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The Stand. Das letze Gefecht

The Stand. Das letze Gefecht

Titel: The Stand. Das letze Gefecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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sein Revier wieder verlassen hatte. Stu zog die Riemen seines Rucksacks an und faltete die Taschentücher neu zusammen, die er auf jeder Schulter unter den Riemen hatte. Er trug ein Paar Georgia Giants, aber nach drei Tagen Fußmarsch sahen sie nicht mehr neu aus. Auf dem Kopf trug er einen eleganten roten Filzhut mit breiter Krempe und über der Schulter einen Armeekarabiner. Er rechnete nicht damit, daß er auf Wegelagerer stoßen würde, hatte aber die vage Idee gehabt, ein Gewehr könnte nützlich sein. Vielleicht wegen Frischfleisch. Nun, gestern hatte er Frischfleisch gesehen, noch auf Hufen, war allerdings viel zu überrascht und erstaunt gewesen, um überhaupt ans Schießen zu denken.
    Der Rucksack trug sich wieder bequemer, und Stu ging weiter die Straße entlang. Der Hund hörte sich an, als wäre er gleich hinter der nächsten Kurve. Vielleicht sehe ich ihn doch, dachte Stu. Er hatte die 302 Richtung Osten gewählt, weil er annahm, daß sie ihn früher oder später zum Meer führen würde. Er hatte eine Art Abmachung mit sich selbst getroffen: Wenn ich das Meer erreiche, überlege ich mir, was ich tun werde. Bis dahin werde ich überhaupt nicht darüber nachdenken. Sein Fußmarsch - heute war der vierte Tag - war eine Art Heilungsprozeß. Er hatte daran gedacht, sich ein Fahrrad mit zehn Gängen oder vielleicht ein Motorrad zu beschaffen, damit hätte er die vereinzelten Unfallstellen umfahren können, die die Straße versperrten, aber er hatte sich statt dessen entschlossen, zu Fuß zu gehen. Er war schon immer gern gewandert, und sein Körper schrie nach Betätigung. Vor seiner Flucht aus Stovington war er fast zwei Wochen lang eingesperrt gewesen, er fühlte sich schlapp und außer Form. Früher oder später, dachte er, würde ihn die langsame Art der Fortbewegung ungeduldig machen, und er würde sich ein Fahrrad oder Motorrad besorgen, aber vorläufig war er damit zufrieden, auf dieser Straße nach Osten zu gehen, alles zu sehen, was er sehen wollte, eine Pause zu machen, wann immer er Lust dazu hatte, und nachmittags, wenn es besonders heiß war, ein wenig zu schlafen. Das tat ihm gut. Ganz allmählich war seine verrückte Suche nach einem Ausgang zur bloßen Erinnerung geworden, zu etwas Vergangenem, nichts Deutlichem mehr, das ihm kalten Schweiß heraustrieb. Die Erinnerung an das Gefühl, daß ihn jemand verfolgte, war nicht so leicht abzuschütteln gewesen. In den ersten beiden Nächten auf der Straße hatte er immer wieder von seiner letzten Begegnung mit Eider geträumt, als Eider gekommen war, um seine Befehle auszuführen. Im Traum war Stu immer zu langsam mit dem Stuhl. Eider wich dem Schlag aus, drückte die Pistole ab, und Stu spürte einen harten, aber schmerzlosen Schlag mit einem Boxhandschuh voll Bleischrot auf der Brust. Davon träumte er immer wieder, bis er morgens unausgeschlafen aufwachte, aber so froh war, noch zu leben, daß es ihm gar nichts ausmachte. Letzte Nacht hatte er keine Träume gehabt. Er bezweifelte, ob seine Ängste alle mit einem Mal aufhören würden, aber er hoffte, daß er durch das Wandern das Gift allmählich aus dem Körper bekommen würde. Vielleicht würde er es nie wieder völlig loswerden, aber er war sicher, wenn der Großteil weg war, würde er besser darüber nachdenken können, was als nächstes kam, ob er das Meer bis dahin erreicht hatte oder nicht. 
    Er ging um die Kurve, und da stand der Hund, ein kastanienfarbener Irischer Setter. Als er Stu sah, bellte er freudig und kam die Straße entlanggelaufen, daß seine Krallen auf dem Asphalt klickten, und er wedelte aufgeregt mit dem Schwanz. Er sprang an Stu hoch, drückte ihm die Vorderpfoten auf den Bauch, so daß Stu einen Schritt zurücktaumelte. »He, Junge«, sagte er grinsend.
    Als der Hund seine Stimme hörte, bellte er fröhlich und sprang wieder hoch.
    »Kojak!« sagte eine strenge Stimme, und Stu zuckte zusammen und sah sich um. »Runter! Laß den Mann in Ruhe! Du machst ihm das Hemd schmutzig! Böser Hund!«
    Kojak brachte wieder alle viere auf die Straße und ging mit eingezogenem Schwanz um Stu herum. Der Schwanz wedelte aber trotz der Behinderung noch ein wenig vor unterdrückter Freude, und Stu kam zu dem Ergebnis, daß dieser hier nie ein guter HundeBetrüger werden würde. Jetzt sah er auch den Besitzer der Stimme - und von Kojak, vermutete er. Ein Mann von etwa Sechzig, der einen zerlumpten Pullover, eine alte graue Hose... und eine Baskenmütze trug. Er sass auf einem Klavierhocker

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