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Thunderhead - Schlucht des Verderbens

Thunderhead - Schlucht des Verderbens

Titel: Thunderhead - Schlucht des Verderbens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston
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Grabkammer stehen und starrte hinab auf die beiden Toten, während Sloane das Stativ für ihre Großformatkamera aufbaute und Holroyd das Magnetometer ausschaltete. Dann trat er auf Nora zu. »Unglaublich, nicht wahr?«, sagte er leise.
    Nora schenkte ihm ebenso wenig Beachtung wie Sloane. Sie dachte an Aragon und wie eigenartig sein Gesicht ausgesehen hatte. Auch sie spürte, dass an diesem Grab etwas merkwürdig, seltsam, ja irgendwie falsch war. Auf gewisse Weise, dachte sie, ist das überhaupt kein Grab hier. Gut, einige Indianerstämme aus der Pueblo-IV-Epoche hatten ihre Toten verbrannt; andere hatten deren Knochen nach einiger Zeit wieder ausgegraben und in Gefäßen ein zweites Mal bestattet. Aber in keinem einzigen Grab hatte man bisher zerbrochene und angekohlte Knochen gefunden, ebenso wenig wie Blütenstaub und eine so reiche Fülle an sorgfältig angeordneten Beigaben.
    »Ich bin gespannt, was Black zu diesem Grab sagen wird«, hörte sie Sloanes Stimme von hinten.
    Ich glaube nicht, dass das hier ein Grab ist, dachte Nora bei sich. Mir sieht das eher nach einem Opfer aus.
    Als sie hinaus auf das teilweise von der Sonne beschienene Dach des Hauses traten, legte Nora sanft eine Hand auf Sloanes Arm.
    »Ich dachte, wir hätten eine Vereinbarung getroffen«, sagte sie ruhig.
    Sloane drehte sich um und sah sie an. »Wie meinen Sie das?«
    »Sie hätten das Grab nicht ohne vorherige Rücksprache mit mir öffnen dürfen. Das war eine eklatante Verletzung der Grundsätze, die ich für diese Grabung aufgestellt habe.«
    Während Sloane Nora zuhörte, schien sich die Farbe ihrer Augen zu verdunkeln. »Dann meinen Sie also, dass das Öffnen des Grabes keine gute Idee war?«, fragte sie mit leiser Stimme, die Nora an das Schnurren einer Katze erinnerte.
    »Ja, das meine ich. Bevor wir so etwas tun, müssen wir die Stadt zuallererst erkunden und katalogisieren. Außerdem sind Gräber ganz besonders sensible Fundstätten. Aber darum geht es gar nicht, das habe ich Ihnen ja schon in Petes Ruine erklärt. Wenn man eine professionelle Archäologin sein will, dann kann man nicht einfach das ausgraben, wozu man gerade Lust hat.«
    »Wollen Sie damit sagen, dass ich keine professionelle Archäologin bin?«
    Nora atmete tief durch. »Sie sind zumindest nicht so erfahren, wie ich dachte.«
    »Ich musste dieses Grab einfach öffnen«, erwiderte Sloane unvermittelt.
    »Und weshalb?«, fragte Nora, der es nicht gelang, einen sarkastischen Unterton aus ihrer Stimme zu verbannen. »Haben Sie dort vielleicht nach etwas Bestimmtem gesucht?«
    Sloane fing an, etwas daherzureden, hielt dann aber inne. Sie kam näher, so nahe, dass Nora die heiße Wut zu spüren glaubte, die von ihr ausstrahlte. »Sie sind genauso machtbesessen wie mein Vater, Nora Kelly«, fauchte sie. »Seit ich zu dieser Expedition gestoßen bin, haben Sie mich ständig auf dem Kieker gehabt und nur darauf gelauert, dass mir ein Fehler unterläuft. Mit dem Öffnen dieser Grabmulde habe ich nichts falsch gemacht. Das Magnetometer hat einen Hohlraum angezeigt, und alles, was ich getan habe, war, zusammen mit Holroyd eine Steinplatte aufzuheben. Ich habe nichts berührt und auch nichts beschädigt.«
    Nora hatte Mühe, ihre Fassung zu bewahren. »Wenn Sie sich nicht an die Regeln halten können«, sagte sie so sachlich wie möglich, »dann werde ich Sie Aragon unterstellen. Von ihm können Sie lernen, wie man die Integrität einer Ausgrabungsstätte respektiert und den Vorgaben der Expeditionsleitung entspricht.«
    »Und damit meinen Sie wohl sich selbst«, entgegnete Sloane abfällig. »Dabei musste eigentlich ich die Leiterin dieser Expedition sein. Oder haben Sie etwa schon vergessen, wer das alles hier bezahlt?«
    »Nein, sicher nicht«, sagte Nora, der es gelang, trotz ihrer Wut ihre Stimme neutral zu halten. »Aber gibt es ein besseres Beispiel dafür, wie wenig Ihr Vater Ihnen vertraut?«
    Einen Augenblick lang blieb Sloane sprachlos vor ihr stehen. Sie ballte die Fäuste und ihr sonnengebräuntes Gesicht wurde ganz dunkel vor Zorn. Dann machte sie auf dem Absatz kehrt und ging.
    Nora sah ihr nach wie sie betont aufrecht und stolz zu der Leiter am sonnenbeschienenen Rand des Daches schritt.

 
30
    I n der Stille des frühen Morgens versammelten sich die Expeditionsteilnehmer am Fuß der Strickleiter. Die Schwalben, die sich inzwischen an die Eindringlinge gewöhnt hatten, hatten ihr aufgeregtes Tschirpen aufgegeben, mit dem sie anfangs noch jede Störung ihrer

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