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Thunderhead - Schlucht des Verderbens

Thunderhead - Schlucht des Verderbens

Titel: Thunderhead - Schlucht des Verderbens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston
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ein zerfetztes Zaumzeug in der Hand. Das Notizbuch mit seinen Gedichten lag unbeachtet auf einem Felsen neben ihm. Der Cowboy war zutiefst aufgewühlt. Nicht weit von ihm entfernt am Ufer des angeschwollenen Flusses stand eine große Pappel, die wegen des Wassers, das an ihren Wurzeln zerrte, schon eine bedenkliche Schräglage aufwies. Lange, dünne Streifen von Treibgut hatten sich an ihren unteren Asten verfangen.
    Swire wusste, worum es sich bei dem Treibgut handelte: Es waren die Gedärme eines Pferdes. Eines seiner Pferde. Da Swire den ausgeprägten Herdentrieb seiner Pferde kannte, war ihm klar, dass die Sturzflut, wenn sie eines von ihnen erwischt hatte, auch alle anderen getötet haben musste.
    Das Tal lag bereits im Schatten, doch der Himmel darüber war immer noch schmerzhaft hell. Es kam Swire so vor, als schwebe der Canon in jener seltsamen Stagnation zwischen Tag und Nacht, wie man sie nur in den tiefsten Schluchten von Utah findet.
    Swire sah hinüber zu dem Notizbuch mit seinem Nachruf auf Hurricane Deck, an dem er sich glücklos versucht hatte. Er dachte an das wundervolle Pferd und daran, wie er ihm drei Tage lang hinterhergejagt war. Er gedachte des etwas schwerfälligen, freundlichen und zuverlässigen Arbuckles und all der anderen Tiere, die er auf dieser Expedition verloren hatte. Ein jedes von ihnen hatte seinen eigenen, unverwechselbaren Charakter gehabt, seine Eigenarten und Gewohnheiten. Swire erinnerte sich an all die Touren, die er mit ihnen gemacht hatte... Er konnte es kaum ertragen.
    Und dann wanderten seine Gedanken zu Nora. Mehr als einmal hatte die Frau ihn total wütend gemacht, aber irgendwie hatte er doch immer wieder ihren Mut und ihre Entschlossenheit anerkennen müssen, selbst wenn diese manchmal fast an Leichtsinn gegrenzt hatten. Nora war eines schrecklichen Todes gestorben. Vermutlich hatte sie die Sturzflut noch kommen gehört und genau gewusst, dass ihr Ende nahe war.
    Swire schaute sich in dem Tal um, in dem das Rot der Felswände und das Grün der Vegetation eine immer dunklere Färbung annahmen, obwohl der Himmel noch immer ein helles Türkisblau zeigte. Es war ein schönes Fleckchen Erde. Doch hinter dieser Schönheit lauerte das Böse.
    Seine Blicke glitten hinauf zur Canon-Wand, in der sich die Stadt Quivira verbarg. Er konnte kaum glauben, dass die drei anderen jetzt dort oben waren und das Kiva öffneten, als wäre überhaupt nichts geschehen. Sie würden berühmt werden, während an Nora lediglich eine Plakette an irgendeiner Wand des Archäologischen Instituts erinnern würde. Swire spuckte angewidert aus, seufzte und griff nach seinem Notizbuch.
    Auf einmal zögerte er und sah sich noch einmal in dem dunkler werdenden Canon um. Bis auf das Rauschen des Wassers und das Zwitschern der Vögel war alles still. Trotzdem hatte Swire das Gefühl, als würde er von irgendwoher beobachtet.
    Langsam nahm er das Notizbuch zur Hand. Er blätterte ein wenig darin herum und tat dann so, als würde er sich auf den Text konzentrieren.
    Das Gefühl war immer noch da.
    Swires sechster Sinn war von vielen Jahren des Umgangs mit Pferden in wilder, manchmal gar feindseliger Natur geschult. Er hatte gelernt, ihm zu vertrauen, denn oft genug hatte er ihm das Leben gerettet.
    Deshalb wanderte Swires rechte Hand nun an seinen Gürtel, und er versicherte sich, dass der Revolver in seinem Halfter steckte. Dann strich er sich über seinen Schnurrbart. Das Gurgeln des Wassers wurde von den Canon-Wänden vielfach verzerrt und verstärkt zurückgeworfen. Am Himmel erschienen die ersten dunkelgrauen Wolken eines neuen Gewitters.
    Beiläufig steckte Swire das Notizbuch in seine hintere Hosentasche und spannte dabei unauffällig den Hahn des Revolvers an seinem Gürtel.
    Dann wartete er. Doch nichts geschah.
    Swire stand auf, streckte sich ausgiebig und verschaffte sich damit Gelegenheit, sich unauffällig im Canon umzusehen. Er konnte nichts entdecken. Er wusste zwar, dass auf seinen Instinkt normalerweise Verlass war, aber nach einem harten Tag wie diesem war es durchaus möglich dass er sich etwas einbildete.
    Dennoch spürte er weiterhin, dass außer ihm noch jemand in dem Tal war. Mehr noch, er hatte das Gefühl, als würde ihm irgendetwas geradezu nachstellen.
    Swire fragte sich, wer oder was das wohl sein könnte. Bisher hatte er hier weder Wölfe noch Pumas gesehen, und wie hätte heute eines dieser Tiere hierher gelangen sollen, wo doch der Slot-Canon durch die. Flut blockiert war?

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