The Sign Bd. 1 Nur zu deiner Sicherheit
ausgetretenen Marmorböden und die Holzbänke wirkten beruhigend auf mich. Ich setzte mich mit Blick zum Eingang und wartete auf meine Freunde.
Als sie endlich ankamen, hielt ich mein Gesicht vor Sal versteckt. Doch leider umsonst.
»Was …« Er schob mein Haar zur Seite. Dann wirbelte er herum und rammte seine Faust in eine Holzsäule.
Wir alle hörten das vertraute Surren einer Sicherheitskamera, die ihre Ausrichtung änderte, um sich auf die soeben verursachte Störung zu richten.
»Reiß dich zusammen«, flüsterte Wei ihm zu. »Wir können jetzt keine Cops brauchen.«
»Ich bring ihn um«, stieß er zwischen zusammengepressten Zähnen hervor.
»Sal … nicht.« Ich legte ihm eine Hand auf den Arm. »Mir geht es gut.«
»Gut?«, brüllte er nun schon fast und deutete auf mein Gesicht. »Das sieht ganz und gar nicht gut aus!« Er warf Wei einen Blick zu. »Mach doch was.« Dann schaute er wieder mich an. »Tut das weh?«
»Klar tut es weh, Spatzenhirn«, schalt Wei ihn entnervt. »Komm mit.« Sie packte mich am Arm. »Gehen wir diesem Ding aus der Sicht, dann machen wir dich mal sauber. Stellt bloß keine Dummheiten an«, meinte sie zu Sal. »Wartet hier. Derek – pass auf ihn auf.«
»Ich bring ihn um«, wiederholte Sal noch einmal leise. »Wenn ich ihn finde, bringe ich ihn um.«
»Das wirst du nicht tun«, knurrte Wei. »Wir müssen mit meinen Eltern reden. Die werden wissen, was zu tun ist und an wen wir uns deswegen wenden können.«
Derek, der die ganze Zeit nur mit offenem Mund dagestanden und mich angestarrt hatte, sagte nun endlich auch was. »Wir gehen nach draußen. Sal braucht eine kleine Abkühlung. Und, Nina … Rot steht dir überhaupt nicht.«
Eigentlich hätte ich ihm gern zugelächelt, aber allein der Gedanke daran bereitete mir Schmerzen.
Wei zerrte mich zur Toilette. Aber nichts hätte mich auf meinen Anblick im Spiegel vorbereiten können. Ich erkannte das Mädchen kaum, das mich da anstarrte. Meine Lippen waren geschwollen, schlimmer als jede mit Collagen aufgespritzte Lippe, und blutig. Meine ganze linke Wange war so riesig und rund wie eine Orange und leuchtete noch dazu in einem knalligen Rot. Ich musste mein Gesicht einfach berühren, um zu wissen, dass das wirklich ich war.
Wei tupfte mir das Blut von den Lippen.
»Autsch!«
»Tut mir leid.« Sie ließ sich nicht davon abbringen, mein Gesicht mit feuchten Taschentüchern zu säubern. »Ich versuche, vorsichtig zu sein.«
Zwei weißhaarige Damen betraten den Waschraum und beäugten uns misstrauisch. Ich fragte mich, ob sie womöglich zum Sicherheitsdienst gehörten – das konnte man nie so genau sagen.
»Meine Freundin ist ausgerutscht und auf den Stufen draußen hingefallen«, erklärte Wei schnell. »Sieht schlimm aus, nicht?«
Offensichtlich waren sie nicht von der Sicherheit, sonst hätten sie uns auf der Stelle einem Verhör unterzogen. Weis Erklärung brachte in den beiden dafür den Großmutterinstinkt zum Vorschein. Eine wühlte in ihrer Tasche und hielt uns ein paar Pflaster hin. Und die andere reichte mir eine Packung rezeptfreie Schmerztabletten.
»Die kannst du behalten, meine Liebe.« Sanft tätschelte sie meine Hand. »Ich hab noch genügend zu Hause. GI -Regierungsbeihilfe, du weißt schon.« Sie zwinkerte mir zu.
Wir dankten den beiden und sie zogen los, aber nicht ohne mir vorher noch mit düsteren Prognosen zu versichern, dass ich morgen noch viel schlimmer aussehen und mich noch mieser fühlen würde.
Wei versorgte meine Lippen notdürftig mit den Pflastern und ich schluckte ein paar von den Pillen.
Sie trat einen Schritt zurück und begutachtete ihr Werk. »Das sieht doch gleich viel besser aus. Aber ich kann leider nichts gegen die blauen Flecken tun. Das musst du mit Make-up erledigen oder du benutzt eine von Moms Mixturen.«
»Das war eine großartige Geschichte, ich wäre auf der Treppe draußen ausgerutscht. Ich schätze, die nimmt mir sogar Grandma ab. Ich kann ja sowieso ein ganz schöner Tollpatsch sein. Ich kann ihr unmöglich erzählen, was wirklich passiert ist. Sonst macht sie sich jedes Mal, wenn ich aus dem Haus gehe, Sorgen.«
»Nein, den Part übernehme ich ab jetzt.« Wei hatte die Hände fest in die Hüften gestemmt.
»Oh … willst du, dass ich erst dich frage, bevor ich irgendwo hingehe?« Ich tat so, als hielte ich meinen PAV -Empfänger in der Hand. »Wei, hier ist Nina, ich mach mich jetzt auf den Weg zur Schule. Wei, ich bin’s, Nina, ich geh jetzt für Grandma
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