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The Walk: Durch eine zerstörte Stadt (German Edition)

The Walk: Durch eine zerstörte Stadt (German Edition)

Titel: The Walk: Durch eine zerstörte Stadt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Goldberg
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aus, als hätte jemand einen schrillen, mit Blumen bedruckten Badeanzug über das rissige Leder des Fahrersitzes eines alten Autos gezogen und dann eine Halskette aus riesigen falschen Perlen um die Kopfstütze gelegt.
    »Komm, setz dich, bevor das Ginger Ale bei dieser Hitze schal wird.« Sie zeigte auf den Krug und zwei Plastikbecher, die neben einer Flasche Sonnenlotion und einem abgegriffenen John-Grisham-Taschenbuch auf dem Tisch standen.
    Marty nahm Platz und starrte sie an, als sei sie eine Erscheinung. Die Luft flirrte wie ein Fernsehsignal, das sich weigerte, ein scharfes Bild zu produzieren. Das Einzige, was er tun konnte, war ihr lahm die Rolle Toilettenpapier zurückzugeben.
    »Die behältst du, Herzchen«, winkte sie ab, jeder Finger ihrer Hand war mit einem riesigen Glasjuwel beringt. »Für den Fall, dass du noch einmal Magenprobleme bekommen solltest.«
    Entweder starb er gerade, dachte er, oder er erlebte die angemessene Reaktion seines Körpers darauf, dass er auf einer Feuerwelle gesurft, angeschossen worden und durch eine Giftgaswolke gerannt war. In dem Falle wäre es völlig normal und gesund, dass er sich die Seele aus dem Leib geschissen und jegliches Gefühl für ein physisches oder psychisches Gleichgewicht verloren hatte.
    Marty stellte das Toilettenpapier auf dem Tisch ab und griff nach dem Krug mit Ginger Ale, doch es fiel ihm schwer, ihn zu fassen zu kriegen, denn er wollte einfach nicht still stehen. Nichts stand still. Schließlich schaffte er es, den Krug festzuhalten und etwas vom Inhalt in sein Glas zu gießen, doch dann wiederum hatte er ernsthafte Probleme, damit seinen Mund zu treffen, und er verschüttete die Hälfte über sein Hemd, bevor ihm klar wurde, dass er immer noch die Atemschutzmaske trug. Er riss sich die Maske vom Gesicht und kippte das schale, lauwarme Ginger Ale in einem einzigen langen Zug hinunter.
    Es fühlte sich gut an. Er füllte das Glas sofort wieder auf, trank es aus und lehnte sich dann in seinem Stuhl zurück. Die Luft war voll vom Duft frisch erblühter Blumen und einem Hauch von Kokosnuss. Zum ersten Mal seit Stunden kam er innerlich zur Ruhe. Er war sicher. Er könnte für immer hierbleiben.
    »Es ist sehr friedlich hier«, sagte er.
    »Fühlst du dich besser?«
    »Viel besser, danke.« Gut genug, um sich für das, was er getan hatte, wieder zu schämen. »Tut mir leid wegen Ihres Busches.«
    »Büsche sind hässliche Dinger«, sagte sie. »Ich gebe nichts auf Büsche.«
    »Warum haben Sie mir geholfen?«
    »Wir haben hier im Seville-Komplex selten Gäste«, sie nahm einen Saltine-Kräcker und ließ ihn im Ganzen in ihrem riesigen Mund verschwinden. »Und es ist so ein schöner Tag.«
    Wenn dies ein schöner Tag war, hatte er keine Vorstellung davon, wie ihre schlechten Tage wohl so aussahen.
    »Außerdem«, sie lächelte, »müssen wir Unterhaltungsprofis zusammenhalten.«
    »Woher wissen Sie, dass ich im Fernsehbusiness bin?«
    »Deine Tasche«, sie nickte leicht zu seiner Sporttasche hin, die das Logo des Senders auf der Seite trug. »Ich habe viele gute Produktionen für deinen Sender gemacht.«
    »Was machen Sie?«
    »Ich bin Sonderschauspielerin«, sie griff nach einem riesigen Fotoalbum auf dem Sitz neben ihr. »Ich war in Hunderten von Produktionen und habe mit allen großen Stars gearbeitet.«
    Marty hatte absolut keine Ahnung, was eine Sonderschauspielerin war, aber wenigstens wusste er jetzt, warum sie ihn davor bewahrt hatte, seinen Arsch mit einem Blatt abwischen zu müssen. Obwohl ihre wahren Absichten entlarvt worden waren, verspürte er keine Eile zu gehen. Er fühlte sich immer noch benommen, und die Einsamkeit ihres Hofes hatte eine beruhigende Wirkung.
    Sie schlug das Album auf dem Tisch auf und drehte es so, dass Marty besser sehen konnte. »Das bin ich in ›Hello, Dolly!‹ mit Barbra Streisand.«
    Sie tippte mit ihrem gichtigen, beringten Finger auf ein Foto von einer Menschenmenge vor einem Bahnhof. »Ich bin die schöne Frau, die hinter Walter Matthau steht.«
    Ehe Marty sie auf dem Bild gefunden hatte, blätterte sie zu einem Setfoto von » Planet der Affen« um. »Das bin ich, die Affenfrau mit dem Obstkorb, zwei Affen links von dem wunderbaren Edward G. Robinson, obwohl man ihn mit dem ganzen Make-up kaum erkennen kann. Das war eine meiner größten Rollen.«
    Jetzt verstand Marty, was der Begriff »Sonderschauspielerin« bedeuten sollte. Entweder war es eine antiquierte Beschreibung dessen, was sie tat, oder sie hatte den

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