Themiskyra – Das Versprechen (Band 2) (German Edition)
werden.“ Zumindest hatte ich das aus dem Citeyer Biologieunterricht so im Kopf behalten. „So kann es ja sein, dass man aus Versehen seinen eigenen Bruder zugeteilt bekommt!“ Einmal mehr war ich froh, dass mein Vater nicht diesem Genpool entstammte.
„Das kann natürlich nicht passieren.“ Tetra drehte eine ihrer heiligen Listen um und malte eine Art Stammbaum auf die Rückseite. „Die erste Amazone wird beispielsweise dem Clan A zugeteilt. Falls sie einen Sohn bekommt, wird er zur Clan A zurückgebracht. Falls sie eine Tochter auf die Welt bringt, wird diese, sofern sie sich als Yashta meldet, zu einem Mitglied von Clan B geschickt. Deren Tochter wird einem Mashim aus Clan C zugeteilt, deren Tochter einem aus Clan D und deren Tochter wiederum einem aus Clan E.“ Mit jeder Filialgeneration war der gezeichnete Stammbaum gewachsen. Die Amazonenmütter und -töchter standen untereinander, die Familien der 'Shimet bildeten einseitig fünf Äste. „Und erst deren Tochter wird wieder der ersten Familie, also Clan A zugeteilt. Das heißt, es vergehen rund 100 Jahre beziehungsweise fünf Generationen, bis die Gene wieder aufeinandertreffen. Und zu diesem Zeitpunkt sind sie schon gut vermischt.“
„Das ist …“ Ich hatte furchtbar sagen wollen, aber verwandelte es im letzten Moment in ein „… faszinierend. Das heißt, Padmini war letztes Jahr beispielsweise bei Familie A und wird dann diesmal zu Familie B geschickt?“
„Nein. Sieh dir die Linie an. Padmini wird immer – das heißt insgesamt bis zu dreimal – zu Clan A geschickt.“
„Dreimal?“
„Jede Frau kann sich in ihrem Le ben dreimal als Yashta melden, es sei denn, sie erleidet eine Fehlgeburt. In diesem Fall kann sie sich ein weiteres Mal zur Verfügung stellen, wenn sie möchte.“
„Und sie wird immer demselben Mann zugeteilt?“, wollte ich wissen.
„Üblicherweise ja. Wenn nicht irgendwelche gesundheitlichen Probleme bei dem Kind auftreten oder es zu Unstimmigkeiten zwischen der Yashta und dem Vater ihres Kinds kommt. Dann geht sie das nächste Mal zu Clan B und ihre Töchter entsprechend zu Clan C und so weiter.“
Mir schwirrte der Kopf. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie ich dieses Familiengemisch entwirren sollte, noch dazu, wo der relevante Fall zweiundzwanzig Jahre zurücklag. Es drängte mich danach, Tetra nach den Namen der verschiedenen Clans zu fragen, aber ich wagte es nicht, da ich ihren Argwohn befürchtete. Kein Risiko, hallte Louis' Stimme in meinem Kopf nach.
„Und wer behält da den Überblick?“, fragte ich in der Hoffnung auf eine Chronik oder meinetwegen auch eine Liste. Eine lange Liste.
„Atalante. Sie ist auch die Einzige, die weiß, wo sich die verschiedenen Clans aufhalten.“
„Warum das denn?“
„Weil nicht auszuschließen ist, dass Mutterliebe doch das stolze Amazonenherz überwiegt und eine Frau, die einen Buben zur Welt gebracht hat, versucht, Kontakt mit der entsprechenden Familie aufzunehmen, um ihn wiederzusehen.“ Durchaus vernünftig, fand ich, aber mich fragte ja keiner. „Auch die jungen 'Shimet werden dazu angehalten, während ihrer Zeit in den Sommerhäusern nichts darüber verlauten zu lassen.“
„Kennen sich die Clans untereinander?“
„Ich kann es mir vorstellen, aber sicher weiß ich es nicht. Sie leben an verschiedenen Orten und treffen, soweit es uns betrifft, nur aufeinander, wenn die Babys übergeben werden.“
„Hm.“ Das brachte mich auch nicht weiter. „Aber Atalante kann sich doch unmöglich generationenlang merken, wer mit wem wann welches Kind gezeugt hat. Da hat sie doch bestimmt eine Chronik oder meinetwegen auch eine Liste?“ Damit lehnte ich mich schon ziemlich weit aus dem Fenster, aber ich musste es versuchen.
Tetra schien verwirrt. „Nun, sie wird das schon irgendwo festhalten, so wie Alkippe es getan hat, und es gibt die Jahresbücher. Aber warum willst du das wissen? Hast du irgendwo eine mutierte Amazone entdeckt und versuchst herauszufinden, wie es dazu kam?“, neckte sie mich.
„Es interessiert mich einfach“, erwiderte ich so gleichgültig wie möglich, aber Tetra sah mich immer noch aufmerksam an.
„Willst du dich melden? Du bist noch zu jung.“
Mit siebzehn zu jung, mit zwanzig fast schon zu alt – das sollte eine verstehen!
„Offiziell bin ich schon achtzehn“, sagte ich triumphierend. Meine Mutter und Tetra hatten meinen Geburtstag ja ein halbes Jahr vorverlegt, damit es keine Ungereimtheiten in meiner beziehungsweise
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