Theres
jetzt machen? Auf einen Prozess warten, dessen Vorbereitungen sich bis ins Unendliche hinziehen, und der dann, wenn die Zeit gekommen ist, doch nur im Sande verlaufen wird? Was für ein enttäuschender Abschluss.
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Ungeachtet dessen, was Polizei und Staatsanwaltschaft unternehmen, bilden sich autonome Gruppen, die die Inhaftierung nur als provisorischen Haltepunkt betrachten und darauf bestehen, dass der Verlauf rasch bis zu seinem logischen Endpunkt geführt wird . Nach der Verlegung der Gefangenen nach Stammheim kam ans Licht, dass ein lokaler Kegelklub einem jeden von ihnen 10 DM gesandt hatte; aus demBegleitbrief ging hervor, dass das Geld dafür gedacht war, dass sich die Inhaftierten Stricke kauften. Einige der Absender gingen auf Nummer sicher und schickten eigenhändig gekaufte Stricke mit. Lasst uns nicht länger warten, tut es jetzt, dann wird es hinterher besser. Stricke und Begleitbrief fanden dem Stammheim-Wärter Bubeck zufolge unangetastet ihren Weg in die Zellen. Wer weiß, wie viel Werkzeug (in Form von Kanülen, geschliffenen Küchenmessern, Hausapotheken, die alles von Valium bis zu normalem anständigem Rattengift enthielten) von dort draußen allmählich dort drinnen auftauchte: ein Horrorkabinett, gefügt aus den Ängsten, Vorurteilen und Phobien ganz normaler Menschen. Das BKA ist gezwungen, sein früheres Bild von der Einseitigkeit des Kampfes zu korrigieren. Es geht nicht nur um einen Kampf zwischen dem deutschen Rechtsstaat und dessen Feinden; auch eine dritte Kraft ist mit im Bilde, empfindlich wie ein Lichtspiegel und unendlich viel schneller agierend als jede Behörde. Die »öffentliche Meinung« ist die letzte beschlussfassende Instanz, wenn es um die Glaubwürdigkeit jeder einzelnen Aussage geht : ob nun die Schilderungen der RAF oder die des BKA .
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(Geschichten. Wahr oder falsch? »Bitte ankreuzen«)
1. Geschichte über Meinhofs Kindern. Meinhof war frühzeitig bemüht, ihre Kinder in ein Lager nach Jordanien zu überführen, zugehörig der palästinensischen Befreiungsorganisation PFLP . Das Lager sollte später für die Aufnahme Tausender deutscher Jugendlicher erweitert werden, die hier ihre Ausbildung erhalten und dann in die nunmehr zur regulären Armee umgestalteten deutschen Stadtguerilla zurückgeschleust werden sollten.
Ankreuzen: wahr oder falsch.
2. Geschichte über »Baaders Braut«. Bereits bei der Befreiung von Andreas Baader im Mai 1970 wurde Ulrike Meinhof »Baaders Verlobte« genannt. Baader soll eine Zeitlang auch als Meinhofs Liebhaber in einer Art ménage à trois fungiert haben, bei der Meinhof den höherstehenden,intellektuellen Part darstellte: »das Gehirn« in dem Dreieck der Fleischeslust. Der Hauptanteil der Reibereien in der Gruppe soll demnach durch die Eifersucht von Ensslins Seite begründet sein.
Ankreuzen: wahr oder falsch .
3. Geschichte über das Verhältnis zu Röhl. Klaus Rainer Röhl hat Meinhof nie geliebt. Der Grund, weshalb er sie geheiratet hat, war, dass er ein ideologisches Aushängeschild brauchte, während er selbst in den Kulissen der Macht Intrigen spann und Kompromisse einging. Während sie also den äußeren Schein wahrte, betrog er sie ununterbrochen. Ein Freund der Familie räumte ein: »Die beiden waren wie ein Janusbild; jeder legitimierte die Existenz des anderen.« Das heißt: bis das Aushängeschild zerstört wurde.
Ankreuzen: wahr oder falsch .
4. Geschichte über Meinhofs Krankheit. Einer der Hintergrundartikel zu der »Nachricht« über Meinhofs »Sprung« in die Illegalität trägt die Überschrift: Die Frau, die einen Gehirntumor hatte, ließ das Haus ihres früheren Ehemannes demolieren . Eine übertriebene Neigung zu Gewalttaten kann in den meisten Fällen auf Gehirnschäden zurückgeführt werden. Entsprechend dieser Theorie ist Meinhof in der RAF ganz und gar nicht die »mäßigende Kraft«, als die sie so oft dargestellt wird; im Gegenteil, sie war es, die zu den schlimmsten Attentaten aufgehetzt hat. Ein solcher Mensch vermag auch niemals, zwischen gegen andere gerichteten Gewalttaten und destruktiven gegen die eigene Person gerichteten Handlungen zu unterscheiden.
Ankreuzen: wahr oder falsch .
(Die Legende von der »Hydra« in Hamburg)
Die meisten der Enzyklopädisten des 18. Jahrhunderts waren sehr darauf bedacht, dass Beschreibungen und Abbildungen von Dingen ausgingen, die in existenten Naturalienkabinetten zu finden waren. Man machte jedoch auch Ausnahmen; ausgehend von dem Prinzip, dass eine
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