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Themiskyra – Die Begegnung (Band 1) (German Edition)

Themiskyra – Die Begegnung (Band 1) (German Edition)

Titel: Themiskyra – Die Begegnung (Band 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dani Aquitaine
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und ich klappte den Mund wieder zu.
    „Die Buben wachsen nicht mutterlos auf, weißt du.“ Sie nahm den Reißverschluss aus meinen verkrampften Fingern und löste scheinbar mühelos den eingeklemmten Stoff. „Sie kommen zu ihren Familien und werden von Pflegemüttern aufgezogen und von anderen weiblichen Verwandten. Uns liegt daran, dass es ihnen gut geht, da wir später wieder auf sie angewiesen sind.“
    Ich seufzte und schälte mich endlich aus meiner Jacke. „Ich weiß. Ach Polly, das war einfach ein furchtbarer Tag heute.“
    „Glaub ich dir. Aber sieh es mal positiv – du hast das Wunder des Lebens , wie es unsere liebe Mutter ausdrücken würde, hautnah mitbekommen.“ Sie lächelte mich gespielt salbungsvoll an.
    „Ja, danke auch“, schnaubte ich. „Darauf hätte ich lieber verzichtet.“
    „Wieso?“
    „Frag nicht.“ Mit Mühe wand ich mich aus den klebrig-nassen Sachen und schlüpfte in die trockene Kleidung und meine Stiefel. Dann ließ ich mich wieder auf die Bank fallen und lehnte meinen Kopf an die Holzvertäfelung. „Uff“, sagte ich. „Danke.“
    Sie setzte sich neben mich und zog einen Kamm aus der Tasche. „Dreh dich mal rum.“ Sanft begann sie, meine zerzausten, klammen Haare zu entwirren.
    „Da ist noch was.“ Ich wusste, dass ich meine Schwester nicht damit behelligen sollte, aber wir hatten einen Deal und ich hoffte, dass das zentnerschwere Gewicht, das auf meinem Herzen lastete, etwas leichter würde, wenn ich mich Polly anvertraute. „Wegen … des Arbeiters. Wegen Louis.“
    Als ihr nach ein paar Minuten klar wurde, dass ich nicht von selbst mit der Sprache herausrücken würde, sagte sie: „Du hast es ihm gesagt und er hat es nicht gut aufgenommen, nehme ich an.“
    „Ja. Das heißt, nein, ich hab es ihm nicht gesagt. Aber schon die Andeutung, dass ich etwas zu sagen hätte, hat die Situation eskalieren lassen. Er war total wütend und ich war nicht darauf vorbereitet.“
    „Arsch.“
    „He!“, fuhr ich auf.
    „Nicht du. Er!“, stellte sie richtig.
    „Er? Nein, ich habe es einfach völlig falsch angepackt.“
    „So ein Quatsch!“, echauffierte sich meine Schwester. „Du hast weiß Artemis was auf dich genommen, um an die Informationen zu kommen – und ich erst! – und anstatt sich zu bedanken, regt er sich auf.“
    „Naja, er möchte sich einfach nicht mit der Thematik beschäftigen, denke ich, und ich habe darauf beharrt und – Autsch!“ Polly hatte den Kamm plötzlich und voller Absicht so schwungvoll durch meine Haare gezogen, dass die Zinken sich in meinen verknoteten Strähnen schmerzhaft verfangen hatten.
    „Hör auf, die Schuld bei dir zu suchen!“, sagte sie nachdrücklich.
    „Okay“, meinte ich kleinlaut. „Also ist er der Böse?“
    „Na klar! Die 'Shimet sind immer die Bösen! Soviel musst du doch schon gelernt haben, so lange wie du jetzt hier bist.“
    Testweise betrachtete ich die Situation aus dieser Sichtweise und stellte fest, dass sie mir so viel besser gefiel. Ich drehte mich wieder zu ihr um. „Es tut mir leid, dass du dir Sorgen um mich machen musstest.“
    Sie winkte ab. „Du bist eine freie Frau und kannst so lange wegbleiben, wie du willst. Aber als du dann so lang verschwunden warst, habe ich angefangen, mir Gedanken zu machen.“
    „Ich war so durcheinander, wegen der Sache mit unserem Neffen.“
    „Unser Neffe .“ Eindeutig ein Wort, das Polly noch nie in ihrem Leben zuvor benutzt hatte.
    „Ich hätte einfach gleich zurückkommen sollen, nachdem Tetra gegangen war. Aber dann traf ich auf Louis und …“ Mein Herz schlug schneller, als ich mich daran erinnerte, wie nah wir uns gewesen waren. Und dann tat es unsinnig weh, als ich an seine Feindseligkeit dachte. „… naja, es war eine spontane Entscheidung, ihn auf seine Mutter anzusprechen. Nicht die beste, ich weiß.“ Polly sah mich streng an und ich relativierte schnell: „Aber er ist der Böse.“ Dann atmete ich tief durch. „Wollen wir zurückgehen?“
    Sie sah mir kritisch ins Gesicht. „Zieh deine Kapuze drüber. Deine hektischen Flecken sind immer noch da.“
     
    Meine Entgleisung machte die Runde. Beim Frühstück fühlte ich mehr Blicke als gewöhnlich auf mir lasten und ich merkte, dass hinter meinem Rücken über mich getuschelt und gelacht wurde. Doch ich war inzwischen Amazone genug, um es zu ignorieren. Es genügte mir zu wissen, dass Victoria und Corazon meinen Entführungsversuch nur witzig, aber nicht frevelhaft fanden. Meiner Mutter begegnete

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