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The Sign Bd. 1 Nur zu deiner Sicherheit

The Sign Bd. 1 Nur zu deiner Sicherheit

Titel: The Sign Bd. 1 Nur zu deiner Sicherheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Karr
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wischte ein paar Haarsträhnen weg, die ihr an der Stirn klebten.
    »Sing mir was vor, meine Süße. Dieses Gutenachtlied, das ich dir früher immer vorgesungen hab.«
    »Wie?«
    »Bitte. Uns bleibt nicht viel Zeit.«
    Ich begann also das Schlaflied von der »Highland Fairy« zu singen, ein Lied, das ich in- und auswendig kannte. » I left my baby lying here, lying here, lying here …«
    Ginnie begann nun, über meinen Gesang hinweg leise zu sprechen. »Wenn sie uns belauschen, werden sie nicht verstehen können, was ich dir jetzt sage. Also sing weiter.«
    Ich wusste nicht, was sie damit meinte, aber ich sang weiter und bemühte mich gleichzeitig, jedes ihrer Worte zu verstehen. » I left my baby lying here, to go and gather blueberries.«
    »Ich hab leider keine Zeit, weit auszuholen, Nina. Dein Vater lebt. Ich bin mir nicht sicher, wo genau er sich aufhält, aber ich habe das Gefühl, er könnte in Chicago sein.«
    Ich verstummte. Mein Vater? Der Mann, von dem Ginnie immer behauptet hatte, sie liebe ihn außer Dee und mir am meisten auf der Welt, war noch am Leben? »Seit wann …«
    »Bitte sing weiter.« Das Drängen in ihrer Stimme war nicht zu überhören, nicht einmal diese Maschine konnte das verbergen.
    »Tut mir leid, Mom.« Meine Stimme zitterte, doch ich sang weiter. »Hovan, Hovan Gorry og O, Gorry og O, Gorry og O …«
    Dann sprach Ginnie: »Ich habe keine Zeit für große Erklärungen. Hör mir zu. Du musst ihn finden und ihm das Buch geben, das ich in meinem Nachttisch aufbewahre. Du weißt, welches ich meine.«
    Ja, das wusste ich. Sie hatte nur ein Buch da drin – Dees Babybuch. »Hovan, Hovan Gorry og O, I’ve lost my darling baby, O!«
    »Es ist schrecklich wichtig. Da drinnen finden sich sämtliche Antworten.«
    Ich verstand nicht, was sie mir damit sagen wollte. Mein Vater war in jener Nacht gestorben, als ich zur Welt kam. Vielleicht übersetzte die Unendlichkeitsmaschine lediglich ihre Gedanken falsch. Oder sie litt unter Halluzinationen. Ich habe gehört, dass manche Leute im Angesicht des Todes Wahnvorstellungen haben.
    »I found the wee brown otter’s track, otter’s track, otter’s track …«
    »Das letzte Mal, dass ich ihn gesehen habe, war wenige Monate, bevor Dee auf die Welt kam«, sagte sie. »Nina. Pass gut auf. Ich bin nicht verrückt. Bitte.«
    Aufpassen. Ja. Es blieb keine Zeit für all die Gefühle, die in diesem Moment in mir aufwallten. Ich konnte später über meinen Vater nachdenken – mein Vater, der die ganze Zeit am Leben gewesen war, aber nichts mit mir zu tun gehabt hatte. »I found the wee brown otter’s track, but ne’r a trace o’ my baby, O!«
    Der Vokalisator machte ein seltsames Geräusch. Fast klang es wie ein Schluchzen. Ich blickte auf und entdeckte, dass eine Krankenschwester in der Tür stand. Ich fragte mich, wie lang sie wohl schon so da verharrt hatte. Als sie bemerkte, dass ich sie ansah, verließ sie rasch das Zimmer. Sie hatte uns belauscht, so viel war sicher.
    Das seltsame Geräusch war noch einmal zu hören. Ich machte weiter mit dem Wiegenlied. » Hovan, Hovan Gorry og O, Gorry og O, Gorry og O … «
    Ginnie sprach wieder: »Du musst dieses Buch deinem Vater bringen, musst es Alan aushändigen. Und halte bitte Ed von Dee fern. Lass ihn nicht in ihre Nähe. Versprich mir das, Nina.« Es schien fast, als griffe ihre Stimme nach mir, wie eine Hand, die mich packte und mein Versprechen verlangte.
    Das Signal ertönte. Ich hörte auf zu singen. Dee kam reingerannt, die Krankenschwester und die Ärztin direkt hinter ihr.
    »Ich verspreche es«, flüsterte ich.
    »Vergiss nie, dass ich euch zwei mehr liebe als irgendetwas in diesem Universum oder jenseits davon. Ihr beide wart der Grund für alles, was ich jemals getan habe. Ihr wart mein Leben. Passt aufeinander auf.«
    Ich wollte weinen, doch ich konnte nicht. Wenn ich den Tränen freien Lauf ließ, würde ich nie wieder aufhören können.
    »Es tut mir so leid.« Die Ärztin legte mir eine Hand auf die Schulter.
    Ich drückte meine Wange an Ginnies Gesicht und flüsterte: »Mom, ich hab dich so lieb.«
    »Frieden, meine Gute«, sagte sie, »endlich Frieden.«
    Die Krankenschwester schob mich von der Maschine weg. So lange es ging, ließ ich meine Finger auf Ginnies Wange ruhen. Dann schlang ich meine Arme um Dee und zwang mich dazu, ihretwegen stark zu bleiben.
    Die Ärztin drückte auf einen Knopf und im nächsten Moment war meine Mutter tot.

X
    Als wir den Raum mit der

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