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Theologisch-Politische Abhandlung: Erweiterte Ausgabe (German Edition)

Theologisch-Politische Abhandlung: Erweiterte Ausgabe (German Edition)

Titel: Theologisch-Politische Abhandlung: Erweiterte Ausgabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Baruch de Spinoza
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u.s.w. Davon konnte die Bosheit der Menschen nichts verschlechtern und das Alter nichts zerstören. Denn was davon zerstört worden wäre, würde sofort aus der allgemeinen Grundlage von Neuem entnommen werden können, und die Regel der Liebe würde es gelehrt haben, welche überall in beiden Testamenten auf das Höchste empfohlen wird. Dazu kommt, dass sich allerdings keine noch so abscheuliche That denken lässt, die nicht einmal begangen worden; allein dennoch wird Niemand zur Entschuldigung seiner Thaten die Gesetze zu verachten oder etwas Gottloses als eine ewige und heilsame Lehre einzuführen Buchen; denn die menschliche Natur ist so eingerichtet, dass Jeder, sei er König oder Unterthan, wenn er etwas Schlechtes begangen, seine That mit solchen Umständen auszuschmücken sucht, dass man glauben soll, er habe nicht unrecht und unanständig gehandelt.
     
    Man kann deshalb annehmen, dass das allgemeine göttliche Gesetz, welches die Schrift lehrt, ganz und unverderbt auf uns gekommen ist. Daneben bleibt aber noch Anderes, was uns unzweifelhaft in redlicher Absicht überliefert worden ist, nämlich das Wesentliche der biblischen Geschichte, die ja Allen genau bekannt war. Das jüdische Volk pflegte sonst seine alten Erlebnisse in Psalmen zu singen, und das Wesentliche von Christi Thaten und seinen Leiden ist sofort im ganzen Römischen Reiche bekannt geworden. Deshalb konnte, wenn nicht der grösste Theil der Menschen sich zusammengethan hätte, was unglaublich ist, das Hauptsächliche von diesen Dingen auf die spätere Zeit nicht anders übergehen, als die frühere es empfangen hatte. Alle Verfälschungen und Fehler konnten deshalb nur das Uebrige treffen, einen oder den anderen Nebenumstand der Geschichte oder Weissagung, der das Volk mehr zur Andacht bewegen sollte; oder ein oder das andere Wunder, was die Philosophen in Verlegenheit bringen sollte; oder spekulative Punkte, als diese von den Andersgläubigen in die Religion eingeführt wurden, um damit die eigenen Erfindungen durch Missbrauch des göttlichen Ansehens zu befestigen. Allein für das Heil macht es wenig aus, ob solche Verschlechterungen mehr oder weniger stattgefunden, wie ich im nächsten Kapitel zeigen werde; obgleich es schon aus dem Bisherigen und aus Kap. 2 sich ergeben dürfte.
     
     
Dreizehntes Kapitel
 
    Es wird gezeigt, dass die Bibel nur ganz Einfaches lehrt und nur Gehorsam verlangt; dass sie auch von der göttlichen Natur das lehrt, was die Menschen durch einen bestimmten Lebenswandel nachahmen können.
     
    In Kap. 2 dieser Abhandlung habe ich gezeigt, dass die Propheten nur eine besondere Gabe der Einbildungskraft, aber nicht der Einsicht gehabt haben; dass Gott ihnen keine philosophischen Geheimnisse, sondern nur einfache Dinge offenbart und sich ihren vorgefassten Meinungen anbequemt habe. Ich habe dann in Kap. 5 gezeigt, dass die Bibel die Dinge so berichtet und lehrt, dass Jedermann sie leicht fassen kann; sie leitet sie nicht aus Grundsätzen und Definitionen ab und verknüpft sie nicht, sondern sie spricht sie nur einfach aus und bestätigt sie des Glaubens wegen nur durch die Erfahrung, d.h. durch Wunder und Ereignisse, die auch in einer Weise erzählt werden, wie sie den Sinn der Menge am meisten einnimmt. Man sehe deshalb Kap. 6 No. 3. Endlich habe ich in Kap. 7 gezeigt, dass die Schwierigkeit des Verständnisses der Bibel nur in der Sprache, aber nicht in der Feinheit ihres Inhaltes liegt. Dazu kommt, dass die Propheten nicht den Gelehrten, sondern allen Juden ohne Unterschied predigten, und dass die Apostel die evangelische Lehre in den Hallen, wo Alle sich zu versammeln pflegten, lehrten. Aus alledem folgt, dass die Lehre der Schrift keine spitzfindigen Spekulationen und keine philosophischen Sätze enthält, sondern nur Dinge, so einfach, dass sie selbst von dem Geistesarmen verstanden werden können. Ich kann deshalb mich nicht genug über den Scharfsinn Derer wundern, die ich früher erwähnt, und die so tiefe Geheimnisse in der Bibel sehen, dass keine menschliche Sprache sie erklären könne, und die deshalb in die Religion so viel Dinge der philosophischen Spekulation eingemengt haben, dass die Kirche einer Akademie, und die Religion einer Wissenschaft, oder besser, einem Gezanke gleicht. Allein was wundere ich mich, dass Menschen, die das übernatürliche Licht zu besitzen sich rühmen, den Philosophen, die nur das natürliche haben, in Erkenntniss nicht nachstehen wollen. Ich würde mich nur wundern, wenn sie

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