Theodor: The Theodor Story (Die Wiedergeburt) (German Edition)

letzte Heft beiseite und bemerkte erst dann, dass Chrissie bereits wieder im Raum war und einen Tee serviert hatte.
    Schweigend saß sie ihr gegenüber und beobachtete sie.
    „Bist du schon lange da?“, fragte sie erstaunt.
    „Du warst so vertieft, dass ich dich nicht stören wollte“, bemerkte Chrissie und schenkte ihr den Tee ein.
    „Ich bin entsetzt“, sagte Helen leise. „Und ich kann Annie nun richtig verstehen. Sie sagte schon immer, dass die Religionen nichts Gutes im Schilde führen. Jedoch wie sie das einfädeln und aufrechterhalten – das ist ein einziger Tatbestand, der eigentlich strafrechtlich verfolgt werden müsste.“
    „Annie möchte, dass ich ihr die Adresse hinterlege“, sagte Chrissie nachdenklich. „Ich möchte das aber nicht tun. Ich bitte dich, Annie darüber zu informieren und ihr zu sagen, dass ich ein ungutes Gefühl dabei gehabt hätte, wenn ich die Adresse in ihren Briefkasten lege.“
    „Da tust du gut daran.“ Helen nahm einen Schluck von dem heißen Tee und warf einen Blick aus dem Fenster. „Irgendwie habe ich das Gefühl, dass Annie bald hier sein wird. Ich hoffe, Bill kann dem Vatikan glaubhaft machen, dass Annie und Henriece keine Mörder sind.“
    „Das wäre schön“, erwiderte Chrissie. Sie lehnte sich zurück und begann, sanft ihren Bauch zu streicheln. „Es ist schon sehr spät“, sagte sie dann. „Das Baden und der Tee hat mich sehr müde gemacht.“
    Erschöpft legte Chrissie sich ins Bett. Sie hatte Helen nun in ihr Geheimnis eingeweiht – aber etwas hatte sie für sich behalten. Etwas, das sie niemals Preis geben wollte. Etwas, das sie selbst nicht zu glauben wagte und doch war es in ihrem Leben gegenwärtig.
    Chrissie erfuhr dieselbe Fähigkeit, wie Henriece sie schon an sich erfahren hatte. Sie konnte Stimmen hören. Stimmen von Menschen, die sie kannte und Stimmen von Menschen, die sie nicht kannte. Und wenn sie sich auf die Stimmen zu konzentrieren begann, konnte sie durch einen Schleier hindurch die Personen sehen, die das Gehörte sprachen.
    Chrissie lag noch nicht lange im Bett, da vernahm sie wieder eine Stimme. Erst undeutlich, dann aber sehr deutlich – und sie erschrak! Es war die Stimme von Annemarie!
    Rauzabal heißt Grab des Propheten, hörte sie ihre Stimme sehr deutlich. Yus Asaf war ein Prophet. Das glaube ich, dass ihr stolz darauf seid, dass er bei euch in Khanyar beigesetzt wurde.
    Chrissie setzte sich auf. Mit geschlossenen Augen konzentrierte sie sich auf die Stimme und es gelang ihr tatsächlich, Annemaries Umrisse und den markanten Hut erkennen zu können. Sie ahnte, dass sie in diesem Moment mit jemanden sprach, den sie jedoch nicht hören konnte.
    1900 Jahre ist es her? Und Sie sind der Grabwächter? Sie und Ihre zwei Freunde?
    Kurze Pause.
    Was war das für ein Prophet?
    Wieder Stille.
    Er war ein Nabi? Ein Prophet Gottes, der zu euch gesandt wurde, um zu helfen und zu beschützen? Und er hatte zwei Namen? Wie – sein zweiter Namen war Issas?
    Chrissie schreckte auf. Issas, der Name tauchte in ihren Niederschriften auf! Annemarie hatte ihr etwas darüber erzählt, nachdem sie die Schriften gelesen hatte.
    Issas war in ihren Schriften ein junger Missionar, dem Theodor damals begegnet war. Annemaries Recherchen hatten dann ergeben, dass ein Kosaken-Offizier mit dem Namen Nicolas Notowitsch Ende des neunzehnten Jahrhunderts in Indien auf Spuren von Jesus gestoßen war. Andere Berichte jedoch dementierten den Wahrheitsgehalt des Offiziers und schimpften ihn einen Lügner. Die Aufschriebe Chrissies jedoch bestätigten diesen Wahrheitsgehalt. Chrissie ahnte nun, wo Annemarie sich befand. Sie stand vermutlich unmittelbar vor dem wahren Grab von Jesus.
    Wie, in das Grabmal darf ich nicht? Nur in die Galerie? – Ich verstehe ja, dass es ein sehr heiliger Ort ist, aber gibt es denn keine Ausnahme?
    Längere Zeit vernahm Chrissie nichts, aber durch einen Schleier konnte sie etwas sehen.
    Ein Messgerät, vernahm sie auf einmal ihre Stimme. Sehen Sie, wie die Zeiger ausschlagen?
    Stille.
    Wissen Sie, ich bin Wissenschaftlerin, sprach Annemarie ruhig. Ich bereise alle Heiligen Orte der Erde und messe die Kraftfelder darin. Hier heben sich die Kräfte auf. Das ist etwas sehr außergewöhnliches.
    Stille.
    Haben Sie Angst? Jesus. Ich glaube fest daran, dass es das Grab von Jesus ist. Gibt es in Ihrem Land noch ein Grab, das verehrt wird?
    Stille.
    Yuza Asaf lebte sehr zurückgezogen? Er predigte, wie Jesus gepredigt hatte? Wie – vor