Theologisch-Politische Abhandlung: Erweiterte Ausgabe (German Edition)
bedeuten, und dass das Buch aus Bosheit, oder weil man es nicht mehr braucht, ganz vernachlässigt wird, dann haben solche Worte und ein solches Buch keinen Nutzen und keine Heiligkeit mehr. Werden endlich dieselben Worte anders gestellt, oder wird der Gebrauch, sie in eine andere Bedeutung zu nehmen, überwiegend, dann können die Worte und das Buch, die vorher heilig waren, unrein und weltlich werden.
Daraus folgt, dass nur der Sinn unbedingt über Heiligkeit und Weltlichkeit oder Unreinigkeit entscheidet, wie dies auch aus vielen Stellen der Bibel sich ergiebt. So sagt, um eine solche anzuführen, Jeremias VII. 4, dass die Juden au seiner Zeit den Tempel Salomo's fälschlich den Tempel Gottes genannt hätten; denn, fährt er fort, Gottes tarnen kann nur derjenige Tempel fuhren, der von Menschen, die Gott verehren und die Gerechtigkeit vertheidigen, besucht wird; geschieht dies aber von Mördern, Dieben, Götzendienern und anderen abscheulichen Menschen, dann ist er nur der Schutzherr der Uebelthäter. - Was aus der Bundeslade geworden, giebt die Bibel nicht an, was mich oft gewundert hat; allein sicher ist, dass sie untergegangen oder mit dem Tempel verbrennt ist, obgleich es nichts Heiligeres und Verehrteres bei den Juden gegeben hat.
In diesem Sinne wird die Bibel auch so lange heilig und ihre Rede göttlich sein, als sie die Menschen zur Andacht gegen Gott bewegt; sollte sie aber von ihnen ganz vernachlässigt werden, wie ehedem von den Juden, so bleibt sie nur ein beschriebenes Papier und wird eine durchaus weltliche und dem Verderben ausgesetzte Sache, und wenn sie dann verdorben wird oder zu Grunde gebt, so kann man nicht sagen, das Wort Gottes sei verdorben werden oder untergegangen, wie man auch zur Zeit des Jeremias nicht sagen konnte, der Tempel sei als Tempel Gottes verbrannt. Jeremias sagt dies auch von dem Gesetz selbst, indem er den Gottlosen seiner Zeit vorhält: »Weshalb sagt Ihr, wir sind erfahren, und Gottes Gesetz ist mit uns? Gewiss ist es vergeblich eingerichtet worden; die Feder der Schreiber ist vergeblich« (gewesen), d.h. Ihr sagt fälschlich, dass Ihr das Gesetz Gottes habt, wenn auch die Bibel bei Euch ist, nachdem Ihr selbst sie nutzlos gemacht habt. - Ebenso hat Moses, als er die ersten Tafeln zerbrach, keineswegs vor Zorn das Wort Gottes aus den Händen geschlendert und gebrochen (denn wer konnte dies von Moses und dem Worte Gottes annehmen), sondern es geschah dies nur mit Steinen, die allerdings vorher heilig waren, weil das Bündniss, nach dem die Juden Gott zu gehorchen sich verpflichtet hatten, auf ihnen geschrieben stand; allein nachdem sie dasselbe durch Anbetung des Kalbes gebrochen hatten, hatte es keine Heiligkeit mehr, und aus derselben Ursache konnten auch die zweiten Tafeln mit der Lade untergehen. Es kann deshalb nicht auffallen, wenn die ersten ursprünglichen Tafeln des Moses nicht mehr da sind, und dass das mit den Büchern, die wir noch haben, sich zugetragen hat, was ich oben erwähnt habe, wenn das wahre und allerheiligste Original des göttlichen Bundes hat ganz zu Grunde gehen können.
Man höre also auf, mich der Gottlosigkeit zu beschuldigen; ich habe nichts gegen Gottes Wort gesprochen, es nicht befleckt; vielmehr richte man seinen Zorn, wenn er besteht, gegen die Alten, deren Bosheit die Lade Gottes, den Tempel, das Gesetz und alles Heilige verweltlicht und dem Verderbniss ausgesetzt hat. Und wenn sie nach dem Apostel, 2. Korinth. III. 3, den Brief Gottes in sich tragen, nicht in Tinte, sondern im Geiste Gottes, und nicht in steinernen Tafeln, sondern auf den Fleischestafeln des Herzens geschrieben, so mögen sie aufhören, den Buchstaben anzubeten und um ihn besorgt zu sein.
Damit glaube ich genügend erklärt zu haben, in welchem Sinne die Bibel als heilig und göttlich gelten kann. Es ist nun zu untersuchen, was unter Debar Jehova (Wort Gottes) zu verstehen ist. Debar bezeichnet das Wort, die Rede, das Gebot und die Sache. Aus welchen Gründen eine Sache im Hebräischen als die Gottes erklärt oder auf Gott bezogen wird, habe ich Kap. 1 gezeigt, und daraus erhellt, was die Schrift unter Wort Gottes meint, sei es eine Rede, ein Gebet oder eine Sache. Ich brauche dies nicht Alles zu wiederholen, noch das, was ich in Kap. 6 an dritter Stelle von den Wundern gesagt habe. Ich deute hier es nur an, damit der Leser das hier Folgende besser verstehe. Wird das Wort Gottes von einem Gegenstande ausgesagt, der nicht Gott selbst ist, so bezeichnet
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