Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
The Weepers - Und sie werden dich finden: Roman (German Edition)

The Weepers - Und sie werden dich finden: Roman (German Edition)

Titel: The Weepers - Und sie werden dich finden: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Winnacker
Vom Netzwerk:
übersät. Überall lag Müll herum. War Dad hier irgendwo und wartete auf meine Hilfe?
    Wir fuhren langsamer und bogen in einen schmalen Feldweg, weg von der Küste und in die Hügel. Außer Joshua hatte ich bis jetzt kein anderes menschliches Wesen gesehen. Den Rest der Fahrt über schwieg er. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Es war so lange her, dass ich zum letzten Mal mit einem anderen Menschen geredet hatte. Wahrscheinlich war ich aus der Übung.
    Als wir uns einer großen Villa näherten, setzte ich mich auf. Um das Hauptgebäude herum standen mehrere kleine Cottages. Anscheinend handelte es sich um ein ehemaliges Weingut. Auf den umliegenden Hügeln bogen sich die Rebstöcke unter der Last der Trauben. Der süßliche Geruch verfaulender Früchte erfüllte das Auto. Ein süßer Duft, süßer als alles, was ich in der letzten Zeit gerochen hatte. Wir fuhren durch ein geöffnetes Eisengatter. Das Anwesen wurde von einer mit Efeu überwachsenen Steinmauer umgrenzt, was mich an Bilder von Frankreich oder der Toskana erinnerte.
    Wir hielten vor dem Hauptgebäude. Der ockerfarbene Putz blätterte von den Wänden. Auf dem Dach fehlten ein paar Tonziegel. Das Weiß der Fensterläden hatte sich in ein mattes Grau verwandelt, und zwei der Läden hingen gefährlich schief in den Angeln.
    Ohne ein Wort zu sagen stieg Joshua aus und warf die Autotür hinter sich zu. Ich sah auf die kleine Uhr im Armaturenbrett. Die Fahrt hatte etwas über eine Stunde gedauert. Ohne Verkehr, ohne Ampeln, ohne Tempolimit. Nur wir und der Lincoln, der über tote Highways glitt. Los Angeles hatte sich in ein Stillleben verwandelt.
    Ich stieg ebenfalls aus, musste mich aber an der Tür festhalten, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Joshua nahm mich beim Arm. »Fall nicht hin. Dein Kopf hat gerade erst aufgehört zu bluten. Hier lang.«
    Er führte mich zum Hauptgebäude. Jedes Mal, wenn mein rechter Fuß den Boden berührte, brannte er wie verrückt. Die Kieselsteine in der Einfahrt bohrten sich in meine Sohlen, sodass mir der Schmerz von den Füßen bis hinauf in den Nacken fuhr.
    »Wo sind wir hier?«
    Die Sonne stand jetzt tief am Himmel, und mir wurde nicht mehr schwindlig, als ich zu Joshua aufsah. Er war fast einen Kopf größer als ich. Die Farbe seiner Haut erinnerte mich an den Honig, den Grandma immer ge macht hatte. Das Summen der Bienen und der Geschmack von hausgemachtem Honig hatten früher so selbstverständlich zum Sommer gehört wie Sonnenschein und Eis. Jetzt nicht mehr.
    Vor 1 148 Tagen hat Grandma ihren Bienenstock aufgegeben. Damals hatte ich das Gefühl, dass sie nicht nur ihren Bienen Lebewohl gesagt hatte.
    Er zuckte mit den Schultern. »Wir nennen diesen Ort Safe-haven. Außer mir leben noch ein paar andere Überlebende hier auf dem Weingut.«
    Die Tür des Hauptgebäudes war aus dunklem Holz – vielleicht Eiche – und die kreuzweise darauf angebrach ten Eisenbeschläge ließen sie fast mittelalterlich aussehen. Joshua öffnete sie mit einem altertümlichen Silberschlüssel, den er aus der Jeanstasche gezogen hatte. Der Blutverlust und der Nahrungsmangel hatten mir ordent lich zugesetzt. Ich wollte mich nur noch hinlegen, die Augen schließen und schlafen.
    Im Haus war es etwas kühler als draußen, aber die Hitze machte mir nach wie vor zu schaffen. Die Eingangshalle war nur spärlich beleuchtet. Eine Holztreppe führte in den ersten Stock. Ein Teppich mit Blumenmuster bedeckte den Boden, und ein silberner Kerzenleuchter hing von der Decke. Der ehemalige Eigentümer musste ziemlich reich gewesen sein.
    »Komm mit«, sagte Joshua. Er legte den Arm noch fester um meine Hüfte und führte mich zu einer Tür zu unserer Rechten. Sie führte in ein riesiges Wohnzimmer, das mit demselben Blumenteppich ausgelegt war. Hoffentlich hinterließ ich keine Blutflecken darauf.
    Das ist deine größte Sorge? , fragte eine höhnische Stimme in meinem Kopf. Ich schüttelte ihn, um sie loszuwerden, aber das verschlimmerte meine Kopfschmerzen nur noch. Brennende Schweißtropfen liefen in meine Augen, und ich musste ein paar Mal blinzeln, um wieder richtig sehen zu können.
    Eine Frau mittleren Alters saß in einem Sessel. Sie hatte den Kopf auf die Lehne gelegt und die Augen geschlossen. Auf ihrem Schoß lag ein geöffnetes Buch, und Bücherstapel und Papiere lagen zu ihren Füßen. In ihrem kurzen braunen Haar zeigten sich graue Strähnen, und sie hatte Falten um Augen und Mund. Weitere Sessel und ein Sofa standen um einen

Weitere Kostenlose Bücher