The Weepers - Wenn die Nacht Augen hat: Band 2 - Roman (German Edition)
eingeschla genen Scheinwerfern.
»Glaubst du, dass die Leute hier wissen, was wirklich vor sich geht?«, fragte ich und blickte Joshua an. »Was werden sie tun, wenn sie von den Weepers erfahren? Oder von den Kindern in der Kanalisation – oder von uns im Ödland?«
»Vielleicht wollen sie es gar nicht wissen. Sie haben ihre eigenen Probleme. Sie machen sich Sorgen um ihre Jobs und kümmern sich um ihre Familien. Das letzte, worüber sie nachdenken, sind wahrscheinlich Verschwörungstheorien über die Regierung«, sagte Joshua.
Ich konnte nicht glauben, dass die Menschen die Pro bleme ignorieren würden, wenn wir ihnen erst die Wahrheit sagten. Alexis hatte von Ausschreitungen an der Ostküste berichtet. Die Leute wollten eine Veränderung, da war ich mir sicher.
Ich lehnte mich zurück und schloss die Augen. Sofort sah ich Bobby vor mir, von Kugeln durchsiebt. Ein heißes Gefühl wallte in meiner Brust auf. Ich blinzelte das Brennen in meinen Augen weg und sah aus dem Fenster. Wir mussten es einfach schaffen. Für Bobby.
Die Umgebung wurde zunehmend bewaldeter, je weiter wir uns den Bergen näherten. Die Steigung verlangsamte unsere Fahrt. Regentropfen klatschten gegen das Auto. Wir sahen so gut wie gar nichts mehr.
»Ich muss anhalten«, sagte Joshua und rieb sich die Augen. »Die Sicht ist zu schlecht, um weiterzufahren. Außerdem könnte ich mal eine Pause gebrauchen.«
Ich warf einen Blick auf die Uhr am Armaturenbrett – es war fast zwei Uhr nachmittags. Wir waren seit 6 Stun den und 53 Minuten ohne Unterbrechung unterwegs. Mit einem Mal bemerkte ich, wie hungrig ich war. Quentin hatte uns Flaschen mit Regenwasser, abgelaufene Kekse und geräuchertes Rattenfleisch mitgegeben.
Wir bogen in einen schmalen Feldweg, der sich durch den dichten Wald die Hügel hinaufschlängelte. Die Blätter an den Bäumen waren bereits abgestorben und bildeten eine gelbe und orangefarbene Wand. Viele der Bäume waren tot, nichts weiter als graue Stümpfe, die mit ihren dünnen Fingern in den Himmel ragten. Joshua hielt den Wagen an. »Wir bleiben erst mal hier. Einen besseren Platz zu suchen, ist zu riskant.«
Tyler kramte in seinem Rucksack herum und gab jedem von uns zwei Kekse und ein Stück Ratte. Ich biss in das sehnige, gummiartige Fleisch und spülte es mit ein paar Schlucken Wasser hinunter. Ein metallischer Ge schmack breitete sich in meinem Mund aus.
»Nicht gut?«, fragte Joshua.
Ich zuckte mit den Schultern. »Besser als nichts.«
Tyler verzog beim Trinken das Gesicht, sagte aber nichts.
Ich stopfte mir die Kekse in den Mund. Sie schmeck ten wie Staub, waren aber immerhin süß. Nach dem Essen s chwiegen wir.
Joshua streckte die Arme aus und ließ die Fingerknö chel knacken, bevor er sich wieder in den Sitz zurückfallen ließ. »Wir warten ab, bis das Wetter besser wird«, sagte er. »In der Zwischenzeit können wir uns ja ein bisschen aufs Ohr hauen.«
Als ich aufwachte, hatte es aufgehört zu regnen. Die Uhr auf dem Armaturenbrett stand auf halb vier; ich hatte über eine Stunde geschlafen. Angst erfasste mich. Der Fahrersitz war leer. Ich legte die Hand auf den Sitzbezug – er war noch warm.
Ich drehte mich um. Tylers Kinn ruhte auf seiner Brust, und er schnarchte leise. Ich kroch auf Joshuas Sitz und sah aus dem Fenster. In den Schatten ringsum war er nirgendwo zu entdecken. Ich stolperte aus dem Auto und streckte meine prickelnden Beine aus. Da hörte ich ein Geräusch.
Ich fuhr zusammen. Es kam von hinter mir. Langsam schlich ich darauf zu. Joshua. Er hockte gegen einen Baum gelehnt auf dem Boden und hatte das Gesicht in den Händen vergraben. Seine Schultern zitterten. Er weinte.
Ich war hin und her gerissen – sollte ich meinem Bedürfnis, ihn zu umarmen, nachgeben oder ihm seine Ruhe lassen? Ein Gefühl tiefer Hilflosigkeit und eine leichte Übelkeit überkamen mich. Was sollte ich jetzt tun? Schließlich entfernte ich mich wieder so leise, dass er mich nicht hörte. Joshua sah nicht auf. Mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend kauerte ich mich auf dem Autositz zusammen.
»Alles klar?«, fragte Tyler. Seine Stimme erschreckte mich.
»Ich weiß nicht.« Das war die Wahrheit. »Ich glaube, Joshua geht’s nicht besonders gut.«
Tyler nickte nur.
Aus den Augenwinkeln sah ich Joshua auf das Auto zugehen. »Er kommt«, flüsterte ich und schloss die Augen. Einen Augenblick später strömte kühle Luft in den Wagen, und ich hörte, wie Joshua die Tür hinter sich zuzog.
Er zog
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