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The Weepers - Und sie werden dich finden: Roman (German Edition)

The Weepers - Und sie werden dich finden: Roman (German Edition)

Titel: The Weepers - Und sie werden dich finden: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Winnacker
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hielt seine Hose fest. Seine Ohren und sein Hals waren tiefrot.
    Das war echt superpeinlich.
    Wenigstens war er nicht nackt. Das wäre der absolute Gipfel der Peinlichkeit gewesen.
    »Ääh ... Ich hol sie nur schnell und bin gleich wieder weg. Ich komm erst später, also ... äh, ja. Tschüs.«
    So schnell hatte ich den Weg zwischen meinem Zimmer und der Vordertür noch nie zurückgelegt.

Sechs
    Die Vorstellung, von Dad nur noch seinen verstümmelten Körper zu finden, hatte mich den Großteil der Nacht über wachgehalten. Wenn ich einschlief, verfolgten mich Albträume von gebückt dahinschleichenden Schatten und weinenden Ungeheuern. Gerade als ich zum letzten Mal weggedöst war, weckte mich ein Klopfen an der Tür. Ich setzte mich auf und rieb mir die Augen. Ein weiteres Klopfen, diesmal lauter.
    »Aufstehen! Es ist kurz vor Sonnenaufgang!« Joshua schrie so laut, dass jetzt bestimmt das ganze Haus wach war.
    »Ich bin wach!«, rief ich, kroch aus dem Bett und verzog das Gesicht, als mein rechter Fuß den Boden berührte. Es war etwas besser als gestern, tat aber immer noch weh. Vielleicht hatte Karen ja ein paar Schmerztabletten für mich. Ich schlüpfte in Maries Jeans und fuhr mit den Fingern durch die Haare, da ich keine Bürste hatte. Dann ging ich zur Tür und machte auf. Joshua war nirgendwo zu sehen.
    Ich spähte auf den Flur – niemand. Vielleicht hatte er die Geduld verloren und war nach unten gegangen. Na ja, ich brauchte schließlich keinen Babysitter. Ich ging schnell ins Badezimmer und versuchte dabei, nicht an ihn zu denken. Als ich mich im Spiegel sah, verzog ich das Gesicht. Mein Haar war eine verfilzte Katastrophe, und ich hatte dunkle Schatten unter den Augen. Ich sah aus wie eine lebende Tote.
    Vor 1 142 Tagen hatte ich mir zum letzten Mal über solche Dinge Gedanken gemacht. Da würde ich jetzt nicht wieder damit anfangen.
    Ich spülte mir den Mund mit Wasser aus, da ich keine fremde Zahnbürste benutzen wollte, ging nach unten und folgte den Stimmen in die Küche.
    Joshua, Geoffrey, Karen und ein Mann mittleren Alters mit Brille und Glatze saßen am Tisch.
    »Guten Morgen, Sherry.« Karen lächelte mich freundlich an. »Das ist mein Mann Larry.« Sie sah zu ihm hinüber, woraufhin er mir misstrauisch zunickte – kein Wunder. Er kannte mich ja nicht. Wahrscheinlich war in dieser neuen Welt eine gewisse Vorsicht durchaus angebracht.
    Ich trat nervös von einem Fuß auf den anderen und nahm die Hände aus den Hosentaschen. Ich wusste nicht, ob ich mich zu ihnen setzen oder einfach stehen bleiben sollte. Joshua klopfte auf den Stuhl neben sich. Mit einem dankbaren Lächeln ging ich zu ihm. Der Duft von Frischgebackenem erfüllte den Raum und ließ mir das Wasser im Mund zusammenlaufen.
    Ich warf einen sehnsüchtigen Blick auf einen Korb mit Brötchen auf dem Tisch. Karen lachte und schob mir den Korb zu. »Larry hat sie heute Morgen gebacken. Er und Marie sind die Köche in unserer kleinen Patchwork- Familie. Lass sie dir schmecken. Es war unser letztes Päckchen Mehl.«
    Ich nahm eines der warmen Brötchen und brach es in zwei Hälften. Aus der weichen Mitte stieg Dampf auf. Ich biss hinein.
    »Die sind gut«, sagte ich mit vollem Mund. Ich war inzwischen beim zweiten Brötchen angelangt. Der miss trauische Ausdruck auf Larrys Gesicht wich einem leisen Lächeln.
    Dann betrat ein weiterer Mann die Küche. Er war groß und schmächtig. Seine schwarze Hose hing ihm locker um die Hüfte. Das ärmellose Unterhemd ließ den Blick auf seine tätowierten Arme und Schultern frei.
    Ich hörte auf zu kauen. Er nickte mir kurz zu und setzte sich dann neben Larry.
    »Morgen, Tyler. Hast du Hunger?« Karen hielt ihm den Korb hin. Er nahm ein Brötchen, ohne ein Wort zu sagen. Sein Kopf war rasiert, seine braunen Augen seltsam ausdruckslos. Er konnte nicht viel älter sein als Joshua, vielleicht Anfang zwanzig. Joshua räusperte sich. Ich wandte mich von Tyler ab und wurde rot. Ich hatte ihn angestarrt wie einen Affen im Zoo. Wie peinlich.
    »Ich hab gar nicht gehört, wie du gestern Nacht reingekommen bist. Warst du lange in den Weinbergen?«, fragte Joshua.
    Tyler legte einen Notizblock vor sich hin und fing an zu schreiben. Dann schob er Joshua den Block hin. Ich warf einen Blick darauf. Er hatte eine schöne Handschrift, sodass ich die Nachricht mühelos lesen konnte.
    Mitternacht. Hab Sterne beobachtet.
    Joshua seufzte. »Du solltest nachts nicht alleine herumspazieren.«
    Tyler beugte sich vor und

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