Themiskyra – Die Suche (Band 3) (German Edition)
mir und bezog sich dabei auf den Wellensittich, der mir gegenüber auf dem hellblauen Kunstlederbezug der Sitzbank saß.
„Echt? Wie ein Papagei?“
„Genau.“
„Hallo“, sagte ich zu dem Wellensittich.
„Hallo.“
„Cool!“, freute ich mich.
„Ich möchte einen Hotdog“, teilte mir der Wellensittich mit und legte den Kopf schief.
„Hotdog … Ich habe Hunger“, stellte Leah fest.
„Ich auch.“
„Wenn die uns auch immer nur mit Brot und Käse abspeisen …“
„Warum seid ihr nicht in der Schule?“, fragte der Wellensittich.
„Freistunde“, sagte Leah.
„Die wir nutzen, um ein paar billige T-Shirts bei Sweenie's abzugreifen“, ergänzte ich.
„Nehmt ihr mich mit?“
„Na gut.“ Ich streckte ihm den Zeigefinger hin, damit er daraufhüpfen konnte. „Ich fürchte allerdings, dass sie nichts in deiner Größe haben. Höchstens bei den Accessoires.“ Ich warf einen Blick in die spiegelnde Fensterscheibe, um herauszufinden, ob so ein Wellensittich womöglich für mich ein geeignetes Accessoire sein könnte.
Im Spiegelbild vor der Schwärze des vorbeisausenden Tunnels sah ich eine fünfzehnjährige Leah und eine neunzehnjährige Ell mit Vogel. Und einen gutaussehenden, dunkelhaarigen Mann in einer grünen TrailGod™-Jacke, der an den Türen stand und mich spöttisch musterte.
„Louis!“, rief ich und fuhr herum, aber er war verschwunden.
„Fühlst du nicht an meinen Liedern, dass ich eins und doppelt bin?“, erkundigte sich der Wellensittich.
Ich drehte mich rasch wieder zur Scheibe um – und da war Louis wieder. Aber er machte nicht den Anschein, als würde er mich kennen. Er sah mich nicht mehr an, sondern blickte nach unten auf die Türgriffe. Die U-Bahn fuhr in die Station ein. Mein Herz tat weh und ohne genau zu wissen, warum, war ich unfassbar ratlos.
Da spürte ich, wie sich Leahs Hand in meine schob. „Hinterher!“, flüsterte sie. Schnell schlüpften wir aus dem Waggon.
„Er ist weg!“, klagte ich, nachdem ich mich umgesehen hatte.
„Nein, da ist er doch!“ Leah zeigte auf den stehenden Zug, in dessen Scheiben die vorübereilenden Menschen reflektiert wurden. Und Louis. Im Laufschritt nahmen wir die Verfolgung auf. Wo zuvor die kleinen Krallen des Wellensittichs gewesen waren, spürte ich nun einen festen Zug an der Hand und stellte fest, dass ich Hekate am Zügel führte. Es war etwas abenteuerlich, sie auf die Rolltreppe zu bugsieren, aber sie stellte sich ganz geschickt an.
Die Augen immer auf spiegelnde Oberflächen geheftet, die dank der vielen Geschäfte und ihrer Schaufenster reichlich vorhanden waren, folgten wir Louis ins Zwischengeschoss.
„Ich will einen Hotdog“, sagte Leah und zeigte auf einen Imbissstand. Louis lief weiter. Ich wollte hinterher, aber Leah hielt meine Hand fest und als ich mich ihr zuwandte, erkannte ich, dass sie sich in Polly verwandelt hatte.
„Polly!“ Ich umarmte sie. „Wie geht’s dir? Alles okay in Themiskyra?“
„Ziemlich langweilig ohne dich und Victoria. Außerdem habe ich Hunger.“
Hektisch sah ich mich nach Louis um, der gerade an einem Schmuckgeschäft und einem Telefonladen vorbeilief. Ich fühlte mich wie zerrissen. Ich musste doch auf Polly aufpassen und dafür sorgen, dass sie etwas zu Essen bekam. Aber ich wollte doch auch Louis nicht wieder aus den Augen verlieren …
„Ell, er entwischt dir! Jetzt gib mir schnell die Münzen und sieh zu, dass du hinterherkommst“, drängte sie und zupfte an meinem Ledermantel.
Ich griff in die Seitentasche und zog zwei gelochte Taler aus der Büchse der Pandora heraus. Ehe ich mich versah, hatte meine Schwester sie geschnappt. Sie ließ meine Hand los, um sich an der Schlange anzustellen, die sich plötzlich vor der Imbissbude gebildet hatte. Die Wartenden identifizierte ich als Verne, Chiara, Munin und Will; sogar Nia stand da und tappte ungeduldig mit dem Fuß auf den Boden.
„Los jetzt!!!“, schrien sie mir alle im Chor zu.
Ich wirbelte herum. Zuerst konnte ich Louis nirgends entdecken, doch dann erregte ein Reflex in einem Paar glänzender Glastüren meine Aufmerksamkeit. Er steuerte auf das Untergeschoss der Arcadia Kaufwelt zu. Eilig schwang ich mich auf Hekates Rücken, um aufzuholen. Ich musste aufpassen, keinen Passanten über den Haufen zu reiten, und ein paar Mal den Kopf einziehen, um nicht an die von der Decke hängenden Wegweiser zu stoßen. Endlich erreichte ich ihn.
„Louis!“, rief ich atemlos und sprang vom Pferd.
In dem
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