The Homelanders, Band 3: The Homelanders - Tödliche Wahrheit (Bd. 3) (German Edition)
du zu Unrecht beschuldigt, nicht wahr? Du wirst für einen Mord ins Gefängnis wandern, den du nicht begangen hast. Und all das hast du genau dem amerikanischen System zu verdanken, das du respektiert und dem du vertraut hast.«
Das war so typisch für Sherman, dass ich fast lachen musste. Du dachtest, alles in Amerika sei perfekt. Das war einfach bescheuert! Ich war doch kein sorgloser Idiot oder ein blinder Patriot. Ich wusste, dass es Probleme und Missstände gab, genauso wie überall, wo Menschen leben. Aber im Laufe der Geschichte ist kein anderes Land freier gewesen, hat für mehr Freiheit in der Welt gesorgt und sich mehr dafür engagiert, sie zu bewahren. Und wenn Menschen nicht frei sind, was sind sie dann? Was bleibt überhaupt, wenn man nicht einmal davon ausgehen kann?
Das dachte ich. Aber ich sagte es nicht. »Ja ... ja, ich glaube, ich verstehe, was Sie meinen«, sagte ich stattdessen. »Aber was ist mit diesen Leuten, zu denen Sie gehören? Diese Islamisten scheinen mir ziemlich üble Typen zu sein.«
Sherman machte eine wegwerfende Handbewegung, alssei dieser Einwand völlig unbegründet. »Du kennst mich, Charlie. Ich glaube an keinen Gott und an keine Religion. Das ist nur altes, abergläubisches Zeug aus einem anderen Jahrhundert. Aber diese Leute engagieren sich dafür, ein ungerechtes System zu Fall zu bringen, und dafür engagiere ich mich auch. Sobald sich der Rauch verzogen hat, treten wir in Aktion und sorgen dafür, dass es in diesem Land keine Ungerechtigkeit mehr gibt, dass alle über gleich viel Geld und Besitz verfügen und niemand hasserfüllte Dinge sagt oder andere ungerecht behandelt.«
»Weil Sie befehlen, dass man es nicht tun darf«, entgegnete ich unwillkürlich. »Sie entscheiden für die Leute, was richtig und was falsch ist, und sorgen dafür, dass sie danach handeln.«
»Hey, Charlie. Bitte verschon mich mit diesem ›Wir, das Volk‹-Gerede, in Ordnung? Sieh dich doch mal um! Die meisten Leute sind Idioten. Sie bringen kaum zwei zusammenhängende Gedanken zustande. Sollen sie entscheiden, was für dieses Land das Richtige ist?«
Wieder musste ich mir ins Gedächtnis rufen, dass ich nicht da war, um mit ihm zu diskutieren, sondern um so zu tun, als würde er mich überzeugen. Also sagte ich: »Okay. Sie meinen also, Demokratie sei nicht immer eine so gute Sache ...«
»Das ist sie nicht, Charlie, glaub mir. Das ist der falsche Weg. Menschen müssen gezwungen werden, das zu tun, was richtig ist.«
»Aber was, wenn sie nicht einverstanden sind? Sie meinen, dass sie dann getötet werden müssen, nicht wahr?«
»Nein, nein, nein«, widersprach Sherman, die Stimme immer noch gedämpft und das Gesicht dicht bei meinem,sodass niemand hören konnte, was er sagte. »Ich spreche davon, Menschen zu retten, Charlie. Alle Menschen zu retten, die wegen Amerikas Übeltaten sterben.«
Ich hätte wer weiß was dafür gegeben, ihm gehörig die Meinung zu sagen. Aber ich erfüllte meine Pflicht und sagte nur: »Hm, ja.«
»Lass es mich erklären, Charlie«, fuhr Sherman leise fort. »Sagen wir mal, du wirst wegen des Mordes an Alex verurteilt.«
»Ich hoffe, das wird nicht passieren ...«
»Ich weiß, ich weiß«, unterbrach er mich. »Aber sagen wir einfach mal, du wirst zu Unrecht verurteilt und ins Gefängnis gesteckt. Du könntest erst mit vierzig oder fünfzig wieder rauskommen. Dann ist dein Leben vorbei, Charlie. Und wofür? Für eine Lüge. Für nichts. Nur, weil sie einen Sündenbock gebraucht haben.«
Ich schluckte, als würde ich über seine Worte nachdenken. »Ja? Und?«
»Diese islamistischen Typen, die du so sehr hasst ...«
»Ich hasse sie nicht. Ich bin nur nicht ihrer Meinung.«
»Wie auch immer. Es geht um Folgendes: Sie haben viele Kontakte in unseren Gefängnissen, viele wichtige Kontakte. Wenn du dich uns anschließen würdest, könnte ich dafür sorgen, dass du aus jedem Gefängnis ausbrechen kannst, in das sie dich bringen. Statt hinter Gittern zu verrotten, bis du ein alter Mann bist, könntest du in Freiheit leben und dafür kämpfen, Amerika zu einem besseren Land zu machen.«
Ich beugte mich zu ihm hinüber und wollte gerade antworten, als ich wieder von dieser Übelkeit erfasst wurde. Wie sich der dunkle Raum hin und her bewegte, wie sich Mr ShermansGesicht dem meinen näherte und er mir leise und eindringlich ins Ohr flüsterte – all das war einfach ekelerregend.
Ich schüttelte kurz den Kopf und versuchte, ihn wieder klar zu bekommen. Um mich
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