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Thea und Nat

Thea und Nat

Titel: Thea und Nat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Korn
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heiß?« fragte Nat.
    Er drückte einen der Knöpfe. Theas Fenster senkte sich. Thea atmete durch und dachte, daß die Luft nach Gas roch. Doch der Schwindel ließ nach.
    »Hast du das getan?« fragte sie.
    »Traust du mir das zu?«
    Thea antwortete nicht. Sie schluckte am scharfen Geschmack der Luft und legte den Kopf in den Gurt. Die Straßen schwammen an ihr vorbei und schienen zu einer anderen Stadt zu gehören. Thea erkannte ihre Straße erst, als Nat den Motor abstellte.
    »Stimmt das mit dem Vertrag?«
    »Ja«, sagte Thea, »sie versuchen es noch mal mit mir.«
    Thea haßte es, zu früh wach zu werden.
    Im Dunkel liegen und denken müssen.
    Nichts wegwischen können. Die Gedanken klebten an ihr.
    Was traute sie Nat zu? Daß er Louise getötet hatte? Daß an ihm eine wundersame Heilung geschehen war, die er ihr verschwieg? Daß er und der Kleine in einem Bündnis standen?
    Trockne deine Tränen, hatte sie am Nachmittag gesagt. Tränen, die Nat vergoß aus Angst vor dem Kleinen. Angst, daß Thea ihn traf.
    Nat auf dem Eis. Den Jungs den Puck abjagend. Thea, die zitternd ihre Kreise zieht, bis Nat genug hat von Kälte und Kinderspiel. Thea schüttelte sich, um das Bild abzuschütteln, das sich eingeschlichen hatte ins dunkle Zimmer.
    Der falsche Film. Zwei Jahre zu weit zurückgeblendet.
    Nat stöhnte im Schlaf.
    Nur ein Traum, Nat. Das Leben ist schlimmer.
    Thea nahm ihr Kissen und legte es hoch an den Kopf des Bettes. Sie setzte sich auf und lehnte sich an und sah in die Dunkelheit, als ob sie das nächste Bild so besser sehen könnte.
    Nat auf dem Eis. Dem Kleinen den Hockeyschläger in die Füße stellend. Der Kleine fällt.
    Nat hob den Kopf.
    »Kannst du nicht schlafen?« fragte er.
    »Erpreßt er dich?«
    »Wer?«
    »Der Kleine aus der Kirche.«
    »Du bist wirklich schon wahnsinnig.«
    »Laß dir Zeit«, sagte Thea, »die Wahrheit stirbt nicht.«
    Nat hatte einen Arm auf das Treppengeländer gelegt und horchte in den Hausflur hinein. Unten nahm Thea die letzten Stufen. Ihre Stiefelabsätze trafen hart auf den Marmor. Nat hörte ein paar Schritte, dann stand Thea still, um in den Spiegel zu schauen, der vom Steinboden bis an die Stuckdecke reichte.
    Thea blieb immer vor dem Spiegel stehen, bevor sie das Haus verließ. Wie Nat dort hielt und einen Blick nahm.
    Zwei Schritte. Thea öffnete die Tür. Nat hörte sie noch über den Gitterrost gehen, dann fiel die Tür ins Schloß.
    Im zweiten Stock trat jemand ins Treppenhaus. Nat zog sich leise zurück. Er scheute die Nachbarn und kannte kaum ein Gesicht. Doch er machte keinen allzu schlechten Eindruck damit. Keiner nahm den anderen zur Kenntnis. Lauter einzelne Leben. Nat konnte sich noch erinnern, daß es ihn mal gestört hatte.
    Theas Tasche stand auf der Kommode in der Diele. Thea nahm sie nur auf die großen Gänge mit. Thea mied die Last des Gepäcks. Lieber senkte sie alles in die Taschen von Jacken und Mänteln, um die Hände frei zu haben.
    Für eine leichtere Flucht, sagte sie.
    Nat schüttete die Tasche auf der Kommode aus und griff gleich nach der schwarzen Agenda. Er las die Adressen und fand eine in Hamburg, die er nicht kannte. Kevin, der keinen Nachnamen nötig hatte in Theas Agenda, in der auch Theas Mutter mit vollem Namen stand. Nat dachte an den Mann mit dem Chevrolet und nicht einen Augenblick an den Kleinen.
    Doch Kevin ließ keinen Schmerz in ihm klingen. Thea hatte ihn abgelegt. Nat glaubte seinen Instinkten. Trotzdem nahm er einen Zettel und notierte die Adresse. Für alle Fälle. Für den Fall Thea und ihre Hoffnung auf Flucht.
    Von den Kulis aus Theas Tasche schrieb der silberne, den er ihr geschenkt hatte, gar nicht und der andere in einem lauten Grün, das an Nats Fingern klebte, ehe er fertig war. Der Zustand der Kulis irritierte ihn. Thea machte ein ziemliches Theater um das, was sie ihr Werkzeug nannte. Ihr Sekretär war in den letzten Wochen zu einem Heiligtum geworden, an das Nat nicht kommen durfte. Das Papier lag in dicken Packen neben der Schreibmaschine und harrte der Geschichten, die Thea nicht schrieb. Sie nahm es nicht mal für die Briefe, die sie gelegentlich tippte und von deren Harmlosigkeit sich Nat spätestens dann überzeugte, wenn die Kuverts in Theas Tasche steckten.
    Nat schaute auf die grüne Schrift, die schon zerfloß, und faltete den Zettel, um ihn in die Hosentasche zu stecken. Erst da fiel ihm auf, daß er keinen von den losen Zetteln genommen hatte, die auf der Kommode lagen. Der in seiner Hand sah aus,

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