Themiskyra – Die Suche (Band 3) (German Edition)
nicht. Menschenhändler tragen sie verdeckt. Sie wollen keine Aufmerksamkeit erregen, sonst riecht die Ware den Braten und läuft weg.“
Ich musste an Guys Schlangentattoo mit den Menschenaugen denken. Die Erinnerung daran und das Entsetzen über die Berichte schien mir ins Gesicht geschrieben zu sein; Louis kam zurück zum Bett, wickelte mich in die Decke und nahm mich in den Arm.
„Wo warst du?“, fragte er leise.
„Genau dort. Die Explosion hat mich weggefegt.“
„Ich habe dich nicht gesehen!“
„Amazonentarnung. Nein, ich war einfach ziemlich geplättet vom Aufprall und habe mich verkrochen, so gut es ging. Ich war ein einziger blauer Fleck.“ Ich versuchte ein halbes Lächeln und Louis erwiderte es.
„Allein dafür hat er den Tod verdient.“
Nicht so einen. Nicht dafür. „Ich habe in den Aufzeichnungen nichts über einen Kopfschuss gelesen. Er sei verbrannt , hieß es da“, schnitt ich das Thema – und ich schwor mir: zum letzten Mal – vorsichtig an.
„Dann stimmt es wohl. Berichte haben immer Recht. Und die Erben haben ein Problem mit Selbstjustiz. Aber keiner hat gesehen, was geschehen ist; während ich den Typen verfolgte, haben die anderen versucht, über den Hinterhof zu retten, was … wen sie konnten. Es war zu spät.“ Er sah mich gequält an. „Ich weiß, dass es nicht richtig war. Aber in dem Moment … ging es nicht anders.“
„Ich verstehe dich. Es tut mir leid … alles.“ Dass ich nicht genauer hingesehen habe. Dass ihr zu spät kamt. Dass du das tun musstest, auch wenn es das Richtige war. Ich kuschelte mich wieder an ihn und wir schwiegen eine Weile, verarbeiteten Erinnerungen oder sperrten sie einfach auf Nimmerwiedersehen weg.
„Trotzdem bist du bei Charondas' Erben geblieben“, knüpfte ich irgendwann an das ursprüngliche Gespräch an.
„Ich glaube nach wie vor an unsere Ziele. Aber sie durchzusetzen ist leichter gesagt als getan und obwohl die meisten von uns voll und ganz hinter unserer Aufgabe stehen, macht die Korruption auch vor unseren Reihen nicht halt. Dein … der Nerista, mit dem du vorhin unterwegs warst, wollte mich auch bestechen.“
„Will? Wieso das denn? Wollte er dir was geben, damit du dich in Zukunft wieder vor mir versteckst?“, fragte ich scherzhaft.
„Nein, er wollte, dass ich die vier Kisten voll mit Maschinengewehren übersehe, die ihr geladen hattet“, gab Louis trocken zurück und hob eine Augenbraue. „Und das habe ich auch getan, wie du weißt. Allerdings ohne das Gold anzunehmen, dass er mir zustecken wollte.“
Ich war mir sicher, mich verhört zu haben. „Wie bitte?“
„Hätte ich es etwa nehmen sollen? Ell, ich habe schon genug Schuld auf mich geladen. Dass ich euch habe weiterfahren lassen, ist unverzeihlich.“ Er schien mit sich zu ringen. „Ihr hattet eine gute Route gewählt, aber wir wussten, dass eine Ladung unterwegs war, deshalb kontrollierten wir überhaupt an dieser Stelle. Doch als ich sah, dass du es warst, die auf dem Planwagen saß … Wenn herausgekommen wäre, was ihr transportiert, hätte Agost kurzen Prozess mit euch gemacht. Wenn überhaupt. Das konnte ich nicht zulassen.“
„Maschinengewehre?“, echote ich, immer noch von den Socken. „Wir hatten Metallschrott und anderen Krempel dabei.“
Louis sah mich vielsagend an. Und langsam, viel zu langsam begriff ich, was an diesem Abend genau geschehen war. Ich konnte nicht glauben, dass Will mich so hinters Licht geführt hatte. Er wusste genau, dass ich ihm bei einer solchen Lieferung nie im Leben geholfen hätte. Alles wurde mir schlagartig klar. Sein seltsames Verhalten. Seine Nervosität. Seine gute Laune, nachdem der Deal gut über die Bühne gegangen war. Und ich egozentrische Närrin hatte alles nur auf mich bezogen.
„Du hast es tatsächlich nicht gewusst“, stellte Louis fest, der mich beobachtet hatte.
„Nein!“, rief ich aus. Wut kochte in mir hoch und ich sprang aus dem Bett. „Keine Waffentransporte. Das war die Bedingung, unter der ich eingewilligt hatte, bei den Arkadiern mitzumachen. Und Will wusste das, dieser elende …“ Aufgebracht tigerte ich vor dem Bett hin und her.
Er setzte sich auf. „Ell, die Regeln sind hart und es ist klar, dass sie manchmal gebrochen werden müssen, wenn man sein Überleben hier irgendwie sichern will. Selbstverständlich muss man etwas tun, um die Kriminalität einzudämmen, aber die Methoden der Erben sind nicht ideal.“
Dass er Will auch noch zu verteidigen versuchte, war mir
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