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The Homelanders - Im Visier des Todes (Bd. 4) (German Edition)

The Homelanders - Im Visier des Todes (Bd. 4) (German Edition)

Titel: The Homelanders - Im Visier des Todes (Bd. 4) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Klavan
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zurücklegten, zwang ich mich, daran zu denken, warum ich das alles getan hatte. Das Große Sterben. Ich musste es verhindern. Ich musste es zumindest versuchen, was auch passierte.
    Ich unterdrückte meine Angst und lief weiter.
    Dann stieg der Gang an, und wir trabten nicht mehr, sondernstolperten nur noch erschöpft Schritt für Schritt aufwärts. Langsam konnte ich die Gesichter und Gestalten der anderen Männer deutlicher sehen. Sie alle waren so erledigt, dass sogar die Grausamkeit aus ihren Augen gewichen war. Stattdessen war da nur noch das verzweifelte Verlangen, frei zu sein und nach Hause zu gehen.
    Blade ging vorneweg. Er machte einen letzten Schritt auf das einfallende Licht zu, bevor er stehen blieb und nach oben schaute. In dem grauen Schimmer wirkte sein vernarbtes Gesicht mit dem spitzen Teufelsbärtchen wie reingewaschen. Er sah jung, frisch und beinahe unschuldig aus, und alle Gemeinheit war verschwunden. Vermutlich war er wirklich einmal so gewesen, vielleicht als Kind, bevor er all die Verbrechen beging. Für eine Sekunde konnte man in diesem Licht den Menschen sehen, der er einst war.
    »Gehen wir«, sagte er leise, den Blick nach oben gerichtet.
    Im nächsten Augenblick wurde ein Seil heruntergelassen. Blade packte es, schlang seine Beine darum und zog sich hinauf ins Licht.
    Sobald unter seinen Füßen genügend Platz war, griff ein anderer Mann schon nach dem Seil und kletterte hinauf. Ich war als Dritter an der Reihe.
    Als ich oben ankam, packte mich eine Hand am Arm und half mir, aus dem gezackten Loch zu klettern. Der Gestank, der Dreck und die Erschöpfung klebten noch an mir. Blinzelnd schaute ich mich in einer Welt um, aus der fast sämtliche Farbe gewichen war. Alles war schwarz-weiß, wie in einem alten Film.
    Ich befand mich in einem leeren, halb fertigen Bau mit Wänden, Böden und Decken aus weißem Zement und Putz.An die Fenster – besser gesagt, die leeren Rechtecke – drang eine seltsame graue Dunkelheit, die ich für einen Moment nicht zuordnen konnte. Aber dann begriff ich, dass es der Himmel war. Er war bis zum Horizont mit dicken, tief hängenden Wolken bedeckt. Ein Gewitter zog auf. Schon spürte ich den kalten, feuchten Wind, der durch die Fensterlöcher blies.
    Offensichtlich hatten zwei Männer in Overalls hier auf uns gewartet, während zwei weitere bis zum Gefängnis vorgedrungen waren, um uns abzuholen. Außer ihnen waren Blade und seine drei Kumpane da, von denen die letzten beiden gerade das Seil hinaufkletterten.
    Ich trat an eines der Fenster. Überall leere weiße Bauten, die aussahen wie eine von Archäologen ausgegrabene Wüstenstadt. Wie eine Geister-Mall. Fensterlöcher und Gehsteige, einige von ihnen fertiggestellt, andere voller Spalten und Risse. Ein geometrisches Muster aus weißen Würfeln mit dunklen Rechtecken darin. Das Weiß der Gebäude leuchtete vor der zunehmenden Dunkelheit der Wolken, die sich bis ins Endlose hinein über einer weiten, leeren Landschaft erstreckten. Jenseits der Mall war, so weit das Auge reichte, nichts als Brachland: Erde, Felsbrocken und steile Hänge und Böschungen, die im Nichts verschwanden.
    Meine Augen wanderten über die Landschaft, auf der Suche nach dem besten Fluchtweg. Hinter mir kroch der Letzte der Ausbrecher ächzend und fluchend durch das gezackte Loch. Ob ich vielleicht einfach durch die Fensteröffnung springen und losrennen sollte?
    Da nahm ich aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahr. Mir stockte der Atem.
    Eine lange Reihe weißer Wagen bewegte sich vor der schwarzen Wolkenwand auf die Mall zu.
    Die Polizei näherte sich ohne Sirenen oder Blaulicht.
    Wenn ich abhauen wollte, dann jetzt.
    Ein tiefer, grollender Donner erfüllte die Luft.
    Ich schaute zurück zu den anderen, ob mich jemand beobachtete.
    Mein Blick fiel auf Blade. Er beobachtete mich nicht nur. Er richtete eine Waffe auf meinen Kopf.

 17 

S IRENEN IM S TURM
    Wieder donnerte es, und auf den Donner folgten neue Blitze, die all die dunklen Fensterlöcher silberhell erleuchteten.
    Blade richtete die 9 mm Automatik mit ausgestrecktem Arm direkt zwischen meine Augen. Die kalte, schwarze Mündung des Laufs war keinen Meter von mir entfernt.
    Noch wusste er nicht, dass die Polizei anrückte. Er wusste auch nicht, dass ihm nur noch wenige Sekunden in Freiheit blieben. Also nahm er sich Zeit und setzte sein entrücktes, verträumtes Lächeln auf, das verriet, wie viel Spaß ihm das Töten bereitete.
    »Danke für deine Hilfe.« Mehr sagte er nicht,

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