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Theo Boone und der unsichtbare Zeuge

Theo Boone und der unsichtbare Zeuge

Titel: Theo Boone und der unsichtbare Zeuge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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wollte Pete Duffy seine Frau umbringen. Vielleicht hat er die ganze Sache sorgfältig geplant. Vielleicht ist er über einen menschenleeren Golfplatz gerast. Vielleicht ist er genau rechtzeitig zu Hause eingetroffen, um den cleversten Mord aller Zeiten zu begehen. Vielleicht hat er dann ein paar Dinge gestohlen, die Haustür offen gelassen, ist zurück zum vierten Loch gerast und hat einfach weitergespielt. Vielleicht war es so.«
    Mr. Nance ging nun langsam vor den Geschworenen auf und ab, genau im Rhythmus seiner Worte.
    » Meine Damen und Herren, Mr. Hogan will von Ihnen, dass Sie sich auf Spekulationen einlassen. Vielleicht ist dies passiert, vielleicht ist das passiert. Und Sie sollen dabei mitmachen, weil er keine Beweise hat. Er hat gar nichts. Nur einen Mann, der alleine Golf spielt und sich um seine eigenen Angelegenheiten kümmert, während seine Frau keine zwei Kilometer entfernt in ihrem wunderschönen Haus ermordet wird.«
    Er hielt inne und trat auf die Geschworenen zu. Ganz dicht vor einem älteren Herrn in der ersten Reihe blieb er stehen. Es sah aus, als wollte er ihm das Knie tätscheln.
    Er senkte die Stimme. » Ich kann es Mr. Hogan nicht verdenken, dass er dieses Spielchen spielt. Es bleibt ihm nämlich nichts anderes übrig, weil er keine Beweise hat. Alles, was er hat, ist eine lebhafte Fantasie.«
    Mr. Nance wanderte nach rechts und nahm Blickkontakt mit einer Hausfrau mittleren Alters auf. » Unsere Verfassung, unsere Gesetze, unsere Prozessordnung basieren allesamt auf dem Gedanken der Fairness. Und wissen Sie was? Für ein › Vielleicht ‹ ist da kein Platz. Unsere Gesetze sind eindeutig. Richter Gantry wird sie Ihnen später erklären. Bitte hören Sie ihm gut zu. Das Wort › vielleicht ‹ werden Sie kein einziges Mal hören. Was Sie hören werden, ist die allgemein bekannte, altehrwürdige und altmodische amerikanische Regel, die besagt, dass der Staat, wenn er jemanden eines Verbrechens beschuldigt, all seine Mittel– Ermittler, Polizei, Sachverständige, Staatsanwälte, Kriminaltechniker, all diese klugen, erfahrenen Leute– einsetzen muss, um ohne begründeten Zweifel zu beweisen, dass diese Person das Verbrechen auch wirklich begangen hat.«
    Mr. Nance tat ein paar Schritte nach links und fixierte die sechs Geschworenen in der zweiten Reihe mit gewinnender Aufrichtigkeit. Er sprach ohne Notizen, seine Worte kamen flüssig, geradezu mühelos, als hätte er das alles schon tausendmal getan, dabei aber nichts von seiner Leidenschaft eingebüßt.
    » Ohne begründeten Zweifel. Ohne begründeten Zweifel! Die Staatsanwaltschaft hat sich viel vorgenommen, zu viel!«
    Er legte eine kurze Pause ein, während alle Anwesenden tief Luft holten. Dann ging er zum Tisch der Verteidigung und griff nach einem gelben Block, den er aber gar nicht ansah. Er war ein Schauspieler im Rampenlicht und kannte seinen Text auswendig. Er räusperte sich und fuhr dann mit voller Lautstärke fort: » Das Gesetz besagt, dass Pete Duffy nicht aussagen muss, dass er keine Zeugen zu seiner Verteidigung aufbieten muss, dass er überhaupt nichts beweisen muss. Und warum? Nun, das ist ganz einfach. Weil er durch einen unserer wichtigsten Rechtsgrundsätze geschützt wird, nämlich durch die Unschuldsvermutung.« Mr. Nance drehte sich um und zeigte auf seinen Mandanten. » Pete Duffy da drüben ist unschuldig, genau wie ich, genau wie Sie.«
    Er begann wieder, langsam auf und ab zu gehen, ohne dabei die Geschworenen aus den Augen zu lassen. » Aber Pete Duffy wird aussagen. Er will aussagen. Er kann es nicht erwarten, auszusagen. Und wenn er in den Zeugenstand tritt und sich auf diesen Stuhl setzt, dann wird er unter Eid aussagen, und zwar die Wahrheit. Die Wahrheit, meine Damen und Herren, sieht nämlich ganz anders aus als die kleine Geschichte, die sich Mr. Hogan gerade ausgedacht hat. Die Wahrheit ist, meine Damen und Herren, dass Pete Duffy an jenem verhängnisvollen Tag tatsächlich Golf gespielt hat, und zwar allein, wie er es am liebsten mag. Anhand des Protokolls wird nachgewiesen werden, dass er um 11.10 Uhr abgeschlagen hat und vom ersten Abschlag in seinem eigenen Golfcart weggefahren ist, dem Cart, das er wie die meisten seiner Nachbarn in seiner Garage stehen hat. Er war allein auf dem Golfplatz, während sich seine Frau zu Hause fertig machte, um zum Mittagessen in die Stadt zu fahren. Ein Einbrecher, ein unbekannter Krimineller, der immer noch auf freiem Fuß ist und es, so wie das hier läuft, wohl

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