The Weepers - Wenn die Nacht Augen hat: Band 2 - Roman (German Edition)
bedeckten Matsch geschmolzen. Ich schnupperte an ihnen und legte sie schnell wieder ins Re gal zurück.
Unterdessen hatte Bobby eine Chipstüte aufgerissen und stopfte sie sich in den Mund. Nachdem er einen wei teren Schluck lauwarmes Wasser getrunken hatte, legte er die Tüte dorthin zurück, wo er sie gefunden hatte.
»Bobby«, sagte ich schließlich. »Wieso hast du dich im Kofferraum versteckt?«
Er wirbelte zu mir herum. »Ich wollte nur helfen. Jetzt bin ich an der Reihe, etwas für unsere Familie zu tun. Du kannst dir gar nicht vorstellen, was ich für ein schlechtes Gewissen hatte, weil du und Dad euer Leben riskiert habt, als ihr aus dem Bunker gestiegen seid. Ich hab mich so nutzlos gefühlt. Ich konnte nur mit Mia fernsehen oder Mom und Grandma beim Streiten zuhören. Und ihr habt da draußen nach Essen gesucht.«
»Bobby …«
»Das wird nicht noch mal passieren«, unterbrach er mich. »Ich werde nicht zulassen, dass du alles alleine ma chen musst. Ich muss auch mal was tun.«
»Aber du tust doch was. Mom und Mia brauchen jemanden, der auf sie aufpasst«, widersprach ich ihm.
»Aber das reicht nicht. Du hast schon so viel riskiert. Bitte, Sherry. Lass mich mit Joshua den Zaun suchen. Du kannst doch zurückfahren und auf Mia und Mom aufpassen.«
Er wirkte so verzweifelt, aber was er da verlangte, war unmöglich. Ich legte eine Hand auf seine Schulter. »Bobby, ich muss mit Joshua gehen. Wir wissen schon, was wir tun. Ich glaube nicht, dass du begriffen hast, worauf du dich da einlässt. Außerdem wäre Joshua niemals damit einverstanden.«
»Aber …«, begann er mit flehender Stimme.
»Nein«, sagte ich streng. »Versprich mir, dass du stark sein wirst. Für Mia und Mom. Sie brauchen dich mehr als ich.«
Er schüttelte meine Hand von sich ab. »Okay«, mur melte er. Mit gesenktem Kopf und mehreren Wasser flaschen in den Armen verließ er den Laden.
Wieder hatte ich Mitleid mit ihm. Mit der letzten Flasche in der Hand ging ich zu Rachel hinüber. »Hier, trink«, sagte ich und hielt sie ihr hin. Sie nahm die Flasche, öffnete sie aber nicht.
Joshua und Tyler waren über den Motor eines baby blauen, von Staub und Rost bedeckten Ford Mustang ge beugt. Ich ging zu ihnen hinüber.
»Er fährt nicht mehr, oder?«, flüsterte ich.
Joshua richtete sich seufzend auf. »Er braucht Öl.«
Ich deutete auf die Ölkanister, die verstreut auf dem Boden lagen. »Was ist damit?«
»Die kannst du vergessen. Die liegen schon seit Jahren in der Sonne.«
»Dann sehen wir mal im Supermarkt nach. Wir brauchen sowieso Kameras und Proviant«, sagte ich.
»Geht nur«, sagte Tyler. »Ich komm alleine klar. Ich werd mal die Tankstelle nach Werkzeug absuchen. Das krieg ich schon hin.«
Joshua schulterte einen Rucksack und nahm meine Hand. »Wir sind gleich zurück«, sagte ich und warf einen letzten Blick auf Bobby, der neben Rachel saß. Er sah nicht auf.
Schweigend gingen wir zum Eingang des großen Costco-Supermarkts hinüber. Unsere Schritte hallten über den leeren Parkplatz. Schließlich hielt ich die Stille nicht mehr aus. »Bist du sauer auf mich?«
»Nicht auf dich. Nur dein Bruder …« Er schüttelte den Kopf.
»Ich weiß. Das war dumm von ihm«, sagte ich. »Aber ich kann ihn verstehen.«
»Wirklich?«
»Ja. Versetz dich mal in seine Lage. Was hättest du getan?«
Joshua lachte. »Ich hätte alle Warnungen ignoriert und meine eigene kleine Rettungsmission gestartet.«
»Genau.«
Der Eingang war nur noch wenige Schritte entfernt. Wir gingen langsamer, und ich zog die Pistole. Die gezackten Scherben des kaputten Vorderfensters glänzten wie Fangzähne in der Sonne. Wir stiegen darüber hinweg und betraten das Gebäude.
Der Supermarkt lag im Dunklen. Ich konnte nur vage, schattenhafte Umrisse wahrnehmen. Als wir weiter hineingingen, schaltete Joshua seine Taschenlampe ein. Alles war so sauber und ordentlich, dass es fast unheimlich wirkte. Nur wenige Sachen lagen auf dem Boden. Anscheinend hatte in dieser Gegend niemand überlebt, der den Laden hätte plündern können.
»Wohin zuerst?«, flüsterte ich.
»Zu den Medikamenten. Ich glaube, die sind da drüben.« Er richtete den Strahl der Lampe auf ein Schild vor uns, auf dem »Arzneimittel« stand. Ich blieb dicht an seiner Seite. Bis auf das Licht der Taschenlampe war alles schwarz. Joshua ließ den Strahl über die kleinen Schachteln und Pillenfläschchen auf den Regalen wandern. Die Namen der meisten Medikamente sagten mir gar
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