The Immortals 6: Rivalin des Schicksals (German Edition)
die ihn Tag und Nacht für seine verlorene Liebe verspotte. Gott sei Dank war Mimi rechtzeitig aufgetaucht.
Oliver hasste sich dafür, dass er sich von seinen verborgenen Fantasien hatte überwältigen lassen. Er hatte Skyler damals freigegeben und Jack zur Hochzeit gratuliert. Jetzt fühlte er sich, als hätte er alle betrogen – auch sich selbst.
»Du musst dich nicht entschuldigen oder schämen«, sagte Mimi. »Der Test eben war hundsgemein.«
Sie versuchte, nicht darüber nachzudenken. Schließlich hatte sie vor, ihn hier unten zurückzulassen – und das war noch viel gemeiner.
»Das spielt jetzt keine Rolle mehr«, sagte er achselzuckend. »Lass uns einfach Kingsley finden und von hier verschwinden. Die Hölle ist doch nicht so lustig, wie ich dachte. Bringen wir es hinter uns.«
15
Der Bendix-Diamant
D ie Redwoods, gewaltig emporragende Riesenmammutbäume, waren ein Wunder und gehörten zu den schönsten und majestätischsten Naturerscheinungen der Welt. Allegra erinnerte sich daran, wie sie bei der Entstehung des Universums gepflanzt worden waren, und besuchte sie alle paar Lebenszyklen, um die reine Luft bei ihnen einzuatmen. Nirgends sonst auf der Erde fühlte sie sich dem Paradies so nahe.
Daher war der Redwood Room auch eine ihrer Lieblingsbars in San Francisco. Sie war froh, sie unverändert vorzufinden: ein hoch aufragender Raum mit einem breiten, endlos langen Tresen. Man munkelte, der Tresen bestünde aus dem Stamm eines Riesenmammutbaums.
Die Bar hatte verschiedene Eigentümer gehabt, doch seit sie sich in dem angesagten Clift Hotel befand, galt sie als absolut trendy, sodass Charles nicht einmal darüber nachdenken würde, sie zu betreten. Ihr Zwillingsbruder war ein überzeugter Traditionalist, der Dinge wie Möbel im Louis-quatorze-Stil aus Plastik verabscheute, die im Redwood Room zuhauf standen.
Allegra fand Ben an einem der hinteren Tische und rutschte verlegen auf die Bank ihm gegenüber. Nun war sie schon zum zweiten Mal vor ihm davongerannt und kehrte zum zweiten Mal zu ihm zurück.
»Es tut mir leid wegen neulich. Ich wollte eigentlich nicht so plötzlich verschwinden«, sagte sie.
»Anscheinend rufe ich eine Art Fluchtverhalten in dir hervor«, erwiderte Ben amüsiert. Er schien seine Verlegenheit überwunden zu haben. Er hatte wieder die coole Fassade und ein schiefes Grinsen aufgesetzt. »Was möchtest du trinken?«
»Martini.«
»Die alte Schule.« Er lächelte und winkte die Kellnerin heran, um die Bestellung aufzugeben.
Sie sahen sich über den Tisch hinweg an, eine bleierne Stille hing zwischen ihnen, bis Allegra es nicht länger aushalten konnte. »Ben …«
»Legs, warte! Lass mich alles erklären, bevor du irgendetwas sagst. Ich wollte, dass du die Bilder siehst, weil du darauf zu sehen bist. Aber ich habe sie schon vor Jahren gemalt, gleich nachdem du mich verlassen hast.« Er lehnte sich vor und wollte noch etwas hinzufügen, als ein Mädchen an ihren Tisch kam. Es war die hübsche Brünette aus der Galerie.
»Hallo, Schatz«, sagte sie und küsste Ben auf den Mund. Sie lächelte Allegra an.
»Allegra, das ist Renny. Renny, du kennst Allegra bereits«, sagte Ben und hob die Augenbrauen.
»Renny und Benni!« Renny kicherte. »Freut mich, dich wiederzusehen. Ben sagte, dass wir uns hier treffen. Du hättest mir verraten sollen, dass du eine alte Freundin von ihm bist, als du das Bild gekauft hast.« Das Mädchen strahlte Allegra an und legte demonstrativ eine Hand auf Bens Schulter.
Allegra lächelte zurück und nickte. Einen Moment lang war sie sprachlos. Und als Renny sich wenig später entschuldigte, um mit ein paar Freunden zu plaudern, die sie in der Bar entdeckt hatte, atmete sie erleichtert auf.
Sie sahen zu, wie Renny davonging, dann wandte sich Ben wieder zu Allegra um. »Ich möchte nicht, dass du einen falschen Eindruck bekommst. Renny kennt die anderen Bilder von dir nicht. Meine Mutter hat mich schon vor Jahren gebeten, sie auszusortieren, aber ich wollte, dass du sie siehst. Ich brauchte das. Doch wie ich schon sagte, es sind Arbeiten, die gleich nach Endicott entstanden sind, nachdem du verschwunden warst.«
»Es tut mir so leid.«
»Ist schon gut …« Er winkte ab. »Ich weiß, dass du etwas in mir verändert hast. Ich konnte es fühlen. Manchmal bin ich aufgewacht und … brauchte dich so sehr. Dann habe ich mit dem Malen angefangen und es wurde nach und nach besser.«
»Und es geht dir gut«, sagte sie schnell.
»Ja.« Er musterte sie.
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