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Thunderhead - Schlucht des Verderbens

Thunderhead - Schlucht des Verderbens

Titel: Thunderhead - Schlucht des Verderbens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston
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wirklich dieses Gewirr von Canons durchquert haben sollte.
    In anderen Momenten dachte sie an den Schädel des kleinen Mädchens und an das getrocknete Blut an den Wänden von Petes Ruine, deren Name für sie längst nicht mehr bloß für ein paar unbedeutende Anasazi-Räume stand, sondern für ein düsteres Geheimnis, das ständig an ihren Nerven zehrte.
    Als der Vormittag schon halb vorüber war, erreichten sie das Ende des Canons. Nachdem sie sich einen Weg durch dieses Gewirr gesucht hatten, gelangten sie in ein Tal, in dem viele verkrüppelte Wacholderbüsche wuchsen. Rechts sah sie in der Feme die hohe, dunkle Silhouette des Kaiparowits-Plateaus, aber der Anblick, der sich direkt vor ihr bot, war erschreckend und erleichternd zugleich.
    Am anderen Ende des Tales erhob sich im scharfen Licht der Vormittagssonne ein hoher, zerklüfteter Bergrücken, bei dem es sich nur um das Devil's Backbone handeln konnte. Diesem Moment hatte Nora den ganzen Ritt über mit einer Mischung aus Grauen und Erwartung entgegengefiebert, und nun lag der Berg, von dem ihr Vater in seinem Brief geschrieben hatte, vor ihr: ein über dreihundert Meter hoher und viele Kilometer langer Kamm aus von großen und kleinen Höhlen durchlöchertem Sandstein, der vertikal von unzähligen Rissen und Schluchten durchfurcht wurde. Sein oberer Grat war gezackt wie der Rücken eines Dinosauriers und verlieh ihm eine bedrohliche, aber auch überwältigende Schönheit.
    Nora führte die Gruppe in den Schatten eines großen Felsblocks und ließ sie absteigen. Dann nahm sie Swire beiseite. »Vielleicht sollten wir zuerst einmal einen Weg über diesen Bergrücken suchen«, meinte sie. »Er sieht aus, als wäre er ziemlich schwierig zu überqueren.«
    Swire überlegte einen Augenblick, bevor er antwortete. »Also von hier aus betrachtet würde ich die Überquerung nicht schwierig nennen«, sagte er. »Eher unmöglich.«
    »Aber ich weiß, dass mein Vater sie geschafft hat. Und zwar mit zwei Pferden.«
    »Das haben Sie mir schon erzählt«, entgegnete Swire und spuckte etwas Kautabak aus. »Aber es gibt schließlich noch mehr Bergrücken in dieser Gegend.«
    »Der Berg ist Teil eines langen Gebirgszuges, der sich über viele Kilometer erstreckt«, sagte Black, der ihre Unterhaltung mitgehört hatte. »Damit kann sich das ominöse Devil's Backbone praktisch überall befinden.«
    »Nein, es ist genau hier«, widersprach Nora betont langsam, wobei sie versuchte, ihrer Stimme jeden zweifelnden Unterton zu nehmen.
    Swire schüttelte den Kopf und begann sich eine Zigarette zu rollen. »Eines sage ich Ihnen: Ich möchte den Weg über diesen Berg erst mit eigenen Augen gesehen haben, bevor ich meine Pferde da hinüberführe.«
    »Das kann ich verstehen«, antwortete Nora. »Dann lassen Sie uns also losgehen und nach diesem Weg suchen. Sloane, würden Sie sich inzwischen um die übrige Gruppe kümmern?«
    »Mache ich«, kam die prompte Antwort.
    Nora und Swire gingen in nördlicher Richtung am Fuß des Bergrückens entlang und suchten nach einer Schlucht oder einem Einschnitt im Fels, die möglicherweise den Anfang eines Pfades markieren könnten. Nach etwas mehr als einem halben Kilometer kamen sie an ein paar nicht sehr tief in den Berg hineinführenden Höhlen vorbei, an deren Decken Nora alte Rußspuren entdeckte.
    »Hier haben die Anasazi gelebt«, konstatierte Nora.
    »Das sind aber ziemlich mickrige kleine Höhlen.«
    »Vermutlich dienten sie auch nur als vorübergehender Unterschlupf«, erklärte Nora. »Ich könnte mir vorstellen, dass die Anasazi hier im Talgrund Landwirtschaft betrieben haben.«
    »Viel mehr als Kakteen werden die hier nicht angebaut haben«, bemerkte Swire trocken.
    Weiter nördlich verzweigte sich das trockene Bachbett, dem sie gefolgt waren, in drei kleinere Zuflüsse, die durch Geröllhalden und Felsblöcke voneinander getrennt waren. Es war eine merkwürdige, unfertig wirkende Landschaft, die aussah, als habe Gott es irgendwann einmal aufgegeben, dem unbotmäßigen Fels eine Form zu geben.
    Auf einmal blieb Nora, die gerade zwei Tamariskenbüsche zur Seite bog, wie angewurzelt stehen.
    Swire schloss schwer atmend zu ihr auf.
    »Sehen Sie nur«, hauchte Nora.
    In die dunkle Patina, welche die Felswand bedeckte, war eine Reihe von Zeichnungen eingeritzt, in deren Vertiefungen die hellere Farbe des Gesteins zum Vorschein kam. Nora kniete sich hin, um die Zeichnungen genauer zu untersuchen. Sie waren ebenso komplex wie schön und zeigten

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