The Walking Dead 3: Roman (German Edition)
denn auch schiefgehen?«, wiederholt er.
Es dauert eine halbe Stunde, ehe sie die Interstate 85 erreichen. Martinez fährt die Straße Richtung Westen entlang und schlängelt sich durch die verlassenen Autowracks und Trucks, die überall auf der zweispurigen Fahrbahn verstreut sind. Er hält eine mehr oder weniger konstante Geschwindigkeit zwischen sechzig und achtzig Kilometer pro Stunde. Das reicht, um jegliche Beißer, die aus dem Wald zu ihrer Linken oder Rechten herausstolpern und sich an ihren Truck klammern sollten, von der Straße zu fegen.
Während der Truck sich durch die herumliegenden Wracks kämpft, haben die Passagiere auf der Ladefläche alle Hände voll zu tun, nicht durch die Gegend geschleudert zu werden. Lilly ist etwas schlecht, und sie tut gleichzeitig ihr Bestes, um nicht gegen Austin zu stoßen.
Auf dem Weg zur Interstate fahren sie an Greenville vorbei, einer weiteren kleinen Bauerngemeinde am Highway 18 – quasi ein Abbild von Woodbury. Vor langer Zeit war Greenville einmal die Verwaltungszentrale der Region gewesen – eine nette kleine Enklave roter Backsteingebäude mit schönen Kuppeln und herrschaftlichen Häusern in viktorianischem Stil, von denen viele im nationalen Verzeichnis historischer Gebäude gelistet waren. Jetzt liegt das Städtchen brach da im frühmorgendlichen Sonnenschein, keine Anzeichen von Leben sind zu erkennen. Durch die flatternde Plane sieht Lilly die Auswirkungen der Katastrophe – mit Brettern vernagelte Fenster, kaputte Säulengänge und Autos, die auf ihren Dächern liegen – Chaos.
»Sieht ganz so aus, als ob Greenville schon einmal Besuch bekommen hat – da finden wir nichts mehr«, stellt David Stern missmutig fest, als sie von der Ladefläche aus auf die Verwüstung starren. Auf viele der verbarrikadierten Fenster wurde das bekannte große »D« gesprüht, eingerahmt von einem Kreis. Das heißt so viel wie DEAD – »tot« oder »Mach dir keine Mühe«. Dieses Zeichen findet sich auf vielen Gebäuden in dieser Gegend von Georgia.
»Hast du einen Plan, Dave?«, fragt Austin, während er seine Fingernägel mit einem Jagdmesser säubert – eine Angewohnheit, die Lilly auf die Palme bringt. Sie kann sich nicht entscheiden, ob es tatsächlich eine schlechte Angewohnheit oder nur Show ist.
David Stern zuckt mit den Achseln. »Ich nehme an, dass im nächsten Ort – ich glaube, das Kaff heißt Hogansville – ein Lebensmittelladen ist. Martinez meint, dort gibt es noch etwas zu holen.«
»Noch etwas zu holen?«
Ein weiteres Schulterzucken von David. »Wer weiß … Probieren geht über Studieren.«
»Alles klar … Wir sollten nur auf Nummer sicher gehen, dass niemand uns probiert .« Er wendet sich grinsend zu Lilly und stößt ihr mit dem Ellenbogen sanft gegen die Rippen. »Kapiert, Lilly?«
»Ha-ha-haben wir gelacht«, sagt sie gelangweilt und starrt unbeeindruckt von der Ladefläche ins Freie.
Sie fahren an einer ihr wohlbekannten Zufahrt vorbei, die von der zweispurigen Hauptstraße in Richtung eines großen Schildes führt, das im Morgenlicht glänzt. Das Firmenlogo mit seinen goldenen Sonnenstrahlen hängt schief, und die großen, blauen Buchstaben sind voll von Rissen, ausgebleicht und mit Vogelkot übersät.
Ein kalter Schauder läuft Lilly über den Rücken, als sie sich an die Geschehnisse des Vorjahres erinnert. Es war genau in diesem Walmart, dass sie und Josh und der Rest von ihnen über Martinez und seine Helfer gestolpert sind. In einem Flashback schummriger Erinnerungen sieht Lilly auf einmal Waffen und Vorräte vor ihrem inneren Auge … dann, wie sie auf Martinez getroffen sind … die Pattsituation … Megan, wie sie ihre Coolness verliert … und dann Martinez, wie er ihnen das Blaue vom Himmel herunter verspricht … und endlich, wie Josh darüber nachdenkt, ob sie sich Woodbury mal genauer anschauen sollten.
»Was spricht denn gegen den Laden da?«, will Austin wissen und deutet mit dem Daumen auf das ehemalige Einkaufszentrum.
»Alles«, murmelt Lilly leise.
Sie sieht vereinzelte Beißer, die ziellos über den Parkplatz des Walmart stolpern. Die umgestürzten Autos und verstreuten Einkaufswägen liegen schon seit einer gefühlten Ewigkeit so da, und kleine Büsche wachsen bereits aus dem Inneren des Einkaufszentrums heraus. Die Zapfsäulen der Tankstelle sind von den Feuersbrünsten, die hier letzten Februar herrschten, angeschmort und ganz schwarz vor Ruß. Der Laden selbst erinnert an eine uralte Ruine
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