die Handfläche auf und ließ einige Tropfen Blut zwischen Calondirs geöffnete Lippen fallen. Natürlich geschah nichts. Ihr Blut konnte heilen, aber Tote konnte es nicht erwecken.
Da sie sonst nichts mehr für ihn tun konnte, blieb sie neben ihm sitzen, bis Ferion, Sidhiel und einige andere in Sicht kamen. Als frische Trauer auf ihren Gesichtern aufbrach, griff Pia nach Evas Hand und ließ sich von ihr beim Aufstehen helfen. Sie zogen sich etwas zurück, um den Elfen ein Mindestmaß an Privatsphäre zu lassen.
Nach allem, was passiert war, ging der Rest geradezu befremdlich schnell.
Dragos hatte sie gefunden und kam zu ihr. »Gaeleval ist tot«, sagte er. Sie nickte nur, konnte aber nicht aufhören, auf dieses Meer aus katatonischen Elfen zu starren. Er legte die Hände auf ihre Schultern und neigte den Kopf zur Seite, bis er endlich ihre Aufmerksamkeit hatte. »Alles in Ordnung mit dir?«
Sie nickte und rieb sich mit dem Handrücken die Augen. Es war nicht gänzlich gelogen. »Hast du die Gebetskette gefunden?«
Er zögerte, ehe er sagte: »Da war keine Gebetskette, Pia.«
»Das heißt dann wohl, dass sich die Gottmaschine in etwas anderes verwandelt hat«, sagte sie emotionslos. »Ich frage mich, wo sie jetzt ist.«
Dragos holte tief Luft, schüttelte dann jedoch heftig den Kopf. »Darüber können wir später sprechen, Pia. Hör mir jetzt zu. Wenn ich die Illusion nicht bald aufhebe, wird Gaelevals gesamte Armee sterben. Und wenn ich sie aufhebe, werden viele von ihnen trotzdem sterben. Was jetzt noch kommt, wird hässlich und mühevoll werden. Du hast Verletzungen am ganzen Körper, und du musst etwas essen. Gehst du jetzt nach Hause?«
»Nein.« Sie stützte ihren schmerzenden Rücken. »Aber ich werde etwas essen und nach Lirithriel zurückgehen und dabei helfen, Vorräte an … na ja, von allem hierher zu schaffen. Verbandszeug, Nahrung, Kleidung, Unterkunft. Die Überlebenden müssen so schnell wie möglich durch die Übergangspassage gebracht werden, Dragos. Hier ist es zu kalt. Auch wenn du glaubst, dass viele sterben werden, wenn du den Illusionszauber aufhebst – noch mehr werden es, sobald die Sonne untergeht.«
Er presste die Kiefer zusammen, und sie sah ihm an, dass er noch keine Gelegenheit gehabt hatte, so weit vorauszudenken. »Du hast recht«, sagte er.
Mit einem kurzen, festen Kuss trennten sie sich.
Obwohl sich Carling eng in ihren Mantel gewickelt hatte, wollte Rune sie unbedingt in
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