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Thunderhead - Schlucht des Verderbens

Thunderhead - Schlucht des Verderbens

Titel: Thunderhead - Schlucht des Verderbens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston
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beschienen die Felswände auf der anderen Seite des Canons. Nora hockte unterhalb der Stelle, die sie >das Planetarium< getauft hatten, auf der alten Mauer und fühlte sich so erschöpft wie noch nie zuvor in ihrem Leben. Aus der Stadt drangen die aufgeregten Stimmen der anderen Expeditionsteilnehmer, die von dem riesigen, gewölbten Hohlraum über den Ruinen seltsam verstärkt und verzerrt wurden. Sloane hatte eine Strickleiter und ein System von Flaschenzügen installiert, mit dem Menschen und Material relativ rasch hinauf zu der Stadt gelangen konnten. Aus dem Pappelhain tief unten im Tal, in dem Nora und Sloane die letzte Nacht verbracht hatten, stieg der Rauch von Bonarottis Kochfeuer auf. Der Italiener hatte zur Feier des Tages verkündet, dass er Medaillons von wilden Langnasen-Fledermäusen mit einer Mokka-Grillsauce zubereiten und - zu Noras Erstaunen - zwei Flaschen Chaeau Petrus spendieren wolle.
    Dieser Tag, dachte Nora, war der längste und erfolgreichste Tag in meinem ganzen Leben. Auch Howard Carter hatte vom »Tag der Tage« gesprochen, als er zum ersten Mal König Tutanchamuns Grabkammer betreten hatte. Nora hingegen stand die Begehung des Großen Kivas noch bevor. Damit, so hatte sie beschlossen, wollte sie warten, bis sie sich einen allgemeinen Überblick über die Stätte verschafft hatte und wieder einigermaßen klar denken konnte. Im Laufe dieses langen, ersten Tages in Quivira hatte sich Nora mehrmals dabei ertappt, wie sie zwischen den Ruinen nach Spuren im Sand, Inschriften oder Anzeichen einer Grabung Ausschau gehalten hatte, aber sie hatte nicht den kleinsten Hinweis darauf finden können, dass ihr Vater hier gewesen war. Natürlich sagte ihr die Vernunft, dass herumstreifende Tiere etwaige Spuren ihres Vaters längst verwischt hätten, ganz zu schweigen von dem Wind, der permanent frischen Sand in die Stadt wehte. Außerdem wäre ihr Vater - so er denn hier war - vermutlich genauso überwältigt von der Größe und Würde der Stadt gewesen wie sie und hätte das Anbringen einer modernen Inschrift an den alten Wänden somit bestimmt als ein Sakrileg betrachtet.
    Langsam kamen die anderen aus der Ruine zurück, wobei Sloane den Schluss bildete. Swire und Smithback gingen auf Nora und die Strickleiter zu. Während Swire, dessen Gesicht unter seiner lederartigen Bräune vor Aufregung gerötet war, sich einfach wortlos hinsetzte, blieb Smithback stehen und fing an, munter draufloszuplappem. »Das ist ja unglaublich!«, tönte er mit lauter Stimme, die in der Ruhe der Ruinenstätte schrill und unangenehm schallte. »Gott im Himmel, was für eine Stadt! Dies hier wird die Entdeckung von Tutanchamuns Grab aussehen lassen wie...« Er hielt inne und suchte nach Worten, fand aber keine. Einen Augenblick hatte es sogar ihm die Sprache verschlagen. Ohne zu wissen, warum, ärgerte sich Nora darüber, dass der Journalist dieselben Gedanken hatte wie sie. »Wissen Sie, ich habe mal für das Naturgeschichtliche Museum in New York gearbeitet«, fuhr Smithback fort, »aber die Sammlungen dort können den Sachen, die wir hier nur im Vorbeigehen gesehen haben, nicht im Entferntesten das Wasser reichen. Hier ist mehr Zeug als in sämtlichen Museen der Welt, verdammt noch mal. Wenn meine Agentin das hört, wird sie...«
    Noras böser Blick ließ Smithback verstummen.
    »Entschuldigung, Frau Chefin«, murmelte der Journalist schließlich und trat einen Schritt zur Seite. Dann zog er ein kleines, spiralgebundenes Notizbuch aus seiner Gesäßtasche und begann etwas hineinzuschreiben.
    Bald draufkamen auch Aragon, Holroyd und Black an den Rand des Alkovens. »Das ist die größte Entdeckung dieses Jahrhunderts«, verkündete Black. »Und die Krönung meiner Karriere.«
    Holroyd hockte sich mit langsamen, unsicheren Bewegungen, die Nora irgendwie an einen alten Mann erinnerten, auf die Mauer. Der Staub auf seinem Gesicht war unter den Augen verschmiert, als habe er beim Anblick der Stadt geweint.
    »Wie geht es Ihnen, Peter?«, fragte Nora leise.
    Holroyd sah sie mit einem schwachen, dankbaren Lächeln an. »Fragen Sie mich das morgen noch mal. Ich kann es Ihnen jetzt nicht sagen.«
    Nora sah hinüber zu Aragon und war gespannt, ob die Entdeckung der Stadt irgendeine Auswirkung auf dessen mürrische Reserviertheit hatte. Aragons Gesicht war schweißüberströmt, aber seine Augen glänzten wie der schwarze Obsidian, von dem sie in Quivira so viele gesehen hatte.
    Aragon erwiderte Noras Blick, und zum ersten Mal, seit

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