Thors Valhall
Hand direkt im Gesicht. Ehe er registrieren konnte, was geschehen war, verspürte er noch einen weiteren Schlag.
Die Wucht der Schläge zwang ihn erneut in die Knie.
„Was das soll? Das frage ich dich!“, schrie Thor dazu. „Hattest du nicht versprochen, weniger zu trinken?“
„Weniger bedeutet nicht ganz drauf zu verzichten“, schrie Dylan zurück. Er rieb sich die schmerzenden Wangen, und kaum stand er wieder auf den Beinen, brachte ihn ein weiterer Schlag zu Fall. Dieser Hieb war noch stärker, als die vorigen. Er traf ihn direkt am Ohr, sodass eine heftige Vibration seinen Kopf erschütterte, augenblicklich stellte sich ein monotones Summen ein. Cays Schrei erklang gedämpft und hohl.
„Hör’ auf ihn zu schlagen, was hat er denn getan!?“
„Du … hast hier überhaupt nichts zu melden, ist das klar!?“ Thors erregte Stimme hallte durch den Raum. Ängstlich wich Cay zurück.
Noch einmal zog sich Dylan am Bett empor, stellte sich auf seine wackeligen Beine. Und der heftige Schlag auf sein Ohr förderte nicht gerade seinen ohnehin gestörten Gleichgewichtssinn.
Ein vernünftiges Gespräch zu führen, schien undenkbar. Wenn Thor zuschlug, war höchste Alarmbereitschaft angesagt. Und Dylan konnte inzwischen behaupten, dass er Thors Verhaltensmuster wenigstens ansatzweise deuten konnte. Zudem sprach dessen vor Wut bebendes Gesicht Bände.
Dylan kam einen Schritt näher. Er war zu schwach, um sich in körperlicher Hinsicht verteidigen zu können. So versuchte er es auf verbaler Ebene.
„Sei doch nicht gleich sauer.“ Er lächelte, was ihm angesichts der Ohrenschmerzen nicht einfach fiel. „Falls du eifersüchtig bist … Cay und ich, wir haben lediglich …“
„Eifersüchtig? Auf diesen Bengel?“ Thor lachte laut. Er machte sich nicht einmal die Mühe, den Jungen im Raum, der ihn immer noch furchtvoll fixierte, anzusehen. „Der hat das Schwanzlutschen doch sicher erst bei dir gelernt!“
Dylan schüttelte den Kopf. Er verstand gar nichts mehr. „Aber …“
Sein Mund öffnete sich fassungslos, denn noch einmal, völlig unerwartet, schlug die Hand auf ihn ein. Vom starken Hieb getroffen, wirbelte er herum, dabei löste sich ein erschrockener Laut von seinen Lippen. Während des Falls griff er nach der Kante seines Schminktisches, doch anstatt einen Halt daran zu finden, schlug er dort unsanft mit dem Kopf auf. Seine Stirn fing sofort an, zu bluten. Aber auch das hinderte Thor nicht daran, weiterhin zuzuschlagen, nochmals und nochmals … immer wieder.
„Nein, was machst du denn!?“, rief Cay erschrocken. Er kam näher, wollte Dylan zur Hilfe eilen, aber als Thor sich vor ihm aufbäumte, verließ ihn der Mut.
Tony zögerte. Eigentlich wollte er sich, im Beisein von Erik, etwas zurückzuhalten – jedenfalls, was das Essen anbelangte. Doch der unpassende Auftritt von Thor Fahlstrøm hatte sein Blut in Wallungen gebracht. Und immer, wenn er sich aufregte, war eine reichhaltige Nahrungsaufnahme die beste Maßnahme, um sich wieder zu beruhigen.
„Die Salate sind lecker“, stellte Erik fest. Ein Lächeln lag auf seinem feinen Gesicht, als er bemerkte, wie voll sich Tony den Teller befüllt hatte. „Dir schmeckt es auch?“
Er kam näher, dabei nahm er einen Schluck aus seiner Bierflasche. Zurück blieb ein dünner Film von Feuchtigkeit auf den schmalen Lippen, die Tony sofort angeregt betrachtete. Zu gerne hätte er einen leidenschaftlichen Kuss auf diese Lippen gedrückt, dazu die Hände auf Eriks Hüften gelegt, ihn daran zu sich gezogen, ganz bestimmend und vielleicht anschließend den Griff zwischen seine Beine gewagt; ebenfalls ganz sanft, unauffällig, sodass es niemand mitbekommen würde.
Er konnte sich sogar vorstellen, auf das weitere Barbecue zu verzichten, nur, um mit Erik ungestört sein zu können. Sie sahen sich an, so intensiv wie lange nicht. Zögernd, und doch gezielt, kamen sie sich näher. Aber bevor sich ihre Lippen trafen, brachte sie Cays Geschrei auseinander …
„Ihr müsst hochkommen! Er schlägt ihn tot, Fahlstrøm schlägt ihn tot!“
Ein besorgtes Raunen löste sich aus den Mündern der Gäste, die diese Nachricht ebenfalls vernahmen.
Tony stellte seinen Teller ab, doch da sein Körper sich bei Cays Worten sofort in Bewegung gesetzt hatte, erreichte der Teller nur die Kante eines Bistrotisches, sodass er samt Inhalt laut zu Boden fiel.
Vielleicht so schnell wie nie, und von Erik und Cay gefolgt, erklomm Tony die Stufen ins Obergeschoss. In Dylans
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