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Thunderhead - Schlucht des Verderbens

Thunderhead - Schlucht des Verderbens

Titel: Thunderhead - Schlucht des Verderbens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston
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bestand, kam sie ihr ein wenig zusammengewürfelt vor. Enrique Aragon, dessen finsteres Gesicht auf unterdrückte Gefühle schließen ließ, lehnte abseits an der Reling, Peter Holroyd mit seiner klassischen Nase, seinen kleinen Augen und seinem viel zu großen Mund hatte bereits ein paar Flecken auf seinem Arbeitshemd, und Smithback, der wieder bester Dinge war, zeigte Black gerade ein Exemplar seines Buches, das dieser pflichtschuldig in Augenschein nahm. Luigi Bonarotti hockte neben seiner Kochausrüstung und rauchte so lässig eine Dunhill-Zigarette, als säße er gerade in einem Café auf dem Boulevard St-Michel, und Roscoe Swire stand neben den Pferdeanhängem und beruhigte die nervösen Tiere mit sanften Worten. Und was ist mit mir?, dachte Nora: eine Frau mit bronzefarbenen Haaren in alten Jeans und einem abgerissenen Hemd. Nicht gerade das, was man sich unter einer Führungspersönlichkeit vorstellt. Auf was habe ich mich da bloß eingelassen? Und wieder einmal spürte sie einen kurzen Anflug von Verunsicherung.
    Aaron Black löste sich von Smithback und kam herüber zu ihr. Mit abschätzigen Blicken schaute er sich auf dem Kahn um und meckerte: »Diese schwimmende Badewanne sieht ja fürchterlich aus.«
    »Was haben Sie denn erwartet?«, fragte Aragon trocken. »Die >Ile de France    Bonarotti holte einen kleinen Flachmann aus der Brusttasche seiner sorgfältig gebügelten Expeditionsjacke und goss ein wenig von einer hellgelben Flüssigkeit in ein hohes Glas, das er aus seinem Gepäck hervorgezaubert hatte. Dann gab er Wasser aus einer Feldflasche dazu und wirbelte das sich eintrübende Gemisch in dem Glas herum. Nachdem er die Feldflasche an einen Bolzen des nächsten Davits gehängt hatte, bot er das Getränk den anderen an.
    »Was ist das?«, fragte Black.
    »Pemod«, antwortete der Italiener. »Ein hervorragender Drink für einen heißen Tag wie diesen.«
    »Ich trinke keinen Alkohol«, sagte Black.
    »Aber ich!«, meldete sich Smithback. »Geben Sie mir das Glas.«
    Nora blickte hinüber zu Willard Hicks, der mit dem Finger auf eine imaginäre Armbanduhr an seinem Handgelenk tippte. Sie nickte zum Zeichen, dass sie verstanden hatte, und löste die Leinen. Mit einem lauten Brummen seiner Dieselmotoren setzte sich der Lastkahn in Bewegung und schrammte mit einem scheußlich scheuernden Geräusch am Rand des Schwimmdocks entlang.
    Holroyd schaute sich um. »Und was ist mit Sloane Goddard?«, fragte er.
    »Wir können nicht länger auf sie warten«, erwiderte Nora und verspürte ein seltsames Gefühl der Erleichterung. Vielleicht würde sie sich ja doch nicht mit der mysteriösen Tochter des Institutsvorsitzenden herumschlagen müssen. Wenn Sloane Goddard jetzt noch bei der Expedition mitmachen wollte, musste sie ihr schon auf eigene Faust nachreisen.
    Die Teilnehmer warfen sich erstaunte Blicke zu, als der Kahn langsam zu drehen begann und mit seinen Schrauben das Wasser am Heck zum Brodeln brachte. Hicks gab ein kurzes Signal mit der Schiffshupe.
    »Das kann doch nicht Ihr Ernst sein!«, rief Black. »Sie wollen wirklich ohne Dr. Goddard ablegen?«
    Nora schaute ihm ungerührt in sein verschwitztes, ungläubiges Gesicht. »Ganz genau«, sagte sie. »Ich lege ohne sie ab.«

 
14
    D rei Stunden später hatte die »Landlocked Laura« den Trubel des Hafens von Wahweap bereits achtzig Kilometer hinter sich gelassen. Der Lastkahn, dessen Maschinen leicht vibrierend vor sich hin brummten, schob seinen stumpfen Bug durch das türkisgrüne Wasser und drückte es gurgelnd nach hinten. Nach und nach waren die Sportboote, kreischenden Jetskis und bunt bemalten Hausboote immer weniger geworden, und der Kahn mit den Expeditionsteilnehmern war in eine fast magische Welt aus Stein gelangt, in der Stille wie in einer Kathedrale herrschte. Sie waren ganz allein auf dem riesigen See, der sich grün und spiegelglatt zwischen dreihundert Meter hohen Wänden aus Sandstein erstreckte. Während die Sonne immer tiefer sank, glitt der Kahn an der Grand Bench, der Neanderthal Cove und der Öffnung zur Last Change Bay vorbei.
    Eine halbe Stunde zuvor hatte Luigi Bonarotti eine Mahlzeit serviert, die aus über Apfelholz geräucherten, in Cognac geschmorten Wachteln mit Grapefruit und leider etwas welk gewordenem Rucola-Salat bestanden hatte. Dieses bemerkenswerte Essen, von Bonarotti auf dem schäbigen Gasgrill des Lastkahns gezaubert, hatte sogar den ewig meckernden Black zum Verstummen gebracht. Sie waren alle um den

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