The Homelanders, Band 3: The Homelanders - Tödliche Wahrheit (Bd. 3) (German Edition)
Stimme um und hob meine Hand. Sie wurde von kühlen Fingern umschlossen. Ich suchte das Gesicht meiner Mutter. Und da war sie ... Nein, halt, das war nicht meine Mutter! Es war eine andere Frau ... blond, müde. Kannte ich sie? Zumindest hatte ich sie schon einmal gesehen ... Aber ich konnte mich nicht daran erinnern, wer sie war. Dennoch war ihre Stimme sanft und beruhigend. »Bleib einfach liegen.«
Es war eine Wohltat, als sie mir einen kühlen, feuchten Waschlappen auf meine glühende Stirn legte.
»Schuldig ...«
»Nein, nein, nein«, murmelte sie. »Alles ist gut.«
Ich schüttelte den Kopf. Es würde niemals gut sein. »Schuldig ... schuldig ...«, versuchte ich zu erklären.
Von weit weg hörte ich eine andere Stimme. »Stirbt der Mann, Mommy?«
»Nein, Liebling«, sagte sie. »Er ist nur krank und müde, sonst nichts.«
Noch immer hielt ich ihre Hand fest. »Es tut mir so leid.«
»Ich weiß. Ruh dich einfach nur aus.«
Ich spürte, wie ich wieder hinabsank, immer tiefer, in die diffuse Welt der Vergangenheit.
»Denk doch mal logisch. Ich möchte nur, dass du dir ein paar einfache Fragen über die Dinge stellst, an die zu glauben man dir beigebracht hat. Das ist doch nichts Schlimmes, Charlie. Fragen stellen ist genau das, was ein Lehrer tut, oder nicht?«
Die Stimme murmelte, flüsterte mir fast ins Ohr. Da war nur Dunkelheit und diese Stimme. Ich kannte sie, konnte sie aber nicht sofort zuordnen.
»Wenn du von anderen Tatsachen ausgehst, musst du die Situation neu überdenken, richtig? Du denkst vielleicht, der Himmel sei immer blau und das Gras immer grün, aber wenn du eines Morgens aufwachst und das Gras ist rot, dann musst du deine Ansichten entsprechend dieser Beobachtungen ändern. Andere Informationen erfordern eine andere Weltanschauung.«
Langsam, als würden die Scheinwerfer auf einer Theaterbühne angeschaltet, konnte ich die Szene um mich herum erkennen. Ich war in einem Restaurant in meiner Heimatstadt, aber ich kannte es nicht. Es war eine Cocktailbar in einer Mall. Die Wände waren schwarz, das Licht schummrig und die kleinen Tische standen weit auseinander. An der Bar saßen zwei Männer über ihre Drinks gebeugt, während im Fernsehen an der Wand ein Basketball-Spiel ohne Ton lief.
Das war nicht die Art von Lokal, in die ich normalerweiseging. Es war schäbig und die Leute, die hier herumsaßen, tranken schon am Nachmittag. Aber genau deshalb waren wir hier, denn in einem solchen Laden würde uns niemand sehen, den wir kannten.
Ich wandte mich zu dem Mann um, der mit mir sprach. Es war Mr Sherman, mein Geschichtslehrer. Allein bei seinem Anblick wurde mir schon wieder schlecht, als würde der Raum sich in schwerer See heben und senken. Er war jetzt ganz dicht bei mir, saß direkt neben mir an einem kleinen Tisch in einer der Nischen. Er lehnte sich fast gegen mich, und ich konnte seinen Atem auf meinem Gesicht spüren, als er sprach.
»Niemand gibt gern lang gehegte Überzeugungen auf«, fuhr er in diesem eindringlichen Murmeln fort. »Wir alle finden diesen alten Aberglauben beruhigend, ich weiß das. Niemand stellt gern fest, dass etwas, was ihm seine Eltern oder Lehrer als Kind beigebracht haben, falsch sein könnte. Aber man muss realistisch sein und von den Tatsachen ausgehen.«
Ich schaute ihn an und zwang mich, zu nicken, als würde ich seine Worte überdenken, als mache er Fortschritte mit seiner Überzeugungsarbeit. Es gefiel mir ganz und gar nicht, mich derartig zu verstellen, aber das war der Auftrag, den Waterman mir erteilt hatte. Ich sollte Sherman glauben machen, er habe mich davon überzeugt, ein Homelander zu werden.
Doch ich konnte ihn lesen wie ein offenes Buch. Schließlich hatte ich zwei Jahre bei ihm Geschichte gehabt und wusste genau, wie er argumentierte. Er begann immer mit groben Verallgemeinerungen, an denen etwas Wahres dranwar. So sagte er zum Beispiel: »Ihr müsst euren Verstand gebrauchen«, oder: »Wenn sich die Tatsachen ändern, müsst ihr auch eure Ansichten ändern«. Für sich gesehen, sind das natürlich zutreffende Aussagen. Aber selbst die Wahrheit lässt sich leicht verdrehen und für die falschen Zwecke missbrauchen.
Sherman murmelte mir weiter ins Ohr: »Solange du dein sicheres Mittelklasse-Leben gelebt hast, dachtest du, alles in Amerika sei perfekt. Ständig hast du große Worte wie ›Freiheit und Gerechtigkeit für alle‹ benutzt und geglaubt, das sei die Realität. Aber jetzt haben sich die Dinge geändert. Jetzt wirst
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