Themiskyra – Das Versprechen (Band 2) (German Edition)
lehnte mich an die Box hinter mir an. Meine Mutter kniete mir gegenüber, hielt mir eine Wasserflasche hin, aber ich schüttelte den Kopf.
„Es ist alles meine Schuld“, flüsterte ich und kämpfte mit den Tränen. „Ich bin schuld, dass …“
„Wie kannst du so etwas sagen“, unterbrach sie mich.
Erneut setzte ich an, mit festerer, lauterer Stimme. „Ich wollte nicht, dass sie so spät losreitet, doch sie hat mich nur ausgelacht. Aber wenn ich darauf beharrt hätte, wenn ich richtig nachgedacht hätte, wenn ich mich nicht so darüber gefreut hätte, dass L…“
„Hör auf damit“, schnitt sie mir energisch das Wort ab und mein Mund schnappte zu. „Es bringt überhaupt nichts, wenn du dir jetzt Vorwürfe machst. Ich weiß, dass du nie etwas tätest, was deine Schwester in Gefahr brächte, und ich weiß, dass Polly kaum von etwas abzubringen ist, das sie sich in den Kopf gesetzt hat.“
Im Augenwinkel sah ich, dass Louis erstarrt war. Er wusste, was ich hatte sagen wollen. Und mir wurde klar, wenn ich mein Vorhaben durchgeführt hätte, hätte ich nicht nur mich, sondern auch ihn ins Unglück gestürzt. Er hätte Themiskyra, hätte Dante verlassen müssen, wenn ihm nicht eine schlimmere Bestrafung gedroht hätte.
Kopflos. Dumm. Leichtsinnig, tobte mein Verstand. Und es hätte deine Schuld nicht im Mindesten verringert. Im Gegenteil. Ich schluckte.
„Schuldzuweisungen sind völlig sinnlos. Wir müssen jetzt alles daran setzen, Polly wiederzufinden.“ Meine Mutter schien sich einigermaßen gefangen zu haben und stand auf. Sie war nun wieder im Paiti-Modus. Probleme lösen. Die Panik ignorieren. Handeln. „Welche Strecke habt ihr genommen?“
„Ich nehme an, dass sie auf derselben Route geritten ist, die wir auch auf dem Hinweg genommen haben“, sagte ich und wühlte fahrig in einer meiner Taschen herum, bis ich die gefaltete, selbstgemalte Karte zutage förderte.
Atalante nahm sie mir aus der Hand. „Ich werde sofort eine Versammlung einberufen. Bleib noch einen Augenblick sitzen, bis es dir wieder besser geht. Ich schicke dir jemanden vorbei, der dich mit ins Haus nimmt. Wir werden deine Schwester finden“, teilte sie mir mit glühendem Blick mit, dann wandte sie sich um und eilte aus dem Stall.
Ich verbarg das Gesicht in immer noch zitternden Händen.
„Ell“, hörte ich Louis' sanfte Stimme und spürte, wie er neben mir in die Hocke ging und meine Hand in die seine nahm, aber ich konnte ihn nicht ansehen. Es war einfach alles zu schrecklich. Ich konnte nicht denken, wollte nichts sehen, nichts hören, nichts fühlen.
„Ich hätte nie zur alten Mühle kommen dürfen“, sagte er nach ein paar Minuten leise, aber in seiner Stimme konnte ich die unterdrückte Wut auf sich selbst deutlich heraushören.
Nun sah ich ihn doch an. Der gequälte Blick in seinen Augen war kaum zu ertragen. „Wahrscheinlich war es ein Fehler, ja. Aber es ist nicht deinetwegen passiert. Ich hätte einfach nicht zulassen dürfen, dass sie so spät noch alleine reitet.“ Ich atmete tief durch und versuchte, auf die Beine zu kommen. Louis nahm meinen Arm und half mir dabei. „Louis, ich muss sie finden“, sagte ich entschlossen. „Ich muss. Wenn ihr etwas zugestoßen sein sollte …“
„Bei Artemis, Ell, ich …“, platzte plötzlich eine Stimme in die sonstige Stille des Stalls und verstummte abrupt. Genauso abrupt ließ Louis meinen Arm los. Heute ging einfach alles schief. Die aufwühlenden Ereignisse hatten uns zu unvorsichtig werden lassen. Ich blickte in die Richtung, aus der der Ausruf gekommen war, und sah Victoria im Gang stehen, die uns misstrauisch musterte. Ohne Louis eines weiteren Blicks zu würdigen, humpelte ich auf sie zu. Wenn ich die Situation ignorierte, würde Victoria das vielleicht angesichts der aktuellen Lage auch tun.
„Polly ist verschwunden.“
„Ja, ich habe es schon gehört.“ Sie wirkte noch blasser als sonst und in ihren Augen sah ich Angst aufflackern. „Ich soll dich ins Haus bringen.“
Ich zögerte. „Das Gepäck …“
„Das holen wir nachher.“
Also schulterte ich nur meine Tasche. Für einen Sekundenbruchteil blieb mein Blick an dem von Louis hängen –
Ich hasse es, dich verleugnen zu müssen.
Ich weiß, mach dir keine Sorgen deswegen.
– dann wandte ich mich zu Victoria um.
Sie legte ihren Arm um mich und während wir in Richtung Kardia gingen, fragte sie mit gedämpfter Stimme: „Was war das denn eben?“
„Hm?“, machte ich, unfähig zu
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