The Sign Bd. 1 Nur zu deiner Sicherheit
bereitwillig zustimmten.
Ohne die Unterstützung der Medien und weil es keine Sendungen mit religiösen Inhalten mehr gab, mussten die meisten Kirchen dichtmachen. Grandma und Grandpa gingen noch gelegentlich in eine der wenigen übrig gebliebenen Kirchen in Chicago. Grandma hatte mir mal erzählt, dass die ruhig sämtliche Kirchen im ganzen Universum zumachen könnten, doch die Herzen der Menschen konnten sie nicht vor Gott verschließen. Ich hatte sowieso in meinem Leben noch nicht allzu viel über Gott nachgedacht.
Dee riss mich aus meinen Gedanken. »Ich bin froh, dass Mom oben bei den Sternen ist«, sagte sie. »Grandma meint, dass wir eines Tages alle im Himmel vereint sein werden.«
»Dann wird es auch so sein.« Kaum hatte ich diese Worte ausgesprochen, da durchfuhr mich auch schon die Sehnsucht nach Ginnie wie ein scharfes Messer. Sie würde nicht da sein, wenn ich meinen Abschluss in Kunst machte. Nicht sie würde meine Hand halten, wenn die Nadel mir das XVI -Tattoo ins Handgelenk brannte. Nie wieder würden wir gemeinsam auf dem Sofa kuscheln, nachdem Dee zu Bett gegangen war, uns nie wieder alte Filme ansehen, Popcorn essen und Limonade trinken. Sie würde mich nie wieder trösten können, wenn ich nicht mehr weiterwusste.
Und das ausgerechnet jetzt, da ich so dringend Antworten in Bezug auf meinen Vater brauchte, in Bezug auf dieses Buch und darauf, wie ich damit klarkommen sollte, dass ich sechzehn wurde … Ich spürte, wie die Tränen in mir aufstiegen. Ich musste mich auf etwas anderes konzentrieren. Da fiel mein Blick auf das Mehl, das ich verschüttet hatte. »Sieh dir diese Sauerei an! Hilfst du mir aufwischen?«
»Klar.« Dee zog den Saugschlauch von der Wand heran und entfernte das, was auf dem Boden gelandet war. »Glaubst du, Grandma lässt uns das Mittagessen zubereiten?«
»Geh und frag sie. Ich mach das hier fertig.«
»Ach, Nini, übrigens«, rief Dee mir vom Flur aus zu, »mein Dad hat mich heute Morgen angerufen. Wollte nur wissen, ob es mir gut geht.«
Meine Knie gaben nach, sodass ich mich am Tresen festhalten musste, um nicht der Länge nach hinzuknallen. Ich hatte gewusst, dass er wieder anrufen würde. Immerhin war er ja Dees Vater. Ginnies Worte hallten in meinem Kopf wider: »Lass ihn nicht in ihre Nähe.« Ich hatte ihr mein Versprechen gegeben. Irgendwie konnte mich die Tatsache, dass Grandma und Grandpa zu meinen und Dees gesetzlichen Vertretern ernannt worden waren, nicht länger beruhigen. Ich traute Ed nicht. Nicht im Geringsten.
***
Beim Mittagessen quetschte ich Dee über Eds Anruf aus. »Also, Deedee, was hat Ed denn gesagt?« Ich gab mir alle Mühe, möglichst gleichgültig zu klingen, doch während ich ihre Antwort abwartete, wäre ich beinahe an einem Löffel Suppe erstickt.
»Ed?« Grandma wechselte einen Blick mit Grandpa, dann wandte sie sich an Dee. »Wann hast du denn mit Ed geredet?«
»Was habt ihr denn alle? Er hat heute Morgen nur angerufen, um zu hören, ob alles in Ordnung ist bei mir.« Dee biss von ihrem Sandwich ab.
»Und?« Aus ihr Informationen rauszukriegen, wenn sie gerade nicht in Stimmung war, war echt schwerer, als die Werbespots in der Innenstadt auszublenden.
»Ich hab ihm gesagt, dass es mir gut geht.« Sie mampfte munter weiter.
»Hat er sonst noch was gesagt?«
»Ne-he, nur dass es ihm leidtut, dass er nicht früher angerufen hat, weil er geschäftlich unterwegs war.«
Ungläubig dachte ich einen Augenblick nach. Er war an jenem Abend im Krankenhaus gewesen. Wahrscheinlich wusste er viel besser als jeder andere, was an dem Abend geschehen war.
»Grandpa?«, sagte Dee jetzt. »Wir gehen doch in den Grandmat Park zum Ethnofestival wie im vergangenen Jahr, nicht wahr?«
»Ja, natürlich, Deedeelein.« Grandpa grinste. »Erinnerst du dich, wie diese Clowns letztes Jahr versucht haben, mich aufs Trapez zu zerren?« Er tat so, als würde er rückwärts fallen und wirbelte mit den Armen in der Luft herum. Dee kicherte, dann steckten sie die Köpfe zusammen und planten, was sie sich beim diesjährigen Festival ansehen wollten.
Auch wenn es ein tolles Gefühl war, Dee endlich wieder lachen zu hören, verfestigte sich mein Verdacht gegen Ed immer mehr. Da Ginnie über die Vormundschaft bestimmt hatte, hätte sie mich eigentlich nicht vor ihm zu warnen brauchen. Und trotzdem hatte sie es getan. Sie war nicht der Ansicht, Dee wäre in Sicherheit. Ich musste weiterhin wachsam sein. Auf gar keinen Fall würde ich zulassen, dass Ed mir
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