The Stand. Das letze Gefecht
Scheißdinger waren sowieso der Tod.
Er seufzte und nahm ein anderes Comic-Heft vom Stapel. Ein alberner Mist mit dem Titel Teenage Ninja Mutant Turtles . Die Ninja Turtles - Schildkröten - waren angeblich »Helden im Rückenpanzer«. Er schleuderte Raphael, Donatello und ihre gehirnamputierten Freunde quer durch das Geschäft, und das Comic-Heft, in dem sie lebten, flatterte wie ein Zelt auf die Registrierkasse. Wenn man etwas wie Teenage Mutant Ninja Turtles sah, dachte er, wollte man gerne glauben, daß die Welt es verdient hatte, vor die Hunde zu gehen.
Er nahm das nächste Heft, Batman - das war wenigstens noch ein Held, an den man irgendwie glauben konnte -, und wandte sich gerade der ersten Seite zu, als er draußen den blauweißen Scout Richtung Westen vorbeifahren sah. Die breiten Reifen spritzten schlammiges Regenwasser hoch.
Mit offenem Mund starrte Bobby Terry auf die Stelle, wo er vorbeigefahren war. Er konnte kaum glauben, daß der Wagen, den sie alle suchten, eben seinen Posten passiert hatte. Insgeheim hatte er diesen Job die ganze Zeit für eine Scheißbeschäftigungstherapie gehalten.
Er lief zur Tür und riß sie auf. Er rannte auf die Straße und hielt noch den Batman-Comic in der Hand. Vielleicht war das Ganze nur eine Halluzination gewesen. Allein beim Gedanken an Flagg konnte man Halluzinationen haben.
Aber es war keine. Er sah noch das Dach des Scout, als dieser hinter dem nächsten Hügel aus der Stadt verschwand. Bobby lief durch den leeren Kramladen und rief, was die Lungen hergaben, nach Dave.
Der Richter hielt verbissen das Lenkrad fest und tat so, als würde es keine Arthritis geben, und wenn doch, als hätte er sie nicht oder, wenn er sie schon hatte, als würde er sie bei feuchtem Wetter nicht spüren. Weiter wollte er nicht gehen, denn der Regen war eine Tatsache, eine nackte Tatsache, wie sein Vater gesagt hätte, und es gab keine Hoffnung außer dem Mount Hope.
Der Rest seiner abschweifenden Überlegungen brachte ihn auch nicht weiter.
Drei Tage lang fuhr er schon durch den Regen. Manchmal war er nur ein Nieseln, aber meistens nicht mehr und nicht weniger als ein guter, solider Wolkenbruch. Auch das war eine nackte Tatsache. Die Straßen waren stellenweise unterspült, und einige würden im nächsten Frühjahr schlicht unpassierbar sein. Er hatte Gott schon mehrmals während dieser Expedition für den Scout gedankt.
Die ersten drei Tage auf der I-80 hatten ihn überzeugt, daß er die Westküste keinesfalls vor dem Jahr 2000 erreichen würde, wenn er nicht Nebenstraßen benutzte. Die Interstate war über lange Strecken geradezu unheimlich leer gewesen; stellenweise konnte er sich im zweiten Gang durch den liegengebliebenen Verkehr schlängeln. Aber häufig hatte er auch die hintere Stoßstange eines Wagens auf den Haken der Seilwinde des Scout nehmen und diesen von der Straße ziehen müssen, um sich eine Lücke zu schaffen, durch die er schlüpfen konnte.
In Rawlins hatte er die Nase voll. Er bog nach Nordwesten auf die 1-287, fuhr um das Great Divide Basin herum und kampierte zwei Tage später in der nordwestlichen Ecke von Wyoming, östlich von Yellowstone. Hier oben waren die Straßen fast völlig verlassen. Sein Weg durch Wyoming und das östliche Idaho war erschreckend und alptraumhaft gewesen. Er hätte nie gedacht, daß das Gefühl des Todes derart auf einem so leeren Land und auf seiner Seele liegen könnte. Aber es war da - eine bösartige Stille unter diesem großen westlichen Himmel, wo einstmals Büffel und Winnebagos umhergestreift waren. Es lag ebenso in den Telefonmasten, die umgestürzt waren und die niemand repariert hatte, wie in der kalten Stille der kleinen Städte, durch die er fuhr: Laniont, Muddy Gap, Jeffrey City, Lander, Crowheart.
Seine Einsamkeit wuchs mit der Erkenntnis der Leere, mit einer Verinnerlichung des Todesgefühls. Er wurde zunehmend überzeugter, daß er die Freie Zone Boulder nie wiedersehen würde oder die Menschen, die dort lebten - Frannie, Lucy, den jungen Lauder, Nick Andres. Er glaubte zu wissen, wie Kain zumute gewesen sein mußte, als Gott ihn ins Land Nod verbannt hatte.
Aber das Land hatte jenseits von Eden gelegen - im Osten.
Der Richter war jetzt diesseits - im Westen.
Am deutlichsten spürte er das, als er die Grenze zwischen Wyoming und Idaho überquerte.
Er war über den Targhee-Paß nach Idaho gekommen und hatte am Straßenrand angehalten, um einen kleinen Imbiß zu sich zu nehmen. Rundherum Stille,
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