The Weepers - Wenn die Nacht Augen hat: Band 2 - Roman (German Edition)
mich an sich. Offenbar dachte er, dass ich noch schlief. »Ich hab Angst«, flüsterte er. Seine Stimme war so leise, dass ich einen Augenblick lang dachte, ich hätte mir seine Worte nur eingebildet. Ich hätte ihn so gerne gefragt, ob es ihm besser ging.
3 Minuten und 21 Sekunden später holte Joshua tief Luft, und seine Muskeln entspannten sich.
Ich zwang mich ebenfalls, ruhig zu atmen.
Ein und aus.
Ein und aus.
Was, wenn unser Plan schiefging?
Joshua rüttelte an meiner Schulter. »Wach auf, Sherry. Der Regen hat aufgehört.«
Ich tat so, als würde ich aufwachen und blinzelte in die Sonnenstrahlen, die vorsichtig durch die Bäume lugten. Joshua beugte sich vor und wischte mir das Haar aus dem Gesicht, um mir einen Kuss zu geben. Dann sah er mich prüfend an. »Alles okay?«
»Ja.«
Offenbar glaubte er mir nicht.
Auch Tyler bewegte sich auf dem Rücksitz, erwachte aus seinem simulierten Schlaf.
Ich öffnete die Tür, stieg aus, streckte mich und atmete die kühle Luft, um einen klaren Kopf zu bekommen. Ein paar Sekunden später stand Joshua an meiner Seite.
»Was ist los?«, fragte er und streichelte sanft meine Schulter.
Ich starrte auf meine Füße. »Ich hab dich gesehen.«
Schweigen.
Ich hob die Hand.
Voller Scham verzog er das Gesicht und drehte mir den Rücken zu.
»Ich wollte es nicht«, sagte ich. »Als ich aufgewacht bin, hatte ich Angst, weil du nicht da warst.«
»Hast du nicht gerade noch geschlafen?« Seine Stimme klang gereizt.
»Ich … nein. Hab ich nicht«, gab ich zu.
Darauf sagte Joshua nichts.
Ich wollte nach seiner Hand greifen, hielt mich aber zurück. »Du musst das nicht alleine durchstehen. Du weißt, dass ich für dich da bin.«
Joshua wandte sich wieder mir zu. »Du verstehst das nicht, Sherry. In den letzten Jahren habe ich so viel Tod gesehen – ich dachte wirklich, ich könnte es mit allem aufnehmen. Aber jetzt … mein Vater? Du kannst dir nicht vorstellen, was ich durchmache.«
Ich berührte seinen Arm. »Ich würde niemals behaupten, dass ich weiß, wie hart es für dich ist. Aber du bist nicht allein, Joshua. Du musst es nicht allein mit der gan zen Welt aufnehmen. Du hast ja mich.«
Einen Augenblick lang wirkte er verwirrt. »Du weißt nicht, was ich durchmache. Das weiß niemand.«
Ein Gefühl von Enttäuschung machte sich in mir breit. »Du bist nicht der einzige, der jemanden verloren hat und deshalb trauert.«
»Wir haben jetzt keine Zeit für so was. Wir müssen das Heilmittel finden. Das ist alles, was zählt«, sagte Joshua, als hätte er nicht gehört, was ich gerade gesagt hatte. Meine Enttäuschung verwandelte sich in Wut.
»Du hast recht. Wir dürfen keine Zeit verlieren«, sagte ich nüchtern. Doch insgeheim fühlte ich mich, als würde ich gleich explodieren.
Vier Stunden später erreichten wir die Rockies. Seit wir nach der Rast aufgebrochen waren, hatte niemand ein Wort gesprochen. Joshua fuhr von der Straße ab und versteckte den Wagen in einem kleinen Wäldchen. Wir waren noch immer mehrere Meilen vom Labor entfernt.
Tyler beugte sich vor und betrachtete die Karte auf meinem Schoß. »Zu Fuß wird es Stunden dauern, bis wir das Labor finden. Und noch länger, wenn wir uns dabei verirren.«
»Ich weiß, aber ich will kein Risiko eingehen. Ohne Auto werden sie uns nicht so leicht aufspüren können. Wahrscheinlich hat das Militär Patrouillen um das Labor und die Wohnquartiere der Wissenschaftler im Einsatz. Zu Fuß haben wir bessere Chancen«, erklärte Joshua.
Wir verließen das Auto und standen im sanften Niesel regen. Ich schloss den Reißverschluss meines Kapuzenpullis, damit mir die Kälte nicht in die Knochen kroch. Bis auf das Knarren alter Baumrinde, dem Rascheln der Blätter und dem gelegentlichen Schrei eines Vogels war nichts zu hören.
»Wo lang?«, fragte ich.
Joshua sah sich um. »Runter von der Straße.« Er warf einen Blick auf die Karte, die ich auf der Motorhaube ausgebreitet hatte. »Quentin hat gesagt, dass das Labor etwas höher in den Bergen liegt. Den genauen Standort der Wohnquartiere kannte er allerdings nicht. Wir müssen erst mal auf diese Anhöhe. Hoffentlich entdecken wir von dort aus etwas.«
Tyler schulterte seinen Rucksack, und wir machten uns auf den Weg. 1 Stunde und 7 Minuten später war unsere Suche immer noch erfolglos. Inzwischen hatte der Regen unsere Kleidung völlig durchnässt.
»Bist du sicher, dass wir nicht im Kreis gehen?«, fragte ich. Ich hätte schwören können, dass mir die
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