The Weepers - Wenn die Nacht Augen hat: Band 2 - Roman (German Edition)
auf den Boden starrte, tat er mir fast leid.
»Steig ein. Wir sollten nicht noch mehr Zeit verlieren«, sagte ich.
Bobby zwängte sich zwischen Tyler und Rachel auf die Rückbank. Ich nahm auf dem Beifahrersitz Platz.
»Du hast Glück, dass wir dich nicht wieder in den Kofferraum stecken«, sagte Joshua, als er den Motor anließ.
Bobby streckte das Kinn vor und verschränkte die Arme, sagte aber nichts.
Das Brummen des Motors übertönte die Stille. Die An spannung im Auto war mit Händen zu greifen und erstickte uns förmlich.
Beschämt sank Bobby noch tiefer in den Sitz. Unsere Blicke trafen sich im Rückspiegel. Er ließ die Fingerknöchel knacken. Das hatte er als kleines Kind immer gemacht – kurz bevor er angefangen hatte zu weinen.
Ich wandte mich ab und betrachtete die vorbeiziehende Wüste.
Ich saß auf der Mauer und ließ den Blick durch den Garten schwei fen. Bald würden wir Safe-haven für immer verlassen.
Mit einem Mal hörte ich Gelächter. Schulter an Schulter schlen derten Tyler und Rachel auf den Apfelbaum zu.
Ich duckte mich und beobachtete sie weiter. Ich war nicht weit weg, aber sie waren so sehr miteinander beschäftigt, dass sie mich nicht bemerkten. Tyler deutete auf etwas neben einem Ast. Ich konnte es nicht erkennen, doch Rachel lächelte. Tyler lief ins Haus und kehrte bald darauf mit einem Honigglas zurück. Er goss ein paar Tropfen auf Rachels ausgestreckte Handfläche. Ich konnte die klebrige Süße fast auf der Zunge spüren.
Plötzlich näherte sich etwas mit flatternden Flügeln. Ein winziger Kolibri schwebte, angelockt vom Honig, nur Zentimeter über Rachels Hand. Seine Federn schimmerten Blau und Grün. Er war wunderschön.
Glücklich beobachtete Rachel den Vogel. Tyler dagegen hatte nur Augen für sie. Langsam breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus.
Vier
Joshua hielt im Schatten unter dem Dach der Tankstelle. Der Supermarkt befand sich auf der anderen Seite des Parkplatzes.
»Wir sollten uns aufteilen«, sagte ich. »Tyler, willst du bei Rachel bleiben und dich mal nach Benzin umsehen?« So konnten sie beide im Schatten bleiben, und Rachel musste nicht so weit laufen.
»Und ich?«, fragte Bobby.
Eigentlich hatte ich ihn im Auge behalten wollen, aber wer konnte wissen, was im Supermarkt auf uns lauerte? Ihn mitzunehmen war viel zu gefährlich. Ich zögerte.
»Er kann bei uns bleiben«, sagte Tyler.
Ich lächelte dankbar. »Super. Bobby, sehen wir uns erst mal im Tankstellenshop nach Wasser um.« Ich nickte ihm zu. So konnte ich unter vier Augen mit ihm reden.
»Dann kümmere ich mich unterdessen um ein zweites Auto«, sagte Joshua. »Tyler, kannst du mir dabei helfen? Schließlich musst du Rachel und Bobby zurückfahren.« Gemeinsam machten sie sich daran, die drei verlassenen, staubigen Fahrzeuge zu überprüfen, die vor der Werkstatt standen. Rachel lehnte sich gegen die Mauer.
Bobby und ich gingen zum Tankstellenshop hinüber. Die Tür war abgeschlossen, die Fenster noch intakt.
»Vorsicht!«, rief Bobby. Ich drehte mich um und sah, dass er einen großen Stein aufgehoben hatte. Er war so schwer, dass er ihn mit beiden Händen halten musste. Bobby holte aus und warf den Stein genau durch das Fens ter der Tankstelle. Das Glas zerbrach, die Scherben fielen mit lautem Klirren auf den Boden. Komischerweise war es eine große Befriedigung für mich, zu beobachten, wie etwas zu Bruch ging.
Ich streckte beide Daumen nach oben. »Gute Arbeit.«
Wir stiegen über die Scherben in den Laden. Die Regale waren zum Teil noch gefüllt, doch die meisten Nahrungsmittel waren so verschimmelt, dass wir uns wahrscheinlich damit vergiften würden. Ganz besonders mit den Sandwiches, die nur noch aus grünem Staub be standen.
Im Kühlschrank standen noch Flaschen mit Wasser, Cola und anderen Getränken, doch die Hitze hatte die Flüssigkeit verdunsten lassen. Nur in den Colaflaschen war noch ein brauner, klebriger Rest, der meiner ausgedörrten Kehle kaum Linderung verschaffen würde. Dann entdeckte ich zwei halbvolle Wasserflaschen. Eine reichte ich Bobby, die andere setzte ich an die Lippen. Das Was ser war warm und schmeckte nach Plastik, glitt aber trotz dem wie göttlicher Nektar meine Kehle hinunter. Ich konnte nicht aufhören zu trinken.
»Eklig«, stammelte Bobby und wischte sich mit der Hand den Mund ab.
»Vielleicht ist im Supermarkt noch mehr Wasser.« Ich fühlte mich schon besser.
Die Schokoriegel waren zu einem unförmigen, mit einer weißen Schicht
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