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Thunderhead - Schlucht des Verderbens

Thunderhead - Schlucht des Verderbens

Titel: Thunderhead - Schlucht des Verderbens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston
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warf ihn quer über das Feuer Aragon zu, der ihm am nächsten stand. »Reiben Sie diese Steine aneinander«, sagte er mit seiner leisen Stimme, die durch das Knistern der Scheite kaum zu verstehen war. »Und geben Sie sie dann weiter.«
    Als Aragon ihr den Sack reichte, griff Nora hinein und spürte darin zwei glatte, harte Steine. Sie nahm sie heraus und besah sie sich im Licht des Feuers. Es waren hübsche, halb durchsichtige Quarze, die aussahen, als wären sie in einem Flussbett glatt geschliffen worden. In sie eingeritzt waren die typischen rituellen Spiralen, die ein Symbol für das Sipapti waren, den Eingang zur Unterwelt der Anasazi- Indianer.
    Nora wusste sofort, was das für Steine waren. Sie wandte sich vom Schein des Feuers ab, rieb die Steine in der Dunkelheit aneinander und betrachtete die wundersamen Funken, die sich dabei in ihrem halb transparenten Innern bildeten und sie in der Dunkelheit leuchten ließen.
    Goddard sah ihr zu und nickte. »Das sind Blitzsteine der Anasazi«, sagte er ruhig.
    »Sind die echt?«, fragte Holroyd, als Nora ihm die Steine weitergab.
    »Natürlich«, antwortete Goddard. »Sie stammen aus dem Schatz eines Medizinmanns, den man in einem Großen Kiva bei Keet Seel gefunden hat. Wir haben bisher immer geglaubt, dass die Anasazi solche Steine verwendeten, um bei ihren Regenzeremonien die Blitze eines Gewitters zu symbolisieren, aber jetzt sind wir uns dessen nicht mehr so sicher. Die Spiralen, die in sie eingeritzt sind, symbolisieren vermutlich das Sipapu, aber sie könnten genauso gut eine Quelle darstellen. Auch das kann niemand mit Bestimmtheit sagen.«
    Er hüstelte leise. »Und genau das will ich Ihnen mit auf den Weg geben. In den Sechzigeijahren dachten wir noch, wir wüssten alles über die Anasazi. Ich erinnere mich noch gut, wie Henry Ash, der große Archäologe des Südwestens, seinen Studenten nahe legte, sich andere Betätigungsfelder zu suchen. >Die Anasazi sind ausgepresst wie eine Zitrone<, meinte er damals.
    Aber jetzt, nach drei Jahrzehnten geheimnisvoller und unerklärlicher Entdeckungen, müssen wir erkennen, dass wir so gut wie nichts über die Anasazi wissen. Wir verstehen weder ihre Kultur noch ihre Religion. Wir können ihre Felszeichnungen und Symbole nicht entziffern. Wir wissen weder, welche Sprache sie gesprochen haben, noch können wir sagen, weshalb sie überall im Südwesten geheimnisvolle Leuchttürme, Schreine, Straßen und Signalstationen gebaut haben. Ebenso unerklärlich ist für uns, weshalb sie 1150 auf einmal den Chaco Canon verlassen, ihre Straßen rituell verbrannt und sich in die abgelegensten, am schwersten erreichbaren Canons zurückgezogen haben, die sie finden konnten, um sich dort mächtige Städte in den Felswänden zu bauen. Was ist damals passiert? Wovor hatten die Anasazi Angst? Ein Jahrhundert später gaben sie sogar diese Siedlungen auf und ließen das gesamte Colorado-Plateau und das San-Juan-Becken, immerhin ein Gebiet von fast einhundertdreißigtausend Quadratkilometern, unbewohnt zurück. Warum? Tatsache ist, je mehr wir über die Anasazi herausfinden, desto mehr neue Fragen tun sich auf. Manche Archäologen glauben jetzt, dass wir die Rätsel niemals lösen werden.«
    Seine Stimme wurde nun noch leiser als zuvor, und trotz der Wärme des Feuers spürte Nora, wie ein kalter Schauder sie durchfuhr.
    »Aber ich habe das Gefühl«, flüsterte er heiser, »nein, ich bin sogar überzeugt davon, dass die Stadt Quivira uns die Antworten auf alle unsere Fragen geben wird.«
    Er sah noch einmal die um das Feuer versammelten Leute an, einen nach dem anderen. »Sie stehen kurz vor der bedeutendsten Reise, die Sie in Ihrem Leben je unternehmen werden. Sie brechen auf zu einer archäologischen Entdeckung, die sich vielleicht als die wichtigste dieses Jahrzehnts, wenn nicht dieses Jahrhunderts erweisen wird. Aber wir sollten uns nichts vormachen. Quivira wird sich nicht nur als ein Ort der Erkenntnis, sondern auch als ein Ort des Geheimnisses erweisen. Es kann durchaus sein, dass diese Stadt mehr Fragen aufwirft, als sie uns Antworten beschert. Auf jeden Fall aber wird sie für Sie eine Herausforderung darstellen, und zwar in körperlicher wie auch in geistiger Hinsicht, und das in einem Maß, das Sie sich heute noch nicht vorstellen können. Sie werden Augenblicke des Triumphs erleben, aber auch Augenblicke der Verzweiflung. Und in beiden Fällen dürfen Sie nie vergessen, dass Sie das Santa Fe Archaeological Institute

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