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Theo Boone und der unsichtbare Zeuge

Theo Boone und der unsichtbare Zeuge

Titel: Theo Boone und der unsichtbare Zeuge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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kann.«
    » Selbstverständlich, Theo. Wann?«
    » Vielleicht kurz nach acht. Die Schule fängt um halb neun an. Wenn ich zu früh aus dem Haus gehe, wird Mom misstrauisch.«
    » Geht in Ordnung. Ich freu mich.«
    » Danke, Ike.«
    Theo schlang sein Frühstück herunter, verabschiedete sich mit einem Kuss von seiner Mutter, sagte ein paar Worte zu Judge und raste Punkt acht mit seinem Rad durch die Mallard Lane.
    Ike saß mit einem großen Becher dampfendem Kaffee und einer riesigen, dick mit Zuckerguss glasierten Zimtschnecke an seinem Schreibtisch. Die Schnecke sah köstlich aus, aber Theo hatte gerade seine Cornflakes gegessen. Außerdem hatte es ihm sowieso den Appetit verschlagen.
    » Alles in Ordnung?«, erkundigte sich Ike, als sich Theo auf der äußersten Stuhlkante niederließ.
    » Geht so. Ich brauche einen vertraulichen Rat von jemandem, auf den ich mich verlassen kann und der sich mit Recht auskennt.«
    » Hast du irgendwen ermordet? Eine Bank überfallen?«
    » Nein.«
    » Du machst es aber spannend.« Ike brach ein dickes Stück Zimtschnecke ab und stopfte es sich in den Mund.
    » Es geht um den Duffy-Prozess. Kann sein, dass ich was darüber weiß, ob Mr. Duffy schuldig ist oder nicht.«
    Ike stützte sich auf die Ellbogen und beugte sich vor, ohne mit dem Kauen aufzuhören. » Sprich weiter.«
    » Es gibt einen Zeugen, der zum Tatzeitpunkt was gesehen hat. Einen, von dem keiner weiß.«
    » Und du kennst ihn?«
    » Ja, aber ich habe versprochen, nichts zu verraten.«
    » Wie bist du denn auf den Typen gekommen?«
    » Über einen Jungen aus meiner Schule. Mehr kann ich dir nicht sagen, Ike. Das habe ich versprochen.«
    Ike schluckte angespannt, griff nach seinem Becher und trank einen kräftigen Schluck Kaffee. Dabei ließ er Theo nicht aus den Augen. Eigentlich war er gar nicht so überrascht. Sein Neffe kannte mehr Anwälte, Justizangestellte, Richter und Polizisten als sonst irgendjemand.
    » Und die Beobachtungen, die dieser unbekannte Zeuge gemacht hat, würden sich wesentlich auf den Prozessverlauf auswirken?«, hakte Ike nach.
    » Ja.«
    » Hat dieser Zeuge mit der Polizei, einem Anwalt oder irgendwelchen Prozessbeteiligten gesprochen?«
    » Nein.«
    » Und zum jetzigen Zeitpunkt will dieser Zeuge nicht aussagen?«
    » Nein, will er nicht.«
    » Weil er Angst hat?«
    » Ja.«
    » Würde die Aussage dieses Zeugen dazu beitragen, Mr. Duffy zu überführen, oder würde sie ihn entlasten?«
    » Sie würde ihn auf jeden Fall belasten.«
    » Hast du mit diesem Zeugen gesprochen?«
    » Ja.«
    » Und du glaubst ihm?«
    » Ja. Er sagt die Wahrheit.«
    Noch ein großer Schluck Kaffee. Ike schmatzte mit den Lippen. Sein Blick schien Theo durchbohren zu wollen.
    » Heute ist Donnerstag, der dritte volle Verhandlungstag«, fuhr Ike fort. » Nach dem, was ich gehört habe, will Richter Gantry unbedingt diese Woche fertig werden, selbst wenn die Verhandlung am Samstag fortgesetzt werden muss. Das heißt, die Hälfte des Verfahrens ist schon vorbei.«
    Theo nickte. Sein Onkel stopfte sich den Mund mit Zimtschnecke voll und kaute vor sich hin. Eine Minute verging.
    Endlich schluckte Ike. » Und jetzt willst du von mir wissen, ob bei diesem Stand des Verfahrens im Hinblick auf diesen Zeugen etwas unternommen werden kann oder muss?«
    » Ganz genau.«
    » Ja, und wenn ich richtig unterrichtet bin, braucht Jack Hogan dringend Unterstützung. Die Anklage steht auf ziemlich wackligen Beinen und ist seit Verhandlungsbeginn noch wackliger geworden.«
    » Ich dachte, das Verfahren interessiert dich nicht.«
    » Ich habe Freunde, Theo. Quellen.«
    Ike sprang auf und ging ans andere Ende des Zimmers, wo ein paar alte Regale mit Gesetzbüchern standen. Er fuhr mit dem Finger über mehrere Buchrücken, nahm einen Band vom Regal und fing an zu blättern. Dann ging er damit zum Schreibtisch, setzte sich, schlug das Buch vor sich auf und suchte, offenbar gezielt.
    » Hier ist es«, sagte er schließlich nach langem Schweigen. » Nach der Prozessordnung kann der Richter ein Verfahren für fehlerhaft erklären. Es werden einige Beispiele genannt: ein Geschworener wird von jemandem kontaktiert, der Interesse am Ausgang des Verfahrens hat, ein wichtiger Zeuge erkrankt oder kann aus einem anderen Grund nicht aussagen, wesentliche Beweismittel verschwinden oder etwas in der Art.«
    Das war Theo bekannt. » Werden irgendwo Überraschungszeugen erwähnt?«
    » Nicht direkt, aber die Bestimmung ist sehr großzügig formuliert und

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