Thors Valhall
verdeckte.
Aber es gab jemanden unter den vielen Musikfans, der ihn sehr wohl kannte. Und das war Cay, der ebenso munter neben Dylan tanzte und sich kaum von ihm unterschied. Seit Jahren war Cay ein Fan der Band und mutierte mehr und mehr zu einem Doppelgänger von Dylan Perk, auch wenn er ein wenig kleiner war. Man hätte sie für Brüder halten können, doch als der Song ausklang, sie sich lachend bei den Händen nahmen und an den Rand der Tanzfläche stellten, dazu die Köpfe neckend zusammensteckten und sich immer wieder umarmten, hätte ebenso der Eindruck entstehen können, sie seien ein Paar.
Thor beobachtete dies eine Weile. War es wirklich notwendig, den Sänger von RACE zu kontrollieren? Er war ihm sicher nicht gefolgt, um dem Wunsch einer gemeinsamen Party nachzukommen, vielmehr, um zu prüfen, ob Dylan sein Versprechen, keinen Alkohol zu konsumieren, auch tatsächlich einhielt.
Mit nur einem Blick konnte er erfassen, wie ausgelassen sich Dylan verhielt, völlig entspannt. Er amüsierte sich sichtlich. Ob doch wieder Alkohol im Spiel war? Thor konnte nicht erkennen, ob die beiden Männer Getränke bei sich hatten.
Während er noch überlegte, ob er die Zweisamkeit von Cay und Dylan stören sollte, vernahm er aufgeregte Stimmen neben sich.
„Doch, ich glaube, er ist es … ja … Äh, Thor? Thor Fahlstrøm?“
Ein wenig genervt drehte er sich um. Wie konnte er bloß glauben, dass ihn niemand erkennen würde.
„Du bist doch Thor Fahlstrøm, oder?“
Er deutete ein Nicken an. Vor ihm standen zwei junge Männer, eindeutig Metal-Fans mit langen Haaren, bedruckten T-Shirts und Nietenarmbändern. Einer von ihnen hielt Papier und Kugelschreiber in seine Richtung.
„Können wir ein Autogramm haben?“
„Klar …“
Still unterschrieb er auf dem Papier, danach auch auf der Eintrittskarte des anderen jungen Mannes.
„Euer Auftritt war wirklich super!“, lobte der. Thor bedankte sich, drehte sich danach jedoch wieder der Tanzfläche zu, starrte geistesabwesend auf Dylan und Cay, die schon wieder am Tanzen waren.
Dabei sahen sie sich an, berührten sich hier und da, ganz zufällig, nahezu unauffällig, vielleicht ohne sich etwas dabei zu denken, vielleicht aber auch ganz absichtlich?
„Wie kommt das … und die … bei der Tournee … ist das auch … mit RACE … Und wieso … dieser Dylan Perk … das Album … auch? Das stimmt doch nicht, oder?“
Perplex drehte sich Thor wieder um. Den Worten des jungen Mannes hatte er kaum folgen können.
„Was?“
„Das mit Dylan Perk, das stimmt doch nicht, oder?“
„Weiß nicht, was du meinst“, antwortete er. Dann wandte er sich ab.
„Siehst du!“, sagte einer der Fans, als Thor sich längst außer Reichweite befand. „Ich hab’s doch gesagt. An der Sache ist überhaupt nichts dran. Thor Fahlstrøm ist nicht schwul.“
Sein Freund nickte, zeigte dabei in Richtung der Tanzfläche. „Wenn man vom Teufel spricht … Ist das nicht Perk? - Der mit der Sonnenbrille und dem Fellmantel?“
„Tatsächlich“, der andere staunte. Ein heimtückisches Lächeln schlich sich auf sein Gesicht. „Weißt du was? Dem verpassen wir jetzt mal eine ordentliche Abreibung.“
Dylan nahm das Glas Cola dankbar entgegen. Viel lieber wäre ihm ein alkoholisches Getränk gewesen, doch er wollte sich zusammen reißen, wenigstens an diesem Abend …
Er hatte doch versprochen, sich disziplinierter zu verhalten. Wann immer er an einen Drink dachte, vergegenwärtigte er sich, dass die Arbeit an dem Album viel wichtiger war.
„Thor wartet auf dich“, sagte Cay. Er hatte sich dafür dicht an Dylan gepresst, sprach direkt in dessen Ohr, denn die Lautstärke war enorm und niemand sollte ihnen zuhören können.
„Echt?“ Dylan staunte, drehte sich suchend um, aber Thor konnte er zwischen all den Menschen nicht erblicken. „Wo?“
„Draußen!“ Cay deutete Richtung Ausgang. „Er sucht dich wohl – Da waren eben zwei Typen, die sagten, ich soll es dir ausrichten …“
„Okay!“ Dylan stellte sein Glas ab, griff sich reflexartig in die Haare, sortierte die zotteligen Strähnen, die er mit viel Fürsorge zur rechten Seite toupiert hatte. „Bin dann mal kurz weg, warte hier, bin gleich zurück.“
Thor entfernte sich vom Zelt, somit wurde auch der Geräuschpegel weniger. Langsamen Schrittes marschierte er über den Rasen, hier und da erklang ein Lachen aus der Dunkelheit, einige Musikfans kreuzten seinen Weg, doch da es inzwischen schon spät in der Nacht
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