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Thursday Next 03 - Im Brunnen der Manuskripte

Thursday Next 03 - Im Brunnen der Manuskripte

Titel: Thursday Next 03 - Im Brunnen der Manuskripte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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Erinnerungen zurückholen.«
    »Genau. Sie wird versuchen, dich in den Zusammenbruch zu treiben. Ehe sie sich bessern, werden die Dinge zunächst also schlimmer. Erst, wenn sie glaubt, sie hätte dich besiegt, können wir zum Gegenangriff übergehen.«
    »Was meinst du damit? Wie weit muss ich gehen? Woran soll ich mich erinnern? An Hades? An Landens Nichtung? An Darren?«
    »Du musst dich an das Schlimmste von allem erinnern. Du musst dich daran erinnern, was wirklich geschah beim Angriff der Leichten Brigade. Du warst doch dabei. Es war das Letzte, was du auf der Krim erlebt hast.«
    »Anton.« Ich stöhnte und rieb mir das Gesicht. »Ich will dorthin nicht mehr zurückkehren, Omi. Ich kann nicht.«
    »Dann wird sie deine Erinnerungen weiter zersetzen, bis nichts mehr übrig ist; Aornis will ihre Rache. Du
musst
zurück auf die Krim, Thursday. Stell dich dem Schlimmsten, dann kehrt deine Stärke zurück.«
    »Nein, dahin gehe ich nicht zurück, und du kannst mich nicht dazu zwingen.«
    Ich stand auf und ging hinaus. Ich brauchte ein warmes Bad. Aornis, Landen, Goliath, die Chrono-Garde und jetzt die Morde an Snell und Perkins hier in der Buch-Welt ... Wenn ich das alles abwaschen wollte, würde ich eine Badewanne so groß wie Lake Windermere brauchen. Ich war nach
Caversham Heights
gekommen, um Krisen und Konflikten aus dem Wege zu gehen - aber sie schienen mich zu verfolgen wie ein streunender Dodo.
    Ich blieb so lange in der Wanne, dass ich zweimal heißes Wasser nachlaufen lassen musste, und als ich wieder herauskam, saß meine Großmutter auf dem Wäschepuff vor der Tür.
    »Bist du bereit?« fragte sie leise.
    »Ja«, sagte ich.
     
    Ich schlief in meinem eigenen Bett. Granny sagte, sie würde im Lehnsessel sitzen und mich wecken, wenn es zu schlimm würde. Natürlich konnte ich ewig nicht einschlafen. Ich starrte die holzgetäfelte Decke und die gewölbte Lichtkuppel an und war immer noch wach, als meiner Großmutter längst ihr
Tristram Shandy
aus der Hand gesunken war und sie friedlich schnarchte.
    Früher war der Schlaf eine glückliche Zeit der Wiedervereinigung mit Landen für mich gewesen, eine Abfolge schöner Stunden, die wir miteinander verlebt hatten: Cream Tea mit heißen Rosinenbrötchen vor dem Kamin oder goldene Augenblicke beim Sonnenuntergang am Meer, wenn wir in Zeitlupe über den Strand tollten. Aber das gab es schon lange nicht mehr. Seit mich Aornis verfolgte, waren meine Erinnerungen ein Schlachtfeld. Mit dem Jaulen einer Granate kehrte ich dorthin zurück, wo ich am wenigsten hinwollte - auf die Krim, zur größten Katastrophe des britischen Expeditionskorps.
     
    »Da bist du ja!« grinste Aornis aus dem Schützenpanzer, als die Verwundeten entladen wurden. Auf dem Verbandsplatz herrschten Chaos und Panik. »Sanitäter!« schrien die Soldaten und fluchten, während man kaum drei Kilometer entfernt das Wummern der russischen Artillerie hörte, deren Granaten die Überreste der Leichten Panzerbrigade aus Wessex in Klump schlugen. Sergeant Tozer versuchte immer noch, mit bloßen Händen das Blut zu stillen, das aus dem Beinstumpf eines Soldaten herausgepumpt wurde; ein anderer Soldat, der vom Schrapnell geblendet war, hielt sich die Hand vor die Augen und erklärte stammelnd seine Liebe zu einem Mädchen in Bradford-on-Avon.
    »Du hast in den letzten Nächten gar nicht geträumt«, sagte Aornis, während wir zusahen, wie die wimmernden Opfer der Schlacht aus dem Schützenpanzer geholt wurden. »Hast du mich gar nicht vermisst?«
    »Nicht im geringsten«, erwiderte ich. »Sind wir fertig?« fragte ich die Sanitäter. »Sind alle raus?«
    »Ja«, sagte einer Männer.
    Ich ließ mich auf den Fahrersitz fallen und legte den Hebel um, um die hintere Klappe zu schließen.
    »He!« schrie ein rotgesichtiger Offizier. »Wo wollen Sie hin?«
    »Ich hole die anderen, Sir!«
    »Den Teufel werden Sie tun! Wir verlangen eine Feuerpause und schicken Rot-Kreuz-Laster!«
    Das würde viel zu lange dauern, und das wussten wir beide. Ich zog die Turmluke zu, ließ den Motor aufheulen und raste zurück auf das Schlachtfeld. Der aufgewirbelte Staub bot mir Deckung - allerdings nur so lange, wie die Kanonen feuerten. Trotzdem hörte ich immer wieder das Jaulen der Granaten, und einer der Einschläge lag so nahe, dass die Druckwelle das Glas am Armaturenbrett bersten ließ.
    »Na, Thursday, Befehlsverweigerung?« sagte Aornis hämisch. »Dafür kannst du vors Kriegsgericht kommen.«
    »Bin ich aber nicht. Ich

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