Thekenwelt - Apéritif pour trois (German Edition)
liebte sie nicht? Durfte er nicht weinen?
„ Möchten Sie sie sehen?“
„ Ja, ich denke … ja.“
Suicune öffnete die Tür respektvoll und schloss sie leise hinter Biscuit, damit er sie ungestört gehen lassen konnte. Biscuit stand am anderen Ende des Zimmers und suchte mit den Augen aus der Entfernung seine Mutter unter dem weißen Laken. Beherrscht näherte er sich dem Bett. Ihre Augen waren geschlossen und ihr karamellbraunes Haar ordentlich gekämmt. Die scharfe Nase so still, wie aus Marmor. Sie sah nicht friedlich aus. Sie sah nicht aus, als schliefe sie. Sie sah tot aus. Er wusste, streckte er die Hand nach ihrer Wange aus, fühlte sie sich kühl an. Biscuit versuchte sich zu verabschieden, aber das Einzige woran er denken konnte, war eine Zigarette. Er öffnete das Fenster.
Biscuit räusperte sich und teilte dem leblosen Körper förmlich mit: „Herzlichen Dank für die Muscheln.“ Dann drehte er sich um und verließ den Raum. Hier lag niemand mehr, den er kannte. In seiner Nase hing der Geruch von Putzmitteln und Werden und Vergehen.
Suicune erwartete ihn. Sie kannten sich schon lange und die große, hagere Frau war feinfühlig genug zu wissen, dass er weder Trost noch Beistand wollte, unabhängig davon, ob er ihn brauchte.
„ Können wir die Formalitäten heute klären? Es ist Sonntag, ich weiß, aber ich möchte die Beerdigungsplanung und den Papierkram so schnell wie möglich hinter mich bringen.“
„ Das dürfte kein Problem sein. Warten Sie bitte, ich rufe unseren Bestatter an. Im Café dürfen sie rauchen.“
Biscuit nickte und steckte sich im Park, dessen Fliederbüsche im Frühjahr üppig blühten und dufteten, eine Zigarette an. Der dünne Nieselregen legte sich wie ein feiner Perlenteppich auf den schwarzen Stoff seiner Jacke und mit einem Mal fühlte er sich unendlich verlassen.
Auf der Rückfahrt fühlte er wieder etwas Leben in sich, als er an Tornado und Kai dachte. In der trüben Suppe, in der er schwamm, erschienen sie ihm wie leuchtend rote Rettungsbojen. Vielleicht erzählte er ihnen, was geschehen war. Sicher sogar. Er führte sie in seine Lieblingstherme in den VIP-Bereich und sie ließen durchs Wasser treiben, bevor ihm sein Lieblingsmasseur Kukki Mandeso den Rücken durchwalkte. Die Aussicht hellte ihn ein wenig auf und er nahm erstaunt und befremdet zur Kenntnis, wie wichtig die beiden ihm waren. Vielleicht konnte er ihnen tatsächlich vertrauen.
„ Wann kommt er denn endlich zurück?“, quengelte Tornado ungeduldig. Er hatte schon ein paar mal bei Biscuit angerufen, aber nur die Mailbox erreicht.
„ Er sagte Nachmittag.“
„ Und jetzt ist es schon sieben! Oh Mann ich bin echt geil und ohne ihn kann ich nichts machen.“
Kai zuckte bedauernd die Schultern. „Wir könnten knutschen“, schlug er mit einer anzüglich vor. Tornado grinste und beugte sich über Kai, der auf dem Sofa lag und die vierte Folge des heutigen Drawn-together-Marathons sah.
Ihre Lippen fanden sich und versanken in einem tiefen, langen Kuss. Tornado schob seine Hand unter Kais Jeans und begann den warmen Hintern leicht zu kneten. Kai lutschte an Tornados feuchter Zunge und atmete ein bisschen schneller.
„ Du solltest dir ein Zungenpiercing stechen lassen“, murmelte Tornado und stellte sich das Metall und Kais Zunge an seinem Schwanz vor. „Das wäre bestimmt scharf ...“ Seine Hose spannte sich eng um seinen Schritt und er drückte sie gegen Kais ebenso hartes Geschlecht. „Zieh dein T-Shirt aus, bitte, Kai“.
„ Nein, wir sollen nicht.“
„ Niemand hat gesagt, dass wir nur angezogen knutschen dürfen!“
„ Wenn es dabei bleibt, okay.“
Es blieb nicht dabei, und erst als Tornado den Kopf hob, um die Uhrzeit zu checken, sah er Biscuit mit verschränkten Armen in der Schiebetür stehen. Sein Herz setzte aus. Wie lange stand er schon da?
Wutwelt
Als Biscuit die Tür aufschloss, sah er zuckende Lichter auf dem Stoff der Tür und hörte überdrehte Stimmen aus dem Wohnzimmer. Die beiden sahen anscheinend TV.
Der Anblick, der sich ihm bot, war einerseits wunderschön, aber andererseits ließ er Biscuit innerlich erstarren. Seine Erwartungen prallten mit der Realität zusammen. Seine tote Mutter, die deutliche Spuren auf seinem Befinden hinterließ, das Zerbröseln seiner abendlichen Pläne, die Wut über den Ungehorsam und seine unendliche Müdigkeit stellten sich in seinem inneren Partykeller gegenseitig vor, um gemeinsam ein wildes Fest zu
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