The Weepers - Wenn die Nacht Augen hat: Band 2 - Roman (German Edition)
bereits verraten, wo sich das Labor befand. Falls er sich noch einmal in das System hacken konnte, würden wir vielleicht auf neue Beweise gegen die Regierung stoßen. Mit seinen technischen Fähigkeiten konnte er womöglich sogar das Video für uns zusammenstellen und auf Sendung bringen. Ich bekam eine Gänsehaut. Zum ersten Mal glaubte ich wirklich, dass die Macht, die Dinge zu ändern, in unserer Reichweite war. Jetzt musste ich nur noch Quentin irgendwie dazu überreden, uns zu helfen.
»Hast du danach nicht nochmal darüber nachgedacht, die Regierung zu stürzen?«, fragte ich vorsichtig.
Quentin schüttelte den Kopf. »Ich komme nicht mehr in ihr System, zumindest nicht von hier aus. Sie haben es völlig abgeschottet. Ich müsste schon an ein Computerterminal in einem ihrer Gebäude gelangen, um das zu schaffen.«
»Bist du dir da sicher? Hast du’s schon mal versucht?«
»Natürlich hab ich es versucht«, antwortete er wütend. »Aber inzwischen müsste ich schon für das Militär ar beiten, um wieder in das System gelangen zu können. Und das werde nicht nochmal tun. Niemals.«
»Ich werde nicht in das Ödland zurückkehren, solange es noch Hoffnung auf ein friedliches Leben hinter dem Zaun gibt.« Ich spürte, wie Entrüstung in mir aufstieg. »Joshua und ich werden in dieses Labor einbrechen und das Heilmittel für die Überlebenden im Ödland stehlen. Und sobald wir wieder zurück sind, bin ich fest ent schlossen, den Leuten auf dieser Seite des Zauns die Wahr heit zu zeigen. Ich werde nicht zulassen, dass diese beschissene Regierung damit durchkommt.«
»Na prima. Aber dabei bist du auf dich allein gestellt. Das ist ein Himmelfahrtskommando«, sagte Quentin.
Am liebsten hätte ich losgeschrien. »Wenn du uns helfen würdest, hätten wir eine Chance.«
»Das ist nicht mein Krieg«, sagte er teilnahmslos.
»Wie kannst du so etwas sagen? Dieser Kampf geht alle an, Quentin. Die Welt geht den Bach runter. Wir müssen das ändern, damit diese Kids hier …«, ich deutete auf die jüngsten Undergrounders, »… nicht in Angst leben müssen.«
Doch er hörte mir schon gar nicht mehr zu. »Ich muss für die Sicherheit dieser Kinder sorgen. Genau deshalb will ich nichts mit eurem Plan zu tun haben.«
Er wagte nicht, mir in die Augen zu sehen. Stattdessen stand er auf und ging davon. Alexis folgte ihm.
Niedergeschlagen vergrub ich meinen Kopf in den Händen und versuchte, die Tränen zurückzuhalten. Einige Zeit später hörte ich jemanden näherkommen; es war Joshua.
Ich riss mich zusammen und setzte mich auf. »Wie geht’s dir?«
Er sah weg. »Gut«, sagte er. Offensichtlich hatte er nicht bemerkt, dass das bei mir nicht der Fall war.
»Willst du reden?« Ich griff nach seiner Hand.
»Nein. Mir geht’s prima .«
Ich versuchte, den Schmerz über diese Zurückweisung herunterzuschlucken.
»Wann suchen wir nach diesem Labor?«, fragte ich und zwang mich, ruhig zu bleiben.
»Morgen früh bei Sonnenaufgang. Quentin sagt, dass man die Stadt bei Tag leichter durchqueren kann.«
»Was ist mit Tyler?«
Joshua stand auf. »Wir müssen mit ihm reden. Vielleicht will er ja lieber hierbleiben.«
Ich folgte Joshua ins Schlafquartier. Eine einzelne Glühbirne erhellte den Raum. Auf dem Bett in der Ecke konnte ich eine Gestalt ausmachen. Wir gingen auf sie zu, doch Tyler bewegte sich nicht. Ich sah Joshua an, dann stellte ich mich hinter Tyler und berührte seine Schulter. Er zitterte. »Alles klar?«
Blöde Frage.
»Wir müssen mit dir über unsere Pläne reden«, sagte Joshua. Im stillen Raum klang seine Stimme zu laut und zu grob.
Langsam rollte sich Tyler herum. Seine Augen starrten ins Nichts, seine Haut war blass.
»Quentin hat uns gezeigt, wo wir das Labor suchen müssen, in dem sie höchstwahrscheinlich das Heilmittel aufbewahren. Es ist in den Rockies. Wir wollen morgen aufbrechen«, sagte ich behutsam.
Er nickte, antwortete aber nicht.
»Wenn du lieber hierbleiben willst, ist das kein Problem. Sherry und ich gehen allein«, sagte Joshua.
Tyler setzte sich auf und starrte Joshua an. »Nein, ich komme mit. Weshalb sollte ich hierbleiben?«
Joshua zögerte mit seiner Antwort. »Es wird nicht einfach werden, und wir können nicht riskieren, dass einer von uns die Nerven verliert. Das wäre das Ende unseres Plans, und wahrscheinlich auch unser Ende. Wenn du glaubst, dass du es nicht schaffst, dann raus mit der Sprache.«
Joshua sagte die Wahrheit, doch ich wünschte mir, er hätte sie
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