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The Stand. Das letze Gefecht

The Stand. Das letze Gefecht

Titel: The Stand. Das letze Gefecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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können, daß sie verächtlich grinste, fast höhnisch.
    Tack, tack, tack.
    Wie der Rabe, der sich auf der Büste der Pallas niedergelassen hatte. Wann werde ich herausfinden, was sie in der Freien Zone, die ich so weit hinter mir gelassen habe, wissen müssen? Nimmermehr. Werde ich je erfahren, welche Schwachstellen die Rüstung des dunklen Mannes aufweist? Nimmermehr .
    Werde ich heil zurückkommen?
    Nimmermehr .
    Tack, tack, tack.
    Die Krähe sah ihn an, schien zu grinsen.
    Eine traumgleiche Gewißheit, die seine Hoden zusammenzog, erfüllte ihn, dies war der dunkle Mann, seine Seele, sein Ka , das er irgendwie in diese vor Nässe triefende Krähe projiziert hatte, die ihn, Richter Farris, beobachtete.
    Er betrachtete sie fasziniert.
    Die Augen der Krähe schienen größer zu werden. Er bemerkte, dass sie rotgerändert waren, in der dunklen Farbe von Rubinen. Regenwasser tropfte. Die Krähe beugte sich vor und klopfte mit voller Absicht ans Glas.
    Der Richter dachte: Ich glaube, sie will mich hypnotisieren. Vielleicht versucht sie es tatsächlich. Aber vielleicht bin ich für so etwas zu alt. Und angenommen ...es ist natürlich albern, aber angenommen, er ist es. Und angenommen, ich reiße das Gewehr mit einer raschen Bewegung hoch? Es ist vier Jahre her, daß ich zuletzt auf Tontauben geschossen habe, aber 1976 und 1979 war ich immerhin Klubmeister, und auch 1986 war ich noch ganz gut. Nicht toll, kein Band in diesem Jahr, darum habe ich aufgehört, mein Stolz war besser als meine Augen, aber immer noch Platz fünf von zweiundzwanzig. Und dieses Fenster ist näher als die Entfernung beim Tontaubenschießen. Wenn er es ist, ob ich ihn töten kann? Sein Ka - wenn es so etwas gibt - im Körper der sterbenden Krähe fangen? Wäre es so unpassend, wenn ein alter Knacker die ganze Angelegenheit undramatisch löst, indem er im westlichen Idaho eine Rabenkrähe erschießt?
    Die Krähe grinste ihn an. Jetzt war er ganz sicher, daß sie grinste. Mit einem plötzlichen Ruck setzte sich der Richter auf und riß mit sicherem Griff den Gewehrkolben an die Schulter - es ging besser, als er sich hätte träumen lassen. Die Krähe schien plötzlich von einer Art Entsetzen gepackt. Sie flatterte mit den regennassen Flügeln und spritzte Wasser. Durch die Scheibe hörte der Richter sie ein gedämpftes Kräh! ausstoßen, und in diesem Augenblick hatte er die triumphierende Gewißheit: Es war der dunkle Mann, er hatte den Richter unterschätzt, und dafür würde er mit seinem elenden Leben bezahlen...
    » NIMM DAS !« donnerte der Richter und drückte ab.
    Aber der Abzug ließ sich nicht bewegen, denn er hatte nicht entsichert. Im nächsten Augenblick sah er nur noch Regen vor dem Fenster.
    Der Richter ließ die Garand auf den Schoß sinken und kam sich dumm und albern vor. Er sagte sich, daß es doch nur eine Krähe gewesen war, eine vorübergehende Ablenkung an diesem trüben Abend. Wenn er die Scheibe weggepustet und dem Regen Zutritt verschafft hätte, müßte er jetzt die Mühe auf sich nehmen und in ein anderes Zimmer ziehen. Eigentlich war es Glück.
    Aber in dieser Nacht schlief er schlecht, schrak mehrere Male hoch und sah in der Überzeugung zum Fenster, daß er dort ein gespenstisches Klopfen gehört hatte. Wenn die Krähe noch einmal dort landete, würde sie nicht entkommen. Er hatte das Gewehr entsichert.
    Aber die Krähe kam nicht wieder.
    Am nächsten Morgen war er weiter nach Westen gefahren; seine Arthritis war nicht schlimmer geworden, aber auch nicht besser, und kurz nach elf Uhr machte er Pause in einem kleinen Cafe. Während er sein Sandwich verzehrte und aus seiner Thermosflasche Kaffee trank, sah er eine große Krähe einen halben Block entfernt auf einem Telefondraht landen. Der Richter beobachtete sie fasziniert, die rote Thermosflasche auf halbem Weg zwischen Tisch und Mund. Es war natürlich nicht dieselbe Krähe. Es mußte inzwischen Millionen Krähen geben, alle fett und unverschämt. Dies war jetzt eine Krähenwelt. Aber er wurde trotzdem das Gefühl nicht los, daß es dieselbe Krähe war, und er verspürte eine Vorahnung von Unheil, eine schleichende, resignierte Erkenntnis, daß alles aus war. Er hatte keinen Hunger mehr.
    Er fuhr weiter. Und ein paar Tage später, Viertel nach zwölf Uhr mittags, mittlerweile in Oregon und auf dem Highway 86 nach Westen unterwegs, fuhr er durch die Stadt Copperfield, ohne das Five -and-Dime, wo Bobby Terry ihn mit vor Fassungslosigkeit offenem Mund sah, auch nur eines

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