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Thunderhead - Schlucht des Verderbens

Thunderhead - Schlucht des Verderbens

Titel: Thunderhead - Schlucht des Verderbens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston
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ließ sich ins Wasser des ersten Beckens gleiten und schwamm, gefolgt von Smithback, an die andere Seite. Aragon bildete den Schluss. Nach der drückenden Hitze des Tals empfand sie das Wasser angenehm kühl.
    Schweigend stiegen sie von Wasserbecken zu Wasserbecken und durchwateten die seichteren Stellen des Baches. Ihre leisen Schritte hallten schwach von den engen Wänden des Canons wider. Während Nora den schweren wasserdichten Sack von einer Schulter auf die andere wuchtete, war sie in Gedanken noch immer bei dem Wetterbericht, den Sloane ihr übermittelt hatte. Mit dieser Information war Nora ein großer Stein vom Herzen gefallen, denn angesichts der jüngsten Regenfälle wäre es durchaus möglich gewesen, dass sich in der Nähe des Kaiparowits-Plateaus ein Unwetter zusammenbraute. Hätte Sloane ihr einen derartigen Wetterbericht mitgeteilt, so hätte Nora sich fragen müssen, ob sie sich die schlechten Nachrichten vielleicht bloß aus den Fingern gesogen hatte, um länger im Tal von Quivira bleiben zu können. Dass sie und Black ihr - wenn auch widerwillig - die Meldung von schönem Wetter überbracht hatten, war für Nora der Beweis, dass die beiden sich damit abgefunden hatten, die Stadt zu verlassen. Jetzt mussten sie nur noch ein paar Mal durch den Slot-Canon klettern, um das Gepäck zu den Pferden zu schaffen, und dann stand dem endgültigen Abmarsch eigentlich nichts mehr im Wege.
    Was Nora noch Sorgen bereitete, waren die sterblichen Überreste von Peter Holroyd, die ein paar hundert Meter weiter oben im Canon auf sie warteten. Die Verstümmlungen an der Leiche bedeuteten, dass die Skinwalker noch immer in der Nähe waren. Vielleicht hatten sie sich ja sogar irgendwo in diesem Slot-Canon versteckt und warteten nur auf eine günstige Gelegenheit, um erneut zuzuschlagen.
    Nora drehte sich um zu Aragon. Der Mexikaner hatte ihr im Lager deutlich gemacht, dass er mit ihr reden wolle, doch jetzt, als sie ihn fragend ansah, schüttelte er lediglich den Kopf. »Wenn wir bei der Leiche sind«, sagte er.
    Nora durchschwamm ein weiteres Becken, kletterte einen kleinen Wasserfall hinauf und zwängte sich seitwärts durch einen schmalen Spalt. Als der Canon wieder etwas weiter wurde, konnte sie den dicken Stamm der Pappel sehen, der sich zwischen den Felswänden verkeilt hatte und den Eingang zu der Höhle markierte, in der Swire und Smithback Holroyds Leiche versteckt hatten.
    Darunter, in einem kleinen, etwa drei Meter langen Wasserbecken, entdeckte Nora den gelben Sack, in dem sie den toten Peter Holroyd verpackt hatten. Als sie vorsichtig näher kam, erkannte sie, dass er seiner ganzen Länge nach aufgeschlitzt war. Daneben lag, auf dem Rücken und halb im Wasser, Holroyds Leiche. Sie sah merkwürdig aufgedunsen aus.
    Nora blieb stehen. »O Gott«, hörte sie Smithback hinter sich sagen. »Stecken wir uns jetzt womöglich mit irgendeiner schlimmen Krankheit an, wenn wir durch dieses Wasser waten?«, fragte er nach einer kurzen Pause.
    »Nein, das glaube ich nicht«, antwortete Aragon von hinten, doch sein Gesicht hatte dabei nichts Tröstliches an sich.
    Nora und Smithback starrten schweigend auf die Leiche, während Aragon sich an ihnen vorbeischob und in das Wasserbecken stieg. Nachdem er den Toten auf eine schmale Felsterrasse gezogen hatte, zwang sich auch Nora, näher heranzutreten.
    Die Verwesung hatte Holroyds Körper so anschwellen lassen, dass er wie die groteske Karikatur eines extrem fetten Menschen aussah. Seine Haut wies eine seltsam bläulich-weiße Farbe auf, die Nora irgendwie an Milch erinnerte. Bereits auf den ersten Blick sah sie, dass jemand Hoiroyd die Finger knapp unterhalb der ersten Glieder abgeschnitten hatte, so dass nur noch kurze Stummel mit blassrosa Schnittflächen übrig geblieben waren. Seine Stiefel lagen zersäbelt neben dem Becken, und an seinen Füßen, die sich gespenstisch bleich von den schokoladenfarbenen Felsen abhoben, fehlten die Zehen. Als Nora die übel zugerichtete Leiche betrachtete, stieg in ihr eine heftige, mit Grauen und Wut gemischte Abscheu auf. Am schlimmsten sah Holroyds Hinterkopf aus: Hier hatte man ihn an der Stelle, an der sich der Haarwirbel befunden hatte, kreisförmig skalpiert und dann eine kleine Scheibe aus dem Schädelknochen gesägt. Aus dem Loch quoll hellgraue Gehirnmasse heraus.
    Mit raschen Bewegungen streifte sich Aragon ein Paar Latexhandschuhe über und öffnete der Leiche das Hemd. Dann holte er ein Skalpell aus seiner Arzttasche und

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