The Weepers - Wenn die Nacht Augen hat: Band 2 - Roman (German Edition)
hier hatte auch er kurzgeschnittenes Haar. Mir fiel auf, dass Alexis und ich die einzigen waren, die lange Haare hatten. Der Typ ging auf uns zu. Über seine Stirn, seine Augenbraue und seine Wange verlief eine Narbe.
Er sah uns an, als kämen wir von einem anderen Planeten. »Wo hast du die denn aufgegabelt?«, fragte er.
»In der Nähe von …«, fing Alexis an, doch Joshua unterbrach sie.
»Wir sind von der anderen Seite des Zauns«, sagte er mit fester Stimme. »Wir suchen das Labor.«
»Von der anderen Seite?« Quentin kniff die Augen zusammen. »Wir nehmen nur Waisen auf der Flucht vor dem Militär bei uns auf. Keine Streuner aus dem Ödland. Wie seid ihr überhaupt über den Zaun gekommen?«
Seine Augen schienen Löcher in meinen Schädel zu bohren. Trotzdem hielt ich seinem Blick stand. »Wir sind unter ihm durch gekrochen. Durch einen Tunnel«, sagte ich. Jetzt änderte sich sein Gesichtsausdruck. Anscheinend hatte er von diesem Tunnel gehört.
»Der Tunnel«, sagte er langsam.
Eine kleinere Gruppe hatte sich um uns versammelt und lauschte aufmerksam.
»Außerdem suchen sie nach jemandem«, sagte Alexis. Sie warf Quentin einen Blick zu, woraufhin sich dieser etwas entspannte.
»Ich bin Quentin.« Er streckte die Hand aus. »Tut mir leid, aber wir müssen vorsichtig sein.«
Wir gaben uns die Hände und stellten uns vor. Einige der Kids beobachteten uns weiterhin mit argwöhnischer Miene. Das konnte ich ihnen nicht verdenken.
Wir betraten eine kleinere Kammer, in der Schlafsäcke auf Holzkisten ausgebreitet waren, um sie vor dem feuchten Boden zu schützen. Ich zählte zweiundvierzig davon.
»Die könnt ihr haben, die sind frei«, sagte Quentin und deutete auf drei Schlafsäcke in der hinteren Ecke.
Ich legte den Rucksack ab und setzte mich auf die knarrenden Holzkisten. Die harten Bretter rochen mod rig. Tyler rollte sich auf einem freien Platz zusammen und drehte uns den Rücken zu. Er hatte seit Stunden nicht gesprochen.
»Ich bin da hinten«, sagte Quentin und deutete auf einen Durchgang am anderen Ende der Kammer, bevor er zusammen mit Alexis davonmarschierte. Wahrscheinlich würde er sie jetzt lang und breit über uns ausfragen.
Joshua legte sich neben mich und legte einen Arm um meine Schultern.
»Das ist nicht richtig«, flüsterte ich. »Die leben hier unten in der Kanalisation wie die Ratten.«
»Ich weiß«, sagte Joshua. »Hier ist es noch schlimmer als auf unserer Seite.«
»Ich vermisse Safe-haven.« Und es stimmte. Das hätte ich mir nie träumen lassen.
Joshua nickte nachdenklich. »Wir müssen mit Quen tin über das Heilmittel reden, obwohl ich ihm eigentlich nur so wenig wie möglich verraten will. Ich weiß immer noch nicht, ob wir den Undergrounders trauen können.«
»Da bleibt uns wohl keine andere Wahl. Glaubst du, dass Quentin uns helfen kann?«
»Das hoffe ich«, sagte Joshua. Er stand auf und zog mich mit sich. »Na los, finden wir’s raus.«
Der Durchgang, den uns Quentin gezeigt hatte, führte in einen etwa drei Meter breiten und zwanzig Meter langen Abwasserkanal. Dort standen ein langer Tisch mit etwa einem Dutzend Stühlen neben einer behelfsmäßig eingerichteten Küche. Quentin und Alexis saßen bereits am Tisch, und wir nahmen ihnen gegenüber Platz. Hinter ihren Köpfen hingen Fotos an der Wand. Die Glühbirne flackerte, sodass die Gesichter darauf nur undeutlich zu erkennen waren.
»Alexis hat mir von deinem Bruder erzählt. Ich glaube, dass es nicht viel Sinn hat, nach ihm zu suchen. Selbst wenn er die Schüsse überlebt hat – was ich bezweifle – ist er inzwischen längst tot. Du hättest ihn sowieso nicht befreien können«, sagte Quentin. »Ein paar Meilen von hier ist eine Militärbasis, in der Waffen gelagert werden. Wir wissen es nicht genau, aber wir vermuten, dass sie dort Menschenversuche durchführen.«
»Kannst du uns in die Basis bringen?«, fragte ich.
Quentin lachte bitter. »Hast du nicht zugehört? Dein Bruder ist tot. Selbst wenn ich euch da reinbringe, würdet ihr sie auf keinen Fall lebend verlassen.«
»Der eigentliche Grund, warum wir hier sind, ist das Heilmittel«, sagte Joshua entschieden.
Quentins Lächeln verschwand. »Das ist unmöglich.«
»Weißt du, wo sie es aufbewahren?«
Quentin schüttelte den Kopf. »Ich weiß noch nicht mal, ob es das Mittel überhaupt gibt. Und auch wenn ich wüsste, wo es ist, würden wir niemals rankommen. Es ist mit Sicherheit schwer bewacht, da kann man nicht ein fach so
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