Thors Valhall
Zimmer angelangt blieb er schwer atmend stehen.
„Wo sind sie?“, brüllte er. Er betrachtete das zerwühlte Bett, die Scherben auf dem Boden, den blutigen Fingerabdruck auf der Ablage des Schminktisches, die Blutstropfen auf dem Teppich. Ein deutliches Zeichen dafür, dass sich eine Schlägerei zugetragen haben musste. Doch von Dylan und Thor fehlte jede Spur.
„Was wollte Thor von ihm?“, schrie Tony fassungslos. Cay konnte jedoch nur die Schultern ein wenig anheben und den Kopf dazu schütteln.
„Ich weiß es nicht … Ich glaube, es ging um Dylans Trinkerei.“
Erik war ans Fenster gelaufen, deutete nach draußen: „Da steht ein Taxi vor dem Haus. – Sie fahren weg!“
Dylan hielt sich die zitternde Hand an die Schläfe. Blut rann unaufhaltsam seine Wange hinunter, lief über seine Finger, tropfte auf seine Hose. Ein Zustand, den er kaum realisieren konnte.
„Das wirst du bereuen“, fauchte er. „Wenn du mir die Nase gebrochen hast, verklag’ ich dich auf Schmerzensgeld.“
„Mach’ dich nicht lächerlich, Perk“, konterte Thor unbeeindruckt. „Du hast genug Kohle.“
Aus der Jackeninnenseite zog er ein Taschentuch hervor, welches er ohne weitere Worte in Dylans Richtung reichte.
Der nahm es ebenso still an sich. In seinem Kopf pochte es ungnädig, als er sich über die Lippen leckte, schmeckte er Blut.
Jetzt wagte er auch, die andere Hand zu Hilfe zu nehmen. Sorgsam tastete er seinen Nasenflügel ab. Die Nase schien nicht gebrochen, auch wenn sie schmerzte. Dylan mochte sich gar nicht vorstellen, wie ihn diese gezielten Schläge entstellt haben mussten.
Sofort verspürte er eine drückende Übelkeit. Bitte nicht kotzen , schoss es durch seinen Kopf. Die Blöße darfst du dir nicht geben!
Erschöpft lehnte er sich in den Sitz des Wagens zurück. Sie waren schon eine Weile gefahren, deutlich erkennbar verließen sie die Stadt. Die Lichter wurden weniger, die Gebäude kleiner.
„Wohin fahren wir?“
„Das wirst du schon früh genug erfahren.“
Abseits der Stadt fuhr das Taxi auf ein spärlich bebautes Anwesen. Immer wieder war Dylan während der Fahrt eingeschlafen. Doch jetzt sah er interessiert aus dem Fenster.
„Was soll das hier sein?“, fragte er noch immer gereizt, dabei musterte er die flachen Häuser mit den roten, schnörkeligen Dächern, den schönen Bäumen rings herum, die Parkanlage, die kleine Seen und Brücken beinhaltete. „Ein japanischer Garten?“
„So ähnlich …“, antwortete Thor. Der Wagen hielt vor einem der Gebäude. Thor bezahlte den Fahrer, dann stiegen sie aus.
Sogleich kam eine zierliche Frau herangeeilt, um Thor und Dylan in Empfang zu nehmen. Sie war gekleidet, wie eine Geisha, hatte ihr schwarzes Haar hochgesteckt, ihr rundes Gesicht weiß geschminkt und die Lippen tiefrot angemalt, dazu lächelte sie sanft und verbeugte sich.
Ein flaches Haus lag vor ihnen, dessen Eingangsbereich ein hölzernes Überdach besaß.
„Zieh’ die Schuhe aus, Perk“, befahl Thor.
Er betrat den Vorraum, der eine Stufe höher gelegen war, als Erster, nachdem er sich die Stiefel ausgezogen und in weiche Filzpantoffeln geschlüpft war.
Wenige Meter danach schob er eine transparente Papierschiebetür auf.
Zufrieden sah er sich um. Das war genau die Location, die er benötigte. Im Augenwinkel bemerkte er, wie Dylan mit seinen Stiefeln kämpfte. Einige Male hätte er beim Ausziehen der Straßenschuhe das Gleichgewicht verloren, doch schließlich folgte er, wenn auch ganz unsicher auf den Beinen, und das blutige Taschentuch noch immer an die Stirn haltend.
Sein Blick auf die Räumlichkeiten fiel kläglicher aus.
„Sehr hübsch!“, fauchte er ungnädig. „Und was wollen wir hier?“
Fragend sah er Fahlstrøm an, doch anstatt eine Antwort zu erhalten, erschütterte ihn nur ein weiterer Schlag.
Diesmal fiel Dylan ungehalten zu Boden. Er gab sich gar keine Mühe, um dem Schlag auszuweichen. „Was soll denn der Mist!?“, schrie er allerdings, inzwischen ganz verzweifelt. Der Schmerz und die Übelkeit raubten ihm allmählich den Verstand, seine blutverschmierten Hände, ließen auf dem Boden einen Abdruck zurück. „Reicht das nicht langsam?“
„Oh, nein, Perk, das reicht noch lange nicht!“, dröhnte Thors Stimme. „Du glaubst gar nicht, wie wütend ich bin!“
Er packte Dylan im Nacken, zog ihn auf die Beine, doch nur, um ihn mit einem weiteren Schlag wieder niederzustrecken.
Dylan stöhnte gequält. Schwer atmend drehte er sich auf den Rücken,
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