Themiskyra – Die Begegnung (Band 1) (German Edition)
trat und Dantes Bett leer vorfand.
Nein.
Bleierne Schwere legte sich auf mich. Fassungslos starrte ich das zerknautschte Kissen und die zurückgeklappten Decken an. Wann war es geschehen? Wo hatten sie seine Leiche hingebracht? Wo war Louis? Hatte er Themiskyra schon verlassen? Meine Gedanken rotierten. Als ich einen Schritt auf das Bett zu machte, wurden meine Knie schwach, denn die Nacht hatte ich größtenteils schlaflos, den Tag appetitlos verbracht. Wie betäubt ließ ich mich auf einen der Küchenstühle fallen, schlug die Hände vors Gesicht und atmete mit geschlossenen Augen tief durch.
„Schon so müde am frühen Abend?“, ertönte eine sonore Stimme von der Tür her.
Ich fuhr auf. „Dante!“ Ich musste lachen und brach im selben Moment in Tränen aus.
Ohne wirklich etwas zu sehen, lief ich dem alten Herrn entgegen und stützte ihn auf seinem Weg zum Bett. Er wirkte immer noch zerbrechlich, aber er hatte etwas Farbe im Gesicht und das Fieber schien endlich ganz verschwunden zu sein.
„Wo warst du?“, wollte ich wissen und wischte mir mit dem Ärmel die Tränen aus dem Gesicht, die nicht aufhören wollten zu fließen.
„Dort, wo der Papst zu Fuß hingeht.“
„Du bist alleine bis zu den Toiletten und zurück gelaufen?“, fragte ich ungläubig nach. Ein Genesungsschlaf war sein langer Schlummer gewesen, nicht der nahende Tod.
„Es war ja keiner da, um mir zu helfen!“ Es klang wie eine Beschwerde, aber am ironischen Funkeln in seinen Augen erkannte ich, dass es nicht so gemeint war – und sein zurückgekehrter Humor zeigte mir, dass es ihm tatsächlich besser ging.
„Du hättest nur noch kurz warten müssen“, rügte ich und half ihm wieder ins Bett. „Ich komme doch immer um diese Zeit.“
„Ich weiß“, sagte er und unterbrach mich beim Kissenaufschütteln, indem er mich leicht am Arm berührte. Ich sah ihn an. „Ich weiß, was du alles für mich getan hast, kleine Amazone. Und für Louis. Das werde ich dir nie vergessen.“
Sein Dank rührte mich, aber ich war froh, meine Emotionen endlich im Griff zu haben, und erwiderte nur trocken: „Dann zeig deine Erkenntlichkeit, indem du mich in Zukunft beim Namen nennst und nicht mehr kleine Amazone .“
Dante musste lachen und ich fiel nach einer kurzen Pause mit ein, in der ich versuchte, meine gespielte Empörung aufrecht zu halten. Echtes Lachen. Es tat unendlich gut. Dantes Heiterkeitsausbruch endete in einem Hustenanfall, aber er versicherte mir, dass er sich wirklich viel besser fühlte.
„Zum Glück. Ich habe mir wirklich Sorgen gemacht.“
„Um Louis?“, fragte Dante heiter und knüpfte damit an dem Gespräch an, das wir geführt hatten, bevor er in der Färberei zusammengebrochen war. Das kleine Missverstandene Fragen- und Bezugsfehler-Spiel .
„Nein, um dich“, antwortete ich, und erinnerte mich an meine Gegenfrage vom letzten Mal. „Warum sollte ich mir um ihn Sorgen machen?“
„Warum solltest du nicht?“
„Weil er ein 'Shim ist und ich eine Amazone.“
„Ich bin auch ein Mann und um mich hast du dir Sorgen gemacht.“
„Du zählst nicht.“
„Frechheit.“
Wir lachten wieder.
„Jetzt musst du erst mal richtig essen und trinken, damit du wieder zu Kräften kommst“, ordnete ich an, setzte Teewasser auf und Dante eine Hühnerkeule vor, die ich am Vortag mitgebracht hatte. Plötzlich fiel mir etwas ein. „Was ist mit Louis? Nicht dem Sonnenkönig!“, ergänzte ich, da ich befürchtete, dass Dante wieder anfangen würde, über die Lebensgeschichte eines französischen Königs zu dozieren.
„Ich weiß es nicht. Er war wohl das letzte Mal hier, als ich noch schlief.“
„Dann weiß er noch nicht, dass es dir besser geht?“, vermutete ich.
„Wahrscheinlich nicht“, bestätigte er.
Am liebsten hätte ich Louis sofort Bescheid gesagt, um seiner Sorge ein Ende zu bereiten, aber ich wusste nicht, wo er gerade arbeitete und Dante konnte mir auch nicht weiterhelfen. Es dämmerte schon, als ich endlich Louis' vertraute Gestalt eiligen Schritts über den kleinen Platz auf die Hütte zukommen sah. Mitten im Satz unterbrach ich mich und lief hinaus. Warum ich das tat, weiß ich nicht genau, wahrscheinlich, weil ich auch mal die Überbringerin einer guten Botschaft sein wollte.
An Louis' steinernem Gesichtsausdruck erkannte ich, dass auch er das Schlimmste befürchtete, zumal ich völlig verheult aussehen musste. Ich bemühte mich um ein Lächeln, während ich ihm entgegenrannte.
„Es geht ihm gut“,
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