The Hollow
Süßigkeiten, nahm aufs Geratewohl zehn Packungen und ging langsam nach vorn. Glücklicherweise hatte sich jemand hinter sie gestellt, sodass ich nicht befürchten musste, ihnen zu nahe zu kommen.
Aber ich war immer noch nah genug, um jedes ihrer Worte verstehen zu können. Und sie hatten eine Menge zu sagen.
»Mit dir wird er viel mehr Spaß haben«, versicherte das Mädchen in dem pinkfarbenen Kleid dem Mädchen in Gelb. Wenigstens konnte man sie farblich unterscheiden.
»Natürlich wird er das«, sagte das gelbe Kleid und warf den Kopf zurück. Dabei fiel mir auf, dass das Preisetikett ihres Kleides aus dem seitlichen Reißverschluss heraushing, sodass es jeder sehen konnte. Ich fragte mich, ob das pinkfarbene Kleid sie darauf aufmerksam machen würde.
Doch das gelbe Kleid sprach weiter. »Ich meine, wie kann man so unhöflich sein? Sie hätte doch dankbar sein müssen, dass sie überhaupt jemand zum Ball eingeladen hat.«
»Ich habe gehört, dass das gesamte Cheerleaderteam die Leute geradezu anflehen musste, sie ihnen zuliebe zu fragen.«
»Wie erbärmlich muss man sein, wenn andere Leute für einen ein Date arrangieren und man am Ende trotzdem ohne dasteht?«
Das tat weh. Ich fühlte einen Stich und mir kamen die Tränen. Reg dich nicht auf, sagte ich mir. Sei lieber wütend. Aber was auch immer ich empfand, es machte keinen großen Unterschied und meine Augen waren voller Tränen.
Ich starrte auf die Süßigkeiten in meiner Hand, ohne sie wirklich wahrzunehmen. Konnten sie nicht eine weitere Kasse öffnen, damit es etwas schneller ging? Ich versuchte, alles auszublenden und dem Gespräch nicht weiter zuzuhören, aber es war wie bei einem schlimmen Autounfall. Ich konnte einfach nicht wegsehen.
Sie waren als Nächste an der Reihe, trotzdem redeten sie weiter.
»Hast du sie diese Woche in der Schule gesehen?«, fragte das pinkfarbene Kleid.
»Ja, sie sah furchtbar aus. Es sollte verboten werden, Mittemachtsmargaritas zu trinken, wenn man am nächsten Tag in die Schule muss.«
»Du sagst es.«
»Und jemand sollte ihr mal sagen, dass sie nicht immer Schwarz tragen sollte. Es macht sie total blass. Ist sie jetzt ein Gothic-Girl? Und es gibt etwas, das man Haarschnitt nennt. Sie sollte sich einen zulegen.«
Das pinkfarbene Kleid lachte. »Vielleicht trägt sie Schwarz, weil es schlank macht. Vielleicht muss sie ein paar Kummerpolster verstecken. Seit ihre Freundin tot ist, ist sie immer merkwürdiger geworden. Sie ist der totale Versager. Ich würde mich nicht wundem, wenn sie auch eines Tages von der Brücke springt, nur um Aufmerksamkeit zu erregen.«
»Sie ist doch nur auf Mitleid aus«, sagte das gelbe Kleid. »Ist doch wahr. Zuerst wird sie ins Abschlusskomitee geholt und jetzt lassen es ihr die Lehrer wahrscheinlich auch noch durchgehen, dass sie ihre Hausaufgaben zu spät abgibt. Vermutlich schwänzt sie demnächst den Unterricht, um sich an den Schultern eines Trauerberaters auszuheulen, weil sie ihre tote Freundin so sehr vermisst.«
»Weißt du, manchmal denke ich, dass sie das gemeinsam geplant haben oder so was, damit wenigstens eine von ihnen etwas Aufmerksamkeit abbekommt. Sonst würde sich doch kein Mensch an das tote Mädchen erinnern. Sie war eine noch größere Niete als Abbey.«
Mein Gesicht erstarrte und mein Kopf wurde leer. Nichts, was sie weiter sagen würden, konnte mir noch wehtun. Ich war innerlich zu Eis erstarrt. Ein Eisblock. Ich schaute dumpf zu Boden, bis der Kassierer mich auf sich aufmerksam machte. Sie waren weg und ich war an der Reihe. Ich driftete schon wieder ab, als er meine Einkäufe einscannte, und es war, als ob er in einer fremden Sprache mit mir redete, als er mich fragte, ob ich eine Tüte wollte. Ich schüttelte den Kopf. Und dann nickte ich.
Er steckte die Süßigkeiten in eine Tüte und reichte sie mir, als ob ich eine ansteckende Krankheit hätte. Ich stolperte aus dem Laden und machte mich auf den Heimweg. Als ich plötzlich merkte, dass ich vor der Haustür stand, konnte ich mich nicht daran erinnern, wie ich dahin gekommen war. Ich ging hinein, schüttete die Süßigkeiten in Schalen und stellte sie auf die vordere Veranda.
Ich wollte nur noch allein sein.
Ich schaltete alle Lampen aus und rollte mich auf dem Sofa zusammen. Ich machte den Fernseher an, weil gleich der nächste Gruselfilm anfangen würde. Aber er fesselte mich nicht. Nichts fesselte mich. Ich hörte immer noch ihre Stimmen.
Ich dachte darüber nach, was sie gesagt hatten. Ich
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