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Thorn - Die letzte Rose

Thorn - Die letzte Rose

Titel: Thorn - Die letzte Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Kastenholz
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Phantasien bei weitem: Sobald einer der Lykanthropen die hundert Euro Eintritt kassiert und den Türmechanismus gedrückt hatte, wurde Thorns Gehör überschwemmt von einem ohrenbetäubenden Lärm, der in hiesigen Kreisen wohl ‚Musik’ genannt wurde. Tumbe Bässe, vereinzelte Stakkatos und schnelle Rhythmen wechselten sich unmelodisch ab mit schrillem Gesang, als habe man einer Harpyie auf den Schwanz getreten.
    Irgendwo am Ende des Saals, verborgen von langen, geheimnisvollen Schatten spielte die Band, die garantiert nicht aus Lebenden bestand. Ihre Musik war dafür zu grotesk.
    Hier war alles versammelt, was die Zwischen- und die Halbwelt aufzubieten hatten. Vorwiegend Tote. Doch dafür waren sie putzmunter.
    Wohin Thorns Blick in der Düsternis auch schweifte, überall drängten sich Leiber aneinander, die meisten davon deformiert. Nur gelegentlich erblickte sie einen Menschen, der in dieser elitären Gemeinschaft geduldet wurde. Doch sie war sich darüber im Klaren, hätte sie diesen Personen einen zweiten Blick geschenkt, sie hätte bei den meisten von ihnen Anzeichen gefunden, die auf ihre außerweltliche Herkunft schließen ließen: spitze Ohren, gespaltene Zungen, weiße Pupillen ...
    Spätestens seit jener Nacht, in der Rotauge Thorns Familie ausgelöscht hatte, wusste sie, es gab viel mehr zwischen Himmel und Erde, was die Schulweisheiten Glauben machten.
    Und der große ‚Rest’ der vermeintlichen Menschen war Schwarzmagier, die sich in dieser Gesellschaft wohl fühlten und denen auch nicht mehr zu trauen war als den Lykanthropen, Lamiern, Onis, Wurdalaken, Halbdämonen und anderen Vampiren aus kleineren Familien.
    Sogar einen Gargoyle mit Stummelflügeln und Hörnern sah sie zu ihrem Erstaunen an einem der Tische herumlungern. Angeregt unterhielt er sich mit einer Kreatur, die Thorn mit ihren tentakelartigen Auswüchsen aus dem Hinterkopf entfernt an eine Gorgone erinnerte.
    Zugegeben, nicht ganz das TITTY TWISTER, doch auch das BLUE MOON konnte sich durchaus sehen lassen. Eine echte Monster-Party. Fehlte eigentlich nur noch Bela B., der mit Cthulhu und Draculas kleinem Bruder Mau-Mau spielte ...
    Absurderweise legte sich allmählich sogar das mulmige Gefühl in Thorns Magen. Es flaute ab und machte einer gewissen Routine Platz. Ihr war immer noch nicht wohl in ihrer Haut, das wäre auch zu viel verlangt gewesen in dieser illustren Runde, und doch fühlte sie sich hier seltsamerweise sicherer als nachts in einer dunklen Gasse in Berlin-Kreuzberg. Irgendwie spürte sie, rein intuitiv, so groß die Unterschiede zwischen den Kreaturen und ihr auch waren, eigentlich wollten fast alle nur dasselbe: überleben!
    Nur mühsam schaffte sie es zum Tresen. Mitunter bedurfte es eines groben Anrempelns, um sich einen Weg durch die Gestalten zu bahnen, ebenso wie sie angerempelt wurde. Dabei war sie ebenso wenig zimperlich wie die anderen, benutzte ihre Ellbogen und mehr als einmal wie zufällig die beiden herausragenden Enden ihrer Schwerter.
    Letztlich schaffte sie es doch noch zur Bar, ohne sich ernsthaft mit jemandem anzulegen. Wie erwartet stand Johannes Jules dahinter und war offensichtlich bester Laune, weil das Geschäft florierte. Während er sich mit einigen seltsam anmutenden Typen, vor ihm auf Hockern, unterhielt, fand er die Zeit, die drei Lamier, die für ihn arbeiteten, und zur Eile anzutreiben.
    Er war Thorn von Anfang an recht sympathisch gewesen mit seinem etwas untersetzt wirkenden Äußeren, der Brille und der beginnenden Glatze. Vor allem aber besaß er das Talent, dass ihm niemand wirklich böse sein konnte, weder die eine Seite, noch die andere. Sein Opportunismus ging allerdings nicht so weit, dass er bis zur Selbstleugnung versucht hätte, es jedem recht zu machen.
    War sie bislang offenbar nicht hervorgestochen, so war es ausgerechnet Jules, der ihrem Erscheinen mehr Aufmerksamkeit beipflichtete, als sie es gewohnt war: Kaum hatte sie mit einem Seufzer ihr Daisho auf die Oberplatte des Tresens gelegt - laut genug, dass sie gehört wurde und sich einer der Kellner um sie kümmerte -, brach der Wirt sein angeregtes Gespräch ab und schlurfte auf sie zu.
    „Sie sind vom Mondpack“, stellte er mit unüberhörbarem rheinischen Dialekt fest und taxierte sie aus zwei wasserblauen Augen.
    „Yep“, murrte Thorn abweisend und schlug mit ihren Klingen mehrmals auf die Theke, damit sich endlich jemand vom Personal ihrer erbarmte. Vergebens. Es mochten zwar Lamier sein, doch Kellner waren nun mal

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