Theodor: The Theodor Story (Die Wiedergeburt) (German Edition)
war sehr kurz. Henriece stand am Fenster des Zimmers, das er mit Judy im Gästehaus teilte. Unentwegt starrte er auf den Hof, der von den ersten Sonnenstrahlen beschienen wurde. Weder von Chrissie noch von Klara war bisher eine Spur zu finden.
Leises Klopfen an der Zimmertür erregte seine Aufmerksamkeit. Judy wachte dadurch auf. Schnell stand sie auf und zog sich an. Kurz darauf betrat Bill den Raum.
„Etwas ist im Busch“, flüsterte Bill.
„Chrissie?“, fragte Henriece.
Bill schüttelte den Kopf. „Keine Spur“, sagte Bill leise. „Ich bin schon seit zwei Stunden auf den Beinen“, sprach er weiter. „Chrissie ist wie vom Erdboden verschluckt. Dieser Karl, ich habe ihn beobachten können. Etwas führt er im Schilde.“
„Wo ist er jetzt?“, fragte Henriece. Er befürchtete das Schlimmste.
„Vermutlich auf dem Weg hier her“, antwortete Bill. Kaum hatte er ausgesprochen, klopfte es erneut an der Tür. Für einen Moment sahen sie sich einander an; kurz darauf öffnete Bill. Karl blickte ihn mit seinem prüfenden Adlerblicken an.
„Ich möchte den Spanier sprechen“, sagte er kurz angebunden. „Und seine Begleiterin“, setzte er hinzu.
„Etwas dagegen, wenn ich bei dem Gespräch mit anwesend bin?“, fragte Bill sofort und trat ein wenig beiseite. „Ich denke, dass wir alle etwas zu bereden haben.“
„Mir soll es gleich sein“, gab Karl mürrisch zurück. „Darf ich?“, fragte er Henriece, der ihn erwartungsvoll anblickte. Ein paar Augenblicke später war die Tür wieder verschlossen.
„Wie offen können wir reden“, eröffnete er das Gespräch, setze sich an den Tisch und legte demonstrativ das Buch von Eva vor sich hin.
Henriece versuchte zu lächeln. Karl war für ihn berechenbar. Viele Gedanken hatte er sich über den Hofmeister gemacht, der vierzig Jahre lang die Verwandtschaft zum Hofgrundbesitzer verschwiegen hatte. Die Aufschriebe seiner Schwester zeugten von einem Geheimnis, das über viele Jahrzehnte hinweg das Bevorstehende prophezeite. Das Geschriebene von Eva hatte den Spanier tief beeindruckt und sehr vieles beantwortet. Doch reichte es für ihn nicht aus, eine klare Entscheidung treffen zu können. Theodor war für ihn ein Zwiespalt. Weder für noch gegen konnte er sein – und das machte ihm zu schaffen.
„Wo ist Chrissie?“, fragte er ihn gerade heraus, wobei er seinen Blick in den von Karl geradezu versenkte.
„Wenn ich das wüsste“, erwiderte Karl gelassen. „Ich bin genauso beunruhigt, wie alle hier.“ Nun war es Karl, der versuchte zu lächeln. „Theodor“, sprach er den Namen gedehnt, „hat zwei Söhne, die ihm Schutz gewähren und Vorbereitungen treffen sollen. Und er hat zwei Töchter. Eine davon ist Chrissie.“ Für einen Moment fiel sein Augenmerk auf Judy. Ihre Blicke trafen sich.
„Deine Schwester“, duzte der Spanier ihn einfach, „woran ist sie gestorben?“
„An einem Gehirntumor“, antwortete Karl verwundert. Unmerklich, für den Spanier jedoch erkennbar, zuckte er zusammen.
„Wirklich?“ Henriece griff nach Evas Buch und schlug die letzte Seite auf. „Aus dem Leben werde ich vertrieben“, las er ihm vor. „Mein Tod wird Erlösung und Trauer vereinen, meine Gegner heucheln Liebe und tragen Hass.“ Er schloss das Buch wieder und schob es ihm wieder zu. „Wer war der Mörder?“, fragte er, seinen Blick versenkte sich wieder in seinem.
Karl sagte nichts.
„Wir wollen doch offen reden“, sprach Henriece ihn nach längerem Schweigen an. „So offen, dass du es gefordert hast. Wer war der Mörder?“
Sowohl Bill als auch Judy ließen den Hofmeister nicht aus den Augen. Oftmals schon hatte Bill den Spanier in ähnlichen Situationen erlebt und sich jedes Mal gefragt, wie er das machte. Henriece wirkte eisern. Er vermittelte eine Kaltblütigkeit, die es Karl sichtbar unwohl werden ließ. Diesen Besuch hatte er sich bestimmt anders vorgestellt.
„Mathilde“, antwortete Karl leise. „Sie hat es mir am Sterbebett anvertraut. Mathilde hat sie vergiftet.“
Henriece ließ seinen bannenden Blick von ihm. „Du bist hier, um dich zu vergewissern“, sprach er ihn ruhig an. „Du versuchst herauszufinden, auf welcher Seite wir stehen und du willst diesen Hof niederbrennen. Wo ist Chrissie?“ Jäh schnellte seine Hand nach vorn und packte Karl am Unterarm. „Wo ist sie?“ Eisern starrte er ihm in die Augen. „Theodor“, flüsterte er, „ist unberechenbar.“
Karl schien wie erstarrt. Henriece flößte ihm Angst ein. „Ich
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