Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
The Walk: Durch eine zerstörte Stadt (German Edition)

The Walk: Durch eine zerstörte Stadt (German Edition)

Titel: The Walk: Durch eine zerstörte Stadt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Goldberg
Vom Netzwerk:
Fisch im ganzen See. Hungrige Bastarde sind das. Ich hab mal eine dreißig Pfund schwere Forelle mit einer Zehn-Pfund-Angelschnur gefangen. Hab ich dir das mal erzählt? Hat mich fast aus dem Boot gezogen. Aber ich hab ihn gekriegt. Oh ja, dieser Fisch hat in mir seinen Meister gefunden. Ich bin der Albtraum der dunklen Gewässer, wusstest du das? Seit sechzig Jahren komme ich hierher und töte. Sie haben Angst vor mir. Das ist in ihren Instinkt übergegangen, es ist jetzt Teil ihrer Fisch-DNA. Wahnsinn, der da ist aber ganz schön am Kämpfen! Weiß der etwa nicht, mit wem er es hier zu tun hat?«
    Und so ging das immer weiter, Opa Earl bemerkte Martys Notlage überhaupt nicht, bis die circa fünfzehn Zentimeter lange Forelle, die übrigens genauso dünn und kränklich war wie die andere, die sie Stunden zuvor geangelt hatten, im Boot und Opa Earl zurück auf seinem Bänkchen war, wo er dem Fisch den Haken und damit auch den Großteil seiner inneren Organe herauszog.
    »Schau mal einer an«, Opa Earl hielt mit zwei Fingern den Fischmagen hoch. »Er hat jemandem den Mais weggefuttert. Wer zum Teufel benutzt Mais als Köder?«
    Opa Earl schmiss den Fisch in die Kühlbox und die Gedärme über Bord. Er war gerade dabei, sich die Hände im See zu waschen, als er einen widerlichen Gestank wahrnahm. »Was zur Hölle riecht hier so?«
    Marty konnte ihn nicht anschauen. Er hielt sich selbst fest umschlungen und versuchte, leise schluchzend, sich so klein wie möglich zu machen.
    »Hast du dich etwa gerade eingeschissen?«, rief Opa Earl und kam auf die Beine. »Gottverdammt, die Fische beißen!«
    Opa Earl packte Marty unter den Achseln und warf ihn in den See. Sein Großvater setzte sich vor dem Außenborder wieder hin, wischte sich die Hände an der Hose ab und steuerte das Boot in die Richtung zurück, aus der sie gekommen waren.
    »Mit der Angelschnur an Bord fängt man keine Fische«, sagte sein Großvater und schüttelte angewidert den Kopf, während das Boot davontuckerte.
    Das Wasser war kalt und so leicht wie Nebel. Es roch nach Kiefern und Krankenhäusern und sauberen Arbeitsplatten. Er schwamm in einem See aus Lysol. Marty öffnete die Augen und bekam eine weitere Ladung Desinfektionsmittel ins Gesicht geblasen. Jemand hielt eine Dose Lysol aus dem Fenster über der Hecke und besprühte das Gebüsch damit. Bevor er etwas sagen konnte – nicht, dass er in seinem momentanen, desorientierten, vergifteten und desinfizierten Zustand dazu in der Lage gewesen wäre –, hörte das Gesprühe auf und eine alte Lady streckte den Kopf hinaus, ihr Lächeln entblößte eine Reihe auffallend weißer falscher Zähne. Um ihren verwelkten Hals trug sie falsche Perlen, die so groß waren wie diese runden Monster-Kaugummis, und so weiß wie ihr Gebiss. Ihm taten davon die Augen weh.
    »Ich hoffe, du fühlst dich besser.« Ihre raue Stimme prasselte auf ihn herab wie eine Ladung Kieselsteine. »Ich habe ein hübsches Glas Ginger Ale und ein paar Kräcker für dich im Hof. Das Tor ist offen, achte darauf, es hinter dir zuzumachen, wenn du hereinkommst.«
    Sie ließ eine Rolle Toilettenpapier ins Gebüsch fallen und verschwand. Marty fühlte sich zutiefst gedemütigt, aber nicht so sehr, dass er sich nicht schleunigst den Hintern abgewischt, die Hose hochgezogen und sich aus dem Gebüsch befreit hätte. Den Rest der Klopapierrolle nahm er mit.
    Er taumelte aus dem Wacholderbusch und versuchte, sein Gleichgewicht wiederzufinden. Er fühlte sich, als hätte er gerade eine Fahrt im Kreiselkarussell hinter sich. Alles drehte sich, aber wenigstens waren die Krämpfe vorbei. Er ging um die Ecke zur Vorderseite des mit weißem Stuck verzierten Wohnhauses aus den 1940er-Jahren.
    Der Hof war durch ein schmiedeeisernes Tor gesichert, das fast bis zu den disneyesken, zwei Stockwerke hohen Türmchen zu beiden Seiten des Eingangs reichte. Marty ging durch das Tor, schloss es hinter sich und entdeckte einen landschaftlich üppig gestalteten Garten mit Blumen in Töpfen und Vogelhäuschen überall und eleganten Gartenmöbeln, die um einen kleinen Teich und einen stillgelegten Springbrunnen herum arrangiert waren.
    »Hier drüben, Herzchen.« Die alte Dame wartete in einem einteiligen Badeanzug an einem der Tische auf ihn, die knochigen Beine überschlagen, während sie mit einem Fuß nervös wippte, sodass die Sohle ihrer Hausschlappen gegen die Ferse patschte.
    Ihre Haut war unnatürlich wettergegerbt und mit den Jahren knittrig geworden; es sah

Weitere Kostenlose Bücher